Zeitschrift

steeldoc 01/13
Kunstvoll überbrückt
steeldoc 01/13
zur Zeitschrift: Steeldoc
Herausgeber:in: Stahlbau Zentrum Schweiz

Spannender Verbund

Aaresteg Mülimatt, Brugg/Windisch CH

Als schmales, lineares Band löst sich der Steg vom Terrain ab und schwingt über drei Zwischenauflager hinweg über die Aare, um am anderen Ufer seine Fortsetzung zu finden. Dabei fügt sich die einfache und schlanke Konstruktion wie selbstverständlich in den sensiblen Flussraum ein.

Die mit 183 Metern derzeit längste Spannbandbrücke der Schweiz verbindet das neue Sportausbildungszentrum Mülimatt mit den bestehenden Sportanlagen auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses. Beide Neubauten sind Teil des Campus Brugg-Windisch der Fachhochschule Nordwestschweiz. Der Aaresteg stellt zudem eine attraktive lokale und regionale Langsamverkehrsachse dar, die Brugg und Windisch mit den Naherholungsgebieten verbindet und die Kantonsstrassen vom Fahrradverkehr entlastet.

Vierfeldrige Spannbandkonstruktion

Der gewählte Standort der Brücke ermöglichte nichtnur die Anbindung an das vorhandene Wegenetz, sondern auch eine Abstützung des Steges auf der Weberinsel, was für die Wahl des Tragsystems von grosser Bedeutung war. Mit den entstehenden Spannweiten von 35 – 78 – 35 – 35 Metern liess sich ein Spannbandsystem sowohl technisch als auch ästhetisch gut umsetzen. Entscheidend für die Realisierbarkeit dieses Systems war jedoch die Möglichkeit, die grossen Zugkräfte an den Brückenenden effizient in dem in etwa zehn Meter Tiefe vorgefundenen, tragfähigen Untergrund zu verankern.

Die geometrischen Rahmenbedingungen der Brücke wurde einerseits von der Topographie und der vorgegebenen Hochwasserkote bestimmt, andererseits musste die maximal zulässige Steigung von sechs Prozent für Rollstuhlfahrer eingehalten werden. Der hieraus resultierende mittlere Durchhang für die Hauptspannweite von 78 Metern betrug rund 1,10 Meter. Mit der Last und dem Durchhang war die Zugkraft im Spannband und damit auch der erforderliche Verankerungswiderstand an den Enden gegeben.

Ausgehend von den drei Zwischenauflagern, die als grosszügig gekrümmte stählerne Sattelrahmen ausgebildet sind, wurde die Stahl-Beton-Verbundlösung für die Gehwegplatte entwickelt. Die vier durchgehenden Stahlbänder liegen auf den vierteiligen Rahmensystemen der Auflagersattel auf. Gleitlager ermöglichen die Bewegung in Längsrichtung, wodurch sich die Horizontalkräfte auf die Rahmen stark reduzieren. In Querrichtung halten Führungsnocken die Bänder.

Zusammenspiel von Stahl und Beton

Die im Verbund mit den Spannbändern ausgeführte und an den Rändern nur 17 Zentimeter dicke Betonplatte ist teilweise vorgespannt. Die Stahlbänder wurden für den Betonierzustand bemessen. Im Endzustand wirken sie zusammen mit der schlaffen Bewehrung und den Vorspannkabeln in der Gehwegplatte im Verbundquerschnitt und dienen zur Aufnahme der zusätzlichen Zugkräfte, die durch Schwinden und Kriechen des Betons sowie in Folge von Temperaturschwankungen, Windeinwirkung und Nutzlasten entstehen.

Präzision in allen Bauphasen

Nach der Fertigstellung sämtlicher Fundationen in den Herbst- und Wintermonaten mit geringem Hochwasserrisiko erfolgte die Stahlbaumontage. Die Auflagersattel aus geschweissten Rechteckprofilen mitunterschiedlichen Wandstärken wurden komplett vorgefertigt und mit Hilfe eines fahrbaren Krans montiert. Anschliessend konnten die in 26 Meter langen Abschnitten angelieferten und vor Ort verschweissten Stahlbänder eingezogen, gespannt und an den Widerlagern befestigt werden.

Die Schalung wurde schwebend an den bereits eingespannten Flachstahlbänder montiert. Um das Tragwerk im Spannungsgleichgewicht zu halten, erfolgte das Betonieren der Gehwegplatte in nur einem Arbeitsgang. Von den Tiefpunkten aller vier Felder ausgehend, mussten innerhalb weniger Stunden 108 Kubikmeter Beton eingebracht und nachbehandelt werden.

Entwässert wird der Steg über ein zweiseitiges Quergefälle direkt in die Aare. Ein Belag aus Flüssigkunststoff, dessen Oberfläche durch Einstreuen von Duropsand rutschfrei ausgebildet ist, schützt die Tragkonstruktion vor eindringendem Wasser. Die helle Farbe der Versiegelung reflektiert das Licht der im Geländer eingebauten, nach unten gerichteten LED-Leuchten. Das energiesparende Beleuchtungskonzept minimiert die Lichtverschmutzung in die sensible, umliegende Flusslandschaft und begleitet die Menschen in der Nacht sicher und stimmungsvoll auf ihrem Weg über die Brücke.

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Für den Beitrag verantwortlich: Steeldoc

Ansprechpartner:in für diese Seite: Evelyn C. Frischinfo[at]szs.ch

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