Akteur

HALLE 1 Architekturbüro
Salzburg (A)

Kindergarten: Wo, was, wozu?

Was ist ein kindgerechter Kindergarten? Was macht die Qualität einer Stadt aus, was schafft Urbanität? Fragen wie diese stehen hinter allen Projekten der „Halle 1“. Ein Besuch in Salzburg.

12. Februar 2005 - Karin Tschavgova
Seit seiner Einführung 1976 ist der Architekturpreis des Landes Salzburg neunmal ausgeschrieben, aber nur achtmal vergeben worden. 2002 wurde seine Verleihung ausgesetzt, weil der damalige Salzburger Landeshauptmann Schausberger und die Regierungsmitglieder seiner Fraktion sich geweigert hatten, die Empfehlung der Jury zu unterzeichnen. Stein des Anstoßes war die Nominierung des Betriebsgebäudes der Salzburg AG von Betrix und Consolascio. Um eine Ehrung gebracht wurde damals unter anderem auch das Architekturbüro „Halle 1“, das für die Erweiterung des Bezirksgerichts Salzburg einen von drei vorgesehenen Anerkennungspreisen bekommen hätte. Es wäre nicht der erste gewesen. Schon zwei Jahre zuvor konnte das Büro für die Feuerwache Schallmoos eine Anerkennung des Landes entgegennehmen.

Ende Jänner wurde nun - auf allen Ebenen konsensual - der Architekturpreis 2004 an die Salzburger Architekten Gerhard Sailer und Heinz Lang, die 1987 die „Halle 1“ gemeinsam gegründet haben, verliehen. Die diesjährige Jury entschloss sich zur Vergabe von drei Anerkennungen und nur eines Hauptpreises, den sie aber nicht einem Bauwerk, sondern allen vier von der „Halle 1“ eingereichten Projekten zusprach und damit stellvertretend das langjährige konsequente Bemühen der Architekten um Qualität in all ihren Arbeiten würdigte.

Tatsächlich spiegeln die S-Bahn-Station Salzburg-Gnigl - ein Infrastrukturbau für die ÖBB -, der Kindergarten am Gebirgsjägerplatz, die Einrichtung des Keltenmuseums in Hallein als Adaption historischer Bausubstanz (in Zusammenarbeit mit Wimmer-Armellini) und die Bebauung eines Areals in Salzburg-Schallmoos mit gemischter Wohn-, Büro- und Geschäftsnutzung ein breites Spektrum bedeutender Bauaufgaben wider. So unterschiedlich diese Beispiele in ihrer Funktion, ihrer Größe und ihrer Ausformung auch sind, so lässt sich an ihnen doch ein Gemeinsames ablesen: der programmatische Ansatz oder das Hinterfragen des kulturellen und baukünstlerischen Anspruchs der Bauaufgabe. Es sind Fragen nach dem historischen Kontext, nach Aussage und Wirkung eines Gebäudes oder Stadtteils, seiner Sozialfunktion und seinem Begegnungs- und Rückzugspotenzial. Was ist ein kindgerechter Kindergarten? Was macht die Qualität einer Stadt aus und schafft Urbanität?

Fast alle Realisierungen der „Halle 1“ gehen auf gewonnene Wettbewerbe zurück. Mehr als die Hälfte ihrer annähernd 50 Beteiligungen wurde ausgezeichnet, 16 davon mit ersten Preisen. Jedes der eingereichten Objekte zeigt, dass eine Klärung dessen, was Lang und Sailer die „Symbolfunktionen der Architektur“ nennen, dem Entwurfsprozess vorangegangen ist. Gemeinsam ist den Arbeiten auch, dass sie sich auf den jeweiligen Standort beziehen. Die Stärken und Schwächen eines Ortes werden ausgelotet, städtebauliche und infrastrukturelle Rahmenbedingungen einer Analyse unterzogen und als gestaltprägende Erkenntnisse im Entwurf umgesetzt. Das mag banal klingen, ist es aber nicht, bedenkt man die internationale Tendenz zum nicht kontextuellen Bauen, die sich in zahllosen gebauten Schleifen, Faltungen und Verwerfungen ausdrückt. Die beiden Architekten der „Halle 1“ operieren ganz selbstverständlich mit den „Realfunktionen der Architektur“, zu denen sie neben dem Eingehen auf den Ort auch Energieeffizienz und konstruktive Aspekte eines Gebäudes zählen. Ihrer Entwurfsphilosophie genügen die Befassung mit den beiden vorangestellten Objektfunktionen und die kreative Transformation der daraus gewonnenen Erkenntnisse noch nicht. Sie messen das Gelingen eines Bauvorhabens auch an der Qualität der Umsetzung, womit der Produktionsablauf im Zusammenspiel von Bauherrn, Planern, Kommune, Sonderplanern und Ausführenden gemeint ist.

Der Kindergarten am Gebirgsjägerplatz macht nicht nur seine Nutzer zufrieden, er tritt in eine Interaktion mit den an das Areal grenzenden Bewohnern. Das liegt nicht allein daran, dass ein öffentlicher Weg, der am Bau vorbeiführt, als Passage integriert wird und dass die beiden zugeordneten Grünflächen aneinander grenzen. Es ergibt sich aus der Durchlässigkeit des zweigeschoßigen Hauses, das durch leichte Hüllflächen und transparente Fassaden und nicht durch kompakte Körper gebildet wird.

Im Keltenmuseum in Hallein gelingt die „Realfunktion“, das Schaffen einer neuen Erschließung und die Adaption von Räumen, höchst subtil. Der dem Altbau vorgesetzte Teil des Foyers kontrastiert als leichter und eleganter Glaszubau die Schwere des historischen Salzherrensitzes ebenso wie die detailverliebte Raumskulptur des von Heinz Tesar vor zehn Jahren errichteten zentralen Stiegenhauses.

Das Gestaltungskonzept für neue S-Bahn-Stationen, das in Salzburg-Gnigl mit der Haltestelle Schwabenwirtsbrücke seine prototypische Erstrealisierung erfuhr, vereint mehrere Aspekte verkehrstechnischer Infrastruktur mit hohem baukünstlerischem Anspruch. Die modulare Entwicklung der Bauteile erlaubt, die einzelnen Bahnsteigelemente unterschiedlich zu kombinieren und anderen Stationen anzupassen. Damit wird ein hoher Wiedererkennungswert geschaffen.

Am Zentrum Schallmoos hinter dem Salzburger Bahnhof hat die „Halle 1“ Grundsatzfragen zur Stadt und den Faktoren, die ihre Qualität ausmachen, virtuos beantwortet. Die geforderte hohe Dichte wurde in ein spannungsvolles Neben-, Mit- und Übereinander von differenziert ausgebildeten, plastisch durchgearbeiteten Baukörpern gepackt. Den noch zurückhaltenden Auftakt an der viel befahrenen Sterneckstraße macht ein lang gestrecktes Gebäude mit Büros, Geschäftsflächen und einer Freizeiteinrichtung, das sich in einer losen Addition von Blockrandbauten fortsetzt und in eine signethafte Überhöhung in Form eines 14-geschoßigen Wohnturms mündet, den beidseitig siebengeschoßige Wohnbauten mit einer vorgelagerten Grünfläche begleiten. Trotz der Vielgestaltigkeit ist daraus ein überschaubares Ganzes geworden, dem auch die nicht sehr gekonnte konstruktive Durchbildung und Detailarbeit, die leider nicht umfassend in den Händen der Architekten lag, substanziell keinen Abbruch tun konnte.


Die Ausstellung der Salzburger Architekturpreise 2004 mit allen in die Bewertung aufgenommenen Einreichungen ist noch bis 14. März (Montag bis Freitag 8 bis 18 Uhr) im Foyer des Amtes der Salzburger Landesregierung, Michael-Pacher-Straße 36, öffentlich zugänglich.

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HALLE 1 Architekturbüro, Foto: Andreas Hechenberger