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Das Auge isst mit
Zeitgemäße Lichtplanung in der Gastronomie
Unter Restaurants herrscht ein harter Konkurrenzkampf: Strategisch geplante, skalierbare Systemgastronomie eröffnet in den Ausgehvierteln der Städte Tür an Tür mit hoch individuellen, von viel Idealismus getragenen Lokalen. Der Wettbewerb findet nicht nur über Küche und Service, sondern auch über die Gestaltung statt. Innovation und Originalität sind gefragt, was auch jungen Architekten und Designern eine Chance bietet. Das Gestaltungsniveau in der Gastronomie ist inzwischen erfreulich hoch. Wenn sich Gäste dennoch unbehaglich fühlen, liegt es, neben der Akustik, meist an der Beleuchtung, bei deren Planung einige Grundregeln zu beachten sind.
Qualitative Planung
Angesichts der Vielfalt der Konzepte kann es kein Patentrezept zur Beleuchtung eines Lokals geben. Bewährt hat sich der qualitative Planungsansatz nach Richard Kelly (1910-1977), einem Pionier der Architekturlichtplanung. Er etablierte folgende drei Grundkomponenten, in die sich praktisch jede Ist- oder Sollsituation gliedern lässt:
»Ambient luminescence«, die gleichmäßige, oft diffuse Allgemeinbeleuchtung
»Focal glow«, das Akzentlicht, das Objekte, Flächen oder Raumzonen betont und Wahrnehmungshierarchien schafft.
»Play of brillants«, das dekorative Licht, das Licht zum Staunen, das Licht als ästhetischer Selbstzweck.
Erfolg verspricht, alle drei Lichtkomponenten ausgewogen zu kombinieren und ihnen jeweils spezialisierte Lichtquellen zuzuordnen. Ein Beispiel: Ein Gastraum wird durch Deckenfluter diffus allgemein beleuchtet. Strahler akzentuieren die Tische, an der Wand flackert eine nostalgische Neonreklame als Dekoration.
Licht auf dem Tisch
Ein gängiger Fauxpas ist rein indirekte Beleuchtung mit diffusem, schattenarmem Licht. Im Kontrast zur hellen Decke wirken selbst weiß gedeckte Tische grau und fahl. Direktes, gerichtetes Licht auf dem Tisch dagegen fokussiert die Aufmerksamkeit auf Speisen, Getränke und Tischgesellschaft. Anspruchsvolle Küchenkreationen wirken optimal unter brillantem Licht mit hoher Farbwiedergabequalität (Ra > 90) und einem Weißton von ca. 3.000K, der Farben weniger verfälscht als glühlampenartige 2.700K. Der Akzent auf den Tisch sollte möglichst zenital (lotrecht von oben) einfallen.
Pendelleuchten zur Akzentuierung von Tischen und Theken sollten weder blenden noch den Blickkontakt der Gäste stören. Der Abblendwinkel, die Größe der zu beleuchtenden Fläche, aber auch die Wirkung der Leuchtkörper im Raum beeinflussen die Pendellänge. Ein diffuser Lichtanteil, etwa durch einen durchscheinenden Porzellanschirm, hellt die Umgebung, insbesondere die Gesichter der Tischnachbarn, mit auf. Für Stimmung sorgt die Kerze auf dem Tisch – ob im Silberleuchter oder als Teelicht auf der Untertasse.
Das Restaurant als Arbeitsplatz
Gast und Personal stellen an das Licht im Restaurant unterschiedliche Anforderungen. Die Mitarbeiter benötigen geeignetes Licht für ihre Arbeit. Punktstrahler können die Arbeitsflächen gezielt ausleuchten. Analog lassen sich Verkehrswege, Schwellen oder Stufen sicher beleuchten, ohne die Gesamtatmosphäre zu beeinflussen: etwa durch wandmontierte Bodenfluter.
Oft unterschätzt: Die Beleuchtung von Wänden
Wände liegen in der natürlichen Blickrichtung der Gäste, ihre Helligkeit ist für die Wahrnehmung des Raums entscheidend. Sie lassen sich auf verschiedene Arten beleuchten: Spots können Bilder, Menütafeln oder Dekorationen akzentuieren, spezielle Wandfluter beleuchten weich und gleichmäßig, hartes Streiflicht betont dagegen Material und Struktur der Wand. Beleuchtete Innenwände beeinflussen auch die Außenwirkung: Sie lassen das Lokal durch die Fenster wie eine Laterne leuchten.
Lichtquellen und Lichtfarben
Auch in der Gastronomie haben sich LEDs als universelle, langlebige, effiziente und einfach steuerbare Lichtquellen durchgesetzt. Grundsätzlich dominieren hier warmtonige Lichtfarben (2.700-3.000K). Farbiges oder sogar dynamisch veränderbares Licht (RGB-Technik) kann als Blickfang dienen. Bei Farbeffekten in einem Raum sind neutralweiße Akzente auf den Tischen besonders wichtig, um die Farben von Speisen und Getränken nicht zu verfälschen. Damit die Lichtfarben unterschiedlicher Komponenten zum Schluss tatsächlich harmonieren, sind Bemusterungen ratsam – insbesondere bei architekturintegrierten Lichtkomponenten.
Die Leuchten: Integriert oder additiv?
Eine Strategie bei der Leuchtenwahl ist es, thematische Dekoration und funktionale Beleuchtung zu trennen – z. B. unauffällige, deckenintegrierte Spots, kombiniert mit expressiven Kronleuchtern als Blickfang. Die Alternative sind additive Lichtsysteme mit starker Eigen-Präsenz im Raum, etwa Stromschienen, die außerdem den Vorteil hoher Flexibilität mitbringen.
Vorhandene Hohldecken, Akustikpaneele oder abgependelte technische Strukturen eignen sich zur Montage von Lichttechnik und helfen, wie nachträglich appliziert wirkende Beleuchtungslösungen zu vermeiden. Hier eröffnet die LED-Technik mit ihrer fortschreitenden Miniaturisierung viel Spielraum für effektvolle Voutenbeleuchtungen, beleuchtete Möbel oder hinterleuchtete Flächen.
Lichtsteuerung: In Zukunft drahtlos
Der Nutzen von Lichtsteuerung in der Gastronomie wurde bereits thematisiert. Bei Elektroinstallation und Lampenwahl ist die separate Dimmbarkeit der Lichtkomponenten eine Mindestanforderung. Ideal sind digitale Lichtsteuersysteme, um komplexe Lichtszenen programmieren und abrufen zu können – per Knopfdruck oder automatisch über Timer oder Sensoren. Längere Fadingzeiten gestalten die Übergänge zwischen Szenen für die Gäste unmerklich. Mit Technologien wie Bluetooth Mesh bzw. Casambi lassen sich entsprechend ausgerüstete Leuchten ohne weiteren Installationsaufwand drahtlos steuern und vernetzen. Solche Anlagen werden über Apps auf Tablet oder Smartphone eingerichtet und bedient.
Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkel