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werk, bauen + wohnen 01/02-19
Nahtstellen
werk, bauen + wohnen 01/02-19
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
«Alles ist Umbau» sagte der Wiener Architekt Hermann Czech 1973, und damit meinte er natürlich nicht nur die Pflege einzelner historischer Bauten, sondern das ganze breite Spektrum der Architektentätigkeit. Um aus der überwältigenden Menge bedeutender Umbauten für dieses Heft eine Auswahl zu treffen, bedurfte es der Kriterien, und diese lieferte uns wie so oft ein einzelner Bau: Die kleine Gruppe der Maisons Duc in Saint-Maurice. Dort haben die Walliser Architekten Gay Menzel die erhaltenen Reste einer historischen Häusergruppe um nahezu dasselbe Volumen ergänzt. Sie taten dies nicht, indem sie das Neue vom Alten klar absetzten, sondern indem sie sich auf einen Dialog einliessen, in dem sich die Zeitschichten mischen, das Neue auch das Alte informiert. Interessant und erklärend wird ihre Arbeit an den Nahtstellen. Da, wo sich Alt und Neu berühren. Glaubhaft ist die erzielte Überlagerung, weil der Anbau das alte Haus weiter- und auch neu denkt und so aus beidem ein neues Ganzes macht. Grundlage für ein solches Vorgehen ist, wie auch Martin Boesch in seinem Essay schreibt, das einfühlende Verstehen des Bestehenden, selbst und gerade wenn dieses nicht durch Denkmalpflege und Gesetz bestimmt und vorgegeben ist. An den Umbauprojekten in diesem Heft interessiert uns ein strukturelles Verständnis der alten Substanz, deren eigenes, zuweilen geheimes Leben, das durch eine neue Nutzung oder durch Bedingungen für den Erhalt zum Vorschein kommt. Die vorgestellten Bauten sind durch neue Anforderungen und die damit verbundenen Eingriffe sozusagen erst lebendig geworden, sie erschienen erst ihretwegen auf unserem Umbau-Radar. So ist jedes hier vorgestellte Projekt eine eigene Persönlichkeit, bearbeitet caso per caso, wie Martin Boesch schreibt: Fall für Fall, Raum für Raum, Detail für Detail. Und das ist es auch, was Czech mit dem eingangs zitierten Ausspruch meint: Es ist immer das Spezifische, welches das Entwerfen interessant macht und es in einer architektonischen Kultur verankert.

Relief und Raum
Umbau und Erweiterung des Museums Plantin Moretus in Antwerpen von noAarchitecten
Christoph Grafe, Filip Dujardin (Bilder)

Das Neue im Alten
Zum architektonischen Umgang mit Bestehendem
Martin Boesch

Weg durch die Geschichte
Das Parlamentsgebäude des Kantons Waadt von Atelier Cube und Bonell i Gil
Martin Tschanz, Lluís Casals (Bilder)

Über Kreuz verflochten
Umbau der Maisons Duc in Saint-Maurice VS von GayMenzel
Daniel Kurz, Eik Frenzel, Robert Swierczynski (Bilder)

Die Nabelschnur
Erweiterung der Royal Academy in London von David Chipperfield
Daniel Kurz, Achim Menges (Bilder)

Zudem:
werk-notiz: Am 10. Februar stimmt die Schweiz über die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen ab. Die Vorlage propagiert zwar die richtigen Anliegen, verdient aber nur ein Ja mit Vorbehalten.
Debatte: Barbara Meyer, Stadtplanerin der Gemeinde Schlieren, schaltet sich mit einem Zwischenbericht aus dem städtebaulichen Labor im Zürcher Limmattal in die Agglo-Debatte ein. Verdichtung, schreibt sie, findet Akzeptanz nur, wenn dabei Defizite behoben, Mehrwerte geschaffen und Qualitäten bewahrt werden.
Wettbewerb: Mit den zwei Studienaufträgen Am Walkeweg wurde in Basel gleich nach und neben dem Areal Nordspitze der nächste grosse städtebauliche Entscheid gefällt.
Ausstellungen: Mit einer Schau über Lüge und Wahrheit öffnet das Stapferhaus in Lenzburg erstmals die Tore seines Neubaus von pool Architekten. Das Haus spielt als begehbares Denkgebäude mit.
Bücher: Zwei neue Bücher arbeiten das Problem der Nachverdichtung von Siedlungen aus der Nachkriegszeit auf. Ihre Lektüre zeigt den Wert anwendbarer Forschung zum Thema – und lässt auf eine Synthese-Publikation hoffen. Zwei weitere Tipps: Storytelling in Schnittperspektiven und Stadtwandern mit Walter Benjamin.
Jenseits der Symbolik: Für junge Büros wie Lütjens Padmanabhan ist Robert Venturi ein Fixpunkt. Zum Tod des Amerikaners lohnt sich ein Blick auf die heutige Auseinandersetzung mit seinem Werk.
Viel Raum auf wenig Fläche: Die Siedlung Flarzett im Winterthurer Vorort Elsau von Staufer & Hasler interpretiert einen traditionellen Haustyp neu und erzeugt dabei Räume jenseits jeder Konvention.
Postdramatisch weiss: Herzog & de Meuron und Sauter von Moos haben in einem engen Basler Hof einen schönen Erweiterungsbau realisiert. Und ein Stück durch und durch konzeptionelle Architektur.
werk-material: Wohnhaus Amtshausquai in Olten SO von Buchner Bründler
werk-material: Wohnhaus am Kolinplatz in Zug von Lando Rossmaier
Architekten

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