Paneum - Wunderkammer des Brotes
Asten (A) - 2017
Coop Himmelb(l)au
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Wolf dPrix, 1942 in Wien geboren, ist Mitbegründer und Design Principal/CEO von COOP HIMMELB(L)AU. Er studierte Architektur an der Technischen Universität Wien, an der Architectural Association (AA) in London und am Southern California Institute of Architecture (SCI-Arc) in Los Angeles.
Von seinen zahlreichen internationalen Lehrtätigkeiten war seine Amtszeit an der Universität für angewandte Kunst Wien die prägendste: Als Vorstand des Instituts für Architektur und Vizerektor der Hochschule (2003 bis 2012) hat Prix internationale Standards in der ArchitektInnenausbildung gesetzt.
Wolf dPrix zählt zu den Erfindern der Architekturrichtung des Dekonstruktivismus. Die Einladung zur Ausstellung „Deconstructivist Architecture“ im MoMA New York im Jahr 1988 bedeutete den internationalen Durchbruch für COOP HIMMELB(L)AU. Im Laufe der letzten Jahrzehnte erhielten Wolf dPrix und Team zahlreiche internationale Architekturpreise.
Die Arbeiten von Wolf dPrix wurden in zahlreichen Büchern und Magazinen publiziert und seine Architekturentwürfe in vielen Museen und Sammlungen weltweit ausgestellt.
1996 wurde COOP HIMMELB(L)AU als Repräsentant Österreichs zur 6. Internationalen Architektur Biennale in Venedig eingeladen. Seither ist das Atelier dort regelmäßig vertreten. 2006 war Wolf dPrix Kommissär für den österreichischen Beitrag zur 10. Biennale di Venezia.
2016-2017 Southern Californian Institute of Architecture (SCI-Arc), Los Angeles, USA
2016 YALE School of Architecture, New Heaven, CT, USA
2014 Southern Californian Institute of Architecture (SCI-Arc), Los Angeles, USA
2003-2012 Vorstand des Institutes für Architektur und Vizerektor der Universität für Angewandte Kunst, Wien
2001 UCLA University of California, Department of Architecture and Urban Design, School of Arts and Architecture, Los Angeles, USA
1999 Lehrstuhl Harvey S. Perloff an der UCLA, Los Angeles, USA
1998 Columbia University, New York, USA
1993-2011 Professur an der Universität für Angewandte Kunst, Leitung des Studio Prix
1990-1993 Universität für angewandte Kunst Wien, Meisterklasse für Architektur
1990 Harvard Graduate School of Design, Cambridge, USA
1989 Internationale Sommerakademie für bildende Künste Salzburg, Österreich
1988 Architectural Association, London, UK
1987-1995 a.o. Professor an der Southern California Institute of Architecture (SCI-Arc), Los Angeles, USA
1987-1988 University of Nebraska, Lincoln, USA
1987 University of Pennsylvania, Philadelphia, USA
1987 Washington University St. Louis, USA
1987 Universität Innsbruck, Österreich
1986 Architectural Association, London, UK
1986 Stichting Forum, Middelburg, Niederlande
1986 Massachusetts Institute of Technology, Boston, USA
1984 Architectural Association, London, UK
1982 Technische Universität Stuttgart, Deutschland
1980 Gesamthochschule Essen, Deutschland: „Ästhetik und Utopie“
1972 Architectural Association, London, UK
Ständiges Mitglied:
Kurie für Kunst, seit Herbst 2014 als Vorsitzender, Bundeskanzleramt, Österreich
Beirat für Baukultur, Bundeskanzleramt, Österreich
Österreichischer Kunstsenat
Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste
Rat für Formgebung, German Design Council, Deutschland
Österreichische Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten
Bund Deutscher Architekten (BDA)
Fellow of the American Institute of Architects (FAIA)
Royal Institute of British Architects (RIBA)
Kammer der Architekten der Île de France (Paris), Frankreich
Architektenkammer Santa Clara, Kuba
1995-1997 Architekturbeirat, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
2000-2006 Mitglied des Österreichischen Universitätenkuratoriums
2017 Ehrenmitglied in der Österreich | Deutschland | Gesellschaft
Oberösterreichischer Holzbaupreis 2019, Anerkennung, Paneum - Wunderkammer des Brotes
ZV-Bauherrenpreis 2018, Preisträger, Paneum - Wunderkammer des Brotes
Architekturpreis 2001, Preisträger, Wohn- und Geschäftshaus Vorgartenstraße
ZV-Bauherrenpreis 1999, Preisträger, Wohnturm
Asten (A) - 2017
Coop Himmelb(l)au
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Neubau, Lyon (F) - 2014
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Hainburg an der Donau (A) - 2011
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München (D) - 2010
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Der Standard
Los Angeles (USA) - 2008
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München (D) - 2007
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Neubau, Frankfurt / Main (D) - 2006
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Spectrum
Erweiterung, München (D) - 2005
Coop Himmelb(l)au
Neue Zürcher Zeitung
Wien (A) - 2005
Coop Himmelb(l)au
Der Standard
diverse Standorte (CH) - 2002
Diller Scofidio + Renfro, Extasia, Morphing Systems, Multipack, Coop Himmelb(l)au, Jean Nouvel, GLS Architekten AG
Neue Zürcher Zeitung
Neubau, Wien (A) - 2001
Coop Himmelb(l)au, Manfred Wehdorn, Wilhelm Holzbauer, Jean Nouvel
Architekturzentrum Wien
Wien (A) - 2000
Coop Himmelb(l)au
ORF.at
Dresden (D) - 1998
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Der Standard
Neubau, Wien (A) - 1998
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Architekturzentrum Wien
Seibersdorf (A) - 1995
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Architekturzentrum Wien
St. Veit an der Glan (A) - 1989
Coop Himmelb(l)au
Architekturzentrum Wien
Aufstockung, Wien (A) - 1988
Coop Himmelb(l)au
Architekturzentrum Wien
Oder: Wie die Biennale zur Banale verkommt: Aufzeichnungen von einem teuren Totentanz zwischen biederem Glamour und eitler Inszenierung, bei der die Architektur in der Bedeutungslosigkeit versinkt.
Praise be to Nero's Neptune.
The Titanic sails at dawn.
And everybody's shouting
„Which Side Are You on?“
Bob Dylan,„Desolation Row“ 1966.
Wenn man nicht wüsste, dass Medien immer übertreiben, könnte man fast glauben, dass die Architekturbiennale in Venedig -wie die Süddeutsche Zeitung schreibt - tatsächlich die wichtigste Architektur Ausstellung der Welt ist.
Ich vermute aber, dass mit Ausstellung nicht Ausstellung gemeint ist, sondern vielleicht meint Gerhard Matzig nur den Event per se. Also das Treffen einer Branche, wie bei einer Produktmesse.
Andere Kritiker stellen gar nicht mal die Sinnfrage, sondern stellen gleich fest, dass das Zusammenkommen, das Treffen, das Netzwerken das weitaus Wichtigere sei. Gegessen!
Nur vorgetäuscht
Ich möchte aber schon mal festhalten, dass die Bedeutung der Architektur-Biennale in Venedig in der theoretischen Auseinandersetzung seit ihren Beginn immer mehr abnimmt. Auch die persönliche Bedeutung für die Teilnehmer ist im Gegensatz zur Kunstbiennale sehr gering. Wir brauchen uns also nichts vormachen, dieser Event ist ein teurer Totentanz: In einer zusammengestohlenen Stadt („zusammengestohlene Ausstellung“) wälzen sich Touristenströme (Architekten) in einer nicht funktionierenden Infrastruktur um ihre bürgerliche Bildungslust (bei den Architekten: Eitelkeiten, Neid, Schadenfreude, Verdächtigungen) zu befriedigen. Auch der Glamour, den der Besucher zu spüren vermeint ist bieder und nur von den Medien (Stararchitekten = Filmstar) vorgetäuscht.
In Wahrheit ist das alles hohl, anstrengend, ermüdend, öde und langweilig. Weil es wirklich nicht mehr um eine lebendige Auseinandersetzung und Kritik mit Themen zeitrichtiger Architektur geht, sondern um leere, konservative und möglicherweise populistische Hüllen, die mit scheinbarer Bedeutung aufgeladen werden.
Was wäre das für eine Architektur Biennale hätte man statt langweiligen Ausstellungen Foren etabliert und Themen lanciert, die uns alle hinter die Kulissen der Entscheidungen blicken ließen. Zum Beispiel der Streit um den Bahnhof in Stuttgart. Die Hinter- und Vordergründe der Kostenexplosion der großen markanten Bauwerke, wie zum Beispiel der Elbphilharmonie. Die politische Auseinandersetzung um Moscheen und Minarette, also der Streit um die Verortung einer Idee. Warum der Einfamilienhausmarkt in den USA zusammengebrochen ist und wie mit Siedlungsarchitektur Machtpolitik betrieben wird. Über diese Themen lohnt es sich zu diskutieren und nicht wer ein Stararchitekt ist und wer nicht.
Aber stattdessen heißt es: „Menschen treffen sich in Architektur“ und jetzt „Common Ground“ (Übersetzt heißt das: Kompromiss). Schlimmer geht's nimmer!
Diese Situation lässt das Bild des venezianischen Karnevals aufkommen - man stelle sich vor, alle Architekten in Pierrot Verkleidung umgeben von maskentragenden Kritikern - tanzen den Banale-Tanz, oder noch besser, auf einer sinkenden Gondel spielen die Architekten wie weiland das Orchester der Titanic das letzte Lied, während draußen in der realen Welt unser Berufsstand leckgeschlagen in Macht- und Bedeutungslosigkeit versinkt. Denn Politiker und Projektsteuerer, Investoren und Beamte bestimmen schon lange unsere gebaute Umwelt. Nicht der Architekt.
Während in Russland die Künstler hartnäckig Widerstand leisten gegen das autoritäre Regime, befindet der jetzige Kommissar der Architektur Biennale diese Eigenschaften als hinderlich für unseren Beruf und er erklärt in einem Interview, dass dem Genie Raum weggenommen werden muss. Man müsste ihm die Pussy Riots vorführen damit er endlich versteht, wo es langgeht in unserer Gesellschaft.
Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Architektur Biennale in Venedig neu organisiert werden muss.
Die Biennale 2010 - Motto: Baukunst als „Lebensmittel“ - feiert den Abschied vom Starkult, und der Österreich-Pavillon feiert nicht mit: eine „peinlich-retrospektive“ Themenverfehlung, wie Dietmar Steiner schrieb?
Der Österreichische Pavillon in Venedig erstickt im „Ego-Kitsch“: Das sagt zumindest der Leiter des Architekturzentrums Wien (der Standard, 30. 8.). Eric Owen Moss, der diesjährige Kommissär des Österreich-Pavillons, hat wohl einen Fehler gemacht: Er hat vergessen, Dietmar Steiner zu fragen, wo's lang geht in der internationalen Architektur.
Wenn man nicht wüsste, dass Medien in Wort und Tat immer übertreiben, müssten die 64 Architekten und Lehrer (aus Österreich, Deutschland, England, USA, Argentinien, Japan, Frankreich, Spanien, Niederlande), deren Werke im Österreich-Pavillon gezeigt werden, und denen von Steiner unterstellt wird, die Zukunft Österreichs mit gestriger Architektur zu verbauen, den Rücktritt Steiners als Leiter des Architekturzentrums Wien fordern. Sie werden es natürlich nicht tun, und das ist auch gut so, denn er ist als prononcierter Vertreter und Theoretiker österreichischer Architektur weit über unsere Landesgrenzen bekannt.
Zunächst muss einmal festgestellt werden, dass die Bedeutung der Architektur-Biennale in Venedig in der theoretischen Auseinandersetzung seit ihrem Beginn 1980 immer mehr abnimmt. Auch die persönliche Bedeutung für die Teilnehmer ist im Gegensatz zur Kunst-Biennale sehr gering. Eigentlich wird sie nur veranstaltet, um der In-Group der Architekten und ihren Kritikern die Gelegenheit zu geben, ihren Eitelkeiten, ihrem Neid, ihrer Schadenfreude und ihren Verdächtigungen Raum zu geben.
Mag sein, dass das Layout, also die Gestaltung der kuratierten Ausstellung im Arsenale und im italienischen Pavillon und die Vereinfachung der Thematik - sagen sie mir einen banaleren Titel als: „Menschen treffen sich in Architektur“ - den Gefallen von Ausstellungsmachern findet und zum Aufatmen überforderter Kritiker führt. Tatsächlich erleichtert im Vergleich zu früheren Biennalen - die immer mehr zu Produktmessen verkamen - die größere Übersichtlichkeit das schnelle Durchmessen des Inhalts. Aber scheinbar hat das Aufatmen die Brillen der kritischen Distanz beschlagen lassen. Vor lauter Häme, dass nun endlich einige Stars durch scheinbare Nicht-Stars ersetzt werden, wird leicht übersehen, dass es eigentlich um die Inhalte der Objekte und Installationen in den Pavillons gehen sollte.
Verkehrte Welt: Die Medien, die den Architektur-Starkult ja erfunden haben, erklären ihn nun für beendet. Kazuyo Sejima wird als Anti-Star gefeiert und die ausgestellte Architektur als Lebensmittel bezeichnet. Abgesehen davon, dass alles schon viel anregender und präziser in dem Buch Architektur ohne Architekten von Bernard Rudofsky zu finden ist, sind gerade die Bauten Sejimas ebenso spektakuläre Ikonen. Sie sehen nur anders aus. Ihr Museum in New York funktioniert weder besser noch schlechter als Zahas Museum in Rom. Die Raumprägung ist nur konservativer.
Und apropos Starkult: Ich habe schon lange keine peinlichere Präsentation eines Stars gesehen als den Film über Sejimas intelligentes Gebäude, das Rolex Learning Center in Lausanne. Der Film gleicht eher einem Hochamt, in dem Priesterinnen im Kimono schauerliche Banalitäten von sich geben. - Also keine spektakulären Bauten mehr. Auch gut.
Es werden aber weiterhin Bauaufgaben zu bewältigen sein, die nicht nur mit sozialer und ökologischer Lebensmittelarchitektur zu bewältigen sind. Wir werden neue Universitäten, Bahnhöfe, Bürobauten, Stadtteile zu bauen haben. Aber spektakulär und merkbar dürfen sie nicht mehr sein.
Gerne übersehen wir dabei, dass ganz andere Kräfte heute - nämlich Investoren, Politik, Bauunternehmen - ganz entscheidend für die, fälschlicherweise den Architekten vorgeworfenen, spektakulären Preise verantwortlich sind. Und anstatt nach neuen Planungsmethoden, Durchsetzungs- und Ausführungsstrategien zu fragen, bejubelt man den Rückzug des Architekten zum ökonomisch bescheidenen Funktionserfüller.
Was wäre das für eine Architektur-Biennale geworden, hätte man statt einer langweiligen Ausstellung Foren etabliert, Themen lanciert, die uns alle hinter die Kulissen der Entscheidungen blicken ließen. Zum Beispiel der Streit um den Bahnhof in Stuttgart. Die Hinter- und Vordergründe der Kostenexplosion der Elbphilharmonie. Der politische Streit um Moscheen und Minarette, die ja nichts anderes sind als die Verortung einer Idee. Warum der Einfamilienhausmarkt in Amerika zusammengebrochen ist und wie in Israel mit Siedlungsarchitektur Machtpolitik betrieben wird. Und so gäbe es noch 1000 brisante Probleme, die zu diskutieren lohnen würde, denn der Streit zwischen Star und Nicht-Star ist eigentlich ein verdeckter Ideologiestreit zwischen offenen und geschlossenen Systemen.
Wenn man so will, kann man auf dieser Biennale den Backlash der 1970er-Jahre wiedererkennen. Architektur bleibt Architektur. Kunst ist Kunst. Keine Experimente. Alles ist wieder brav. Gleichgewicht und Balance sind wichtiger als Dynamik. Auch wenn man dieses Gleichgewicht - wie bei einem Objekt zu sehen ist - mit hohlen statt mit vollen I-Trägern darstellt. Dynamik ist out.
Der Slogan am japanischen Pavillon treibt es auf die Spitze; übersetzt heißt er: „Der öffentliche Raum ist für autoritäre Systeme ein Mittel, um Menschen zu unterdrücken.“ Es war kein Wort der Kritik darüber zu hören oder zu lesen. So, als ob man vergessen hätte, dass die Demokratie in Griechenland im öffentlichen Raum (Agora) ihren Ursprung hatte. Und im Übrigen hat es die Aufklärung nie gegeben. - Der Österreichische Pavillon hat nur auf den ersten Blick das Thema verfehlt, denn immerhin machte er keine eindimensionale Achse, sondern ein dreidimensionales Netzwerk deutlich. Auch wenn man die Darstellung kritisieren mag, so sind doch 64 österreichische und internationale Architekten virtuell versammelt.
Den intelligentesten Beitrag hat allerdings Rem Koolhaas abgeliefert. Seine Auseinandersetzung mit dem Denkmalschutz kümmert sich nicht um das Thema, sondern dient allein der Argumentation für sein Projekt in Venedig: einen Palazzo in ein Shopping Center für Benetton umzubauen. Auch dafür hat er den goldenen Löwen bekommen. Und soviel ich weiß, war es immer noch ein Löwe und keine Löwin, wie mir viele Freunde, die die Architektur-Biennale weiblich gestaltet gesehen haben, weismachen wollten.
Vom Umgang mit Baukörpern in Zeiten der Krise
Architektur, die Gebäude und unsere Städte sind die dreidimensionale Sprache unserer Kultur. Angewandte Realität könnte man sie nennen, wobei ich behaupte, dass nicht die Realität uns macht, sondern wir die Realität. Es obliegt aber dem ästhetischen Wahrnehmungspotenzial, kommende Realitäten zu erkennen und diese im nächsten Schritt zu formen.
Jeder neue Baukörper ist ein zunächst „fremder“ Körper. Und wenn man diese fremden Körper ent-fremden will, das heißt also, gesehen und daher gewohnt im Sinne von Gewöhnen machen will, muss man die ästhetischen Kriterien immer wieder neu definieren.
Das ist die Aufgabe der Kunst, und daher auch die Aufgabe der Architektur.
Aber heute wird auch auf dem Gebiet der Architektur von Krise gesprochen und vor allem vom Sparen. Indolente Theoretiker geben die neue Matrix vor: An allem soll gespart werden. An Fläche, Volumen, Material, an Kosten und an Energie. Und wenn möglich, soll auch beim Nachdenken gespart werden.
Abgesehen davon, dass Sparen der falsche Ausdruck ist - „was, von dem was ich nicht habe, soll ich auf die Seite legen“ - ist es gefährlich, dem unserer Gesellschaft immanenten apokalyptischen Denken als Selffulfilling Prophecy zu folgen.
Ist es nicht möglich, dass das Bild unserer Krise, das Bild eines sich so schnell drehenden Speichenrads ähnelt, das scheinbar zum Stillstand gekommen ist.
Gefährlich wäre es, denkfaul einen Pflock in dieses Rad zu werfen. Es käme dann wirklich zum Stillstand.
Auf unserem Gebiet sind es jene Kritiker, die Kraft ihrer Inkompetenz die Architekten auffordern sich zu bescheiden und dem Dogma der Nachhaltigkeit zu folgen. Wobei sie vergessen, dass das Wort Nachhaltigkeit ein wirtschaftlich-technischer Begriff ist- also ein kapitalistischer Begriff - wenn man so will.
Nachhaltigkeit verleugnet Zeichenhaftigkeit und daher ist es nicht möglich aus diesem Begriff Nachhaltigkeit „Ästhetik“ zu generieren.
Eine lebendige Ästhetik der Nachhaltigkeit gibt es nicht.
Und diese Kritiker sagen auch: Ikonen in der Architektur - also Zeichen - brauchen wir schon gar nicht.
Ich stelle mir sofort Wien ohne Zeichen vor. Ohne Stephansdom, ohne Ringstraße, ohne Oper und Burgtheater, ohne Hofburg, ohne Looshaus, ohne Haas-Haus, ohne Semperdepot, ohne Museum für angewandte Kunst, ohne Akademie, ohne Stephansplatz, ohne Graben ... Die Liste könnte ich endlos fortsetzten.
Stattdessen kleine funktionell geplante, energiesparende, grasbedachte, gut isolierte, gedämmte Häuser. Also die Architekten in gedämmter Isolierhaft.
Ich denke aber eher an Gebäude, die nicht gedämmte Kisten sind, sondern mit ihrer Form und durch ihre Fassade Energie gewinnen und in ihrer Gestalt die Gestalt der zukünftigen Gesellschaft zeigen.
Ich meine damit aber nicht die in vielen bunten Magazinen abgebildeten Telefonsexarchitekturen, deren Bilder mehr versprechen, als sie dann in der Realität halten.
Ich meine damit Gebäude, die die Zukunft aller unserer Ressourcen - und vor allem auch der geistigen - darstellend ernst nehmen, und damit zu Zeichen einer zukünftigen optimistischen Gesellschaft werden. Einer Gesellschaft, die mit ihrem Wissen und ihrer Kunst die wahrlich großen Probleme, die auf uns zukommen, auch zu lösen imstande ist.
Das sind nämlich die Kunst und die Wissenschaft den zukünftigen Generationen schuldig.
[ Wolf D. wurde am Mittwoch das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst verliehen. Hier ein Auszug aus seiner Dankesrede. ]
Über die Lust, den Raum zu zelebrieren: Anhand von 7+2 Beispielen vermittelt eine Ausstellung in Mürzzuschlag anschaulich, worin das oftmals in Abrede gestellte spezifisch Gemeinsame, Unverwechselbare österreichischer Architektur bestehen könnte.
Im Kunsthaus Mürzzuschlag wird heute die Ausstellung „Rock over Baroque“ eröffnet. Neun junge Architekten und Architektinnen zeigen anhand eines Projektes, dass bei aller Verschiedenartigkeit doch eine unverwechselbare Qualität in der österreichischen Architektur zu entdecken ist: die Architektur der Raumsequenz.
Obwohl auch in der Architektur global gedacht werden muss, wird es immer wichtiger, die unverwechselbare Eigenart einer authentischen Architektursprache, die sich nur im Zusammenhang mit einem kulturellen Hintergrund definieren lässt, zu entwickeln. Wir könnten den Versuch starten, die Architekten der Welt, die momentan die Architekturdiskussion bestimmen, über ihre kulturellen Wurzeln zu beschreiben. Wir könnten die Holländer und Schweizer Calvinisten nennen, ein Rietveld in Wien ist genauso undenkbar wie ein Kiesler in Rotterdam. (Die Diagramme der holländischen Architekten sind bar jeder Emotion und nur erfolgsorientiert - was für ein Unterschied zu den emotionalen Qualitäten österreichischer Architekturentwürfe!). Wir könnten Frank Gehry, Eric Moss und Daniel Libeskind Kabbalisten nennen und ihre Architekturen als buchstaben- und wortgewaltig beschreiben. Und Zaha Hadids Entwürfe sind räumliche Zeichen arabischer Kalligrafie.
Auf der Suche nach der Einzigartigkeit österreichischer Baukunst, die sich beschreibbar in der Weltszene der Architektur behaupten könnte, stößt man immer wieder auf den fehlenden theoretischen Unterbau, der es erlauben würde, die zweifellos vorhandenen Qualitäten der Architekten so zu interpretieren und zu stilisieren, dass als Profil, von außen ablesbar - und wenn es sein muss, auch von innen (wobei der Blick über den Tellerrand geschärft werden müsste) - scharfkantig erscheint, was den österreichischen Architekten in der Weltszene unterscheidbar machen könnte: nämlich der Wille zur Neudefinition des gebauten Raumes.
Das Fehlen einer unterstützenden Theorie öffnet zwar den Weg individueller Möglichkeiten, aber die von innen so gepriesene Vielfalt - vielleicht sonst ein Zeichen von Stärke - ist dann letztlich nur die Summe von zusammenhanglosem Einzelkämpfertum und öffnet nur ganz wenigen österreichischen Architekten die Türe zur internationalen Anerkennung.
Während in anderen Ländern junge Architekten lernen, im Windschatten der großen Namen ihres Landes herzufahren, wird bei uns in Österreich Vatermord praktiziert. Allerdings ist dieser Vatermord nicht ein Akt der Befreiung, sondern nur renitenter Trotz gegenüber Tradition und mündet in die Vereinnahmung in die anti-intellektuelle Haltung Österreichs. Wodurch die diskursive Auseinandersetzung mit innovativen Architekturqualitäten, die Neues wagen, verhindert wird.
Singuläre Sprache
Wenn man aber von der Lust an der Raumgestalt der Bauwerke des Barocks ausgeht - was für ein Wahnsinn, tonnenschwere Kuppeln zu bauen, um sie dann mit Himmelsmalereien zum Entschwinden zu bringen! - dann wird sichtbar, dass die Gestalt des komplexen Raumes und nicht die simplifizierte Box eine besondere Fähigkeit der österreichischen Architekten darstellt. Von Fischer von Erlach über Schindler und Kiesler bis zu Hollein, Pichler, Abraham, Domenig und COOP HIMMELB(L)AU sind die Häuser dieser Architekten gebaute Beweise für die Existenz einer Formensprache, die die österreichische Architektur unverwechselbar in der Weltszene platziert.
Bewusst oder unbewusst folgen junge Architekten in ihrem Sinne zeitrichtig den barocken Spuren der Raumsequenzen - und verändern sie. 7+2 Beispiele zeigen, dass es doch eine österreichische - wenn man so will - Tradition gibt, die über das disperse Einzelkämpfertum hinausgeht: nämlich die gemeinsame Lust, den Raum zu zelebrieren.
Wolf D. Prix, zusammen mit Helmut Swiczinsky „Coop Himmelb(l)au“, leitet eine Meisterklasse für Architektur an der Universität für angewandte Kunst; die Architekturausstellung „Rock over Baroque. Jung und schön“ ist im Kunsthaus Mürz bis 16. 9. 2004 zu sehen. Öffnungszeiten: Do bis Sa 10-18 Uhr, So 10-16 Uhr.
Am 13. Dezember feiert Wolf Prix seinen 80. Geburtstag. Dem ΔTANDARDerzählt er, wofür er heute brennt, warum er es für blödsinnig hält, die Bauwirtschaft als CO2 -Sünderin hinzustellen, und wie es ist, für Autokraten zu bauen.
STANDARD: In Ihren jungen Jahren haben Sie gesagt: „Architektur muss brennen.“ Muss sie das, wenn man 80 ist, immer noch?
Prix: Freilich! Die meisten glauben, dass wir wirklich Feuer legen wollen, aber das wollen wir natürlich nicht. Im übertragenen Sinne muss Architektur aber auf jeden Fall Emotionen erzeugen.
STANDARD: Was wurde aus den „jungen Wilden“, wie Sie sich damals genannt haben? Wird man zu einem alten Wilden? Oder doch zu einem jungen Gemäßigten?
Prix: Heute bin ich gelassener. Ich ärgere mich nicht mehr über unsere Fehler und die Fehler der anderen, sondern ich ärgere mich gar nicht mehr, ich lache gerne. Allerdings wurde früher mehr gelacht, die Architekten waren lustiger und frecher, die Medien waren provokant, die Gesellschaft war offener. In den letzten Jahren ist alles ernst geworden, man versteht keinen Spaß mehr. Vielleicht liegt das auch an den Architektenverträgen, die immer dicker und umfangreicher werden.
STANDARD: Die Rolling Stones galten früher als Rebellen, heute füllen sie Stadien für die ganze Familie. Auch Sie waren ein frecher Rebell, heute bauen Sie für Zentralbanken und Regierungen. Sehen Sie hier Parallelen?
Prix: Kann sein, dass es hier tatsächlich Parallelen gibt. Auch die Karriere eines bauenden Architekten wandelt sich mit der Zeit. Stellen Sie sich vor, ich würde heute das Gleiche planen wie 1968, als wir mit unseren Gedankenräumen eine neue Lebensweise wecken wollten. Das ist heute unvorstellbar! Beim Bauen und Realisieren und mit dem Älterwerden geht man mit der Kraft ökonomischer um. Um diese Erfahrung kommt man nicht herum.
STANDARD: Gemeinsam mit Ihren Zeitgenossen – mit Zünd-Up, Missing Link und Haus-Rucker-Co – haben Sie in den 1960er-Jahren an der Verbesserung der Welt gearbeitet. Was wurde aus den damaligen Visionen?
Prix: Ich sage gerne, dass wir verloren haben. Die Idee der optimistischen Gedankengebäude war nicht durchsetzbar. Der Unterschied ist nur, dass wir damals das zukünftige Leben völlig neu definiert haben! Heute ist die Lebensqualität einer Stadt nichts anderes als ein neues Biedermeier: Rückzug in die Ego-Privatheit, Rückzug aus dem öffentlichen Raum, Rückzug in die Gemütlichkeit, auf dem grünen Balkon im Liegestuhl sitzend, mit einer Flasche Bier in der Hand, die romantische Scheinrealität einer grünen Stadt. Wo sind die zukünftigen innovativen Lebenskonzepte?
STANDARD: Heute reden wir über Ressourcenschonung. Die Bauwirtschaft steht als CO2 -Sünderin am Pranger.
Prix: Oje, schon wieder diese blödsinnige Feststellung.
STANDARD: Wissen Sie, wo der Stahl für Ihre Museen und Konferenzzentren herkommt?
Prix: Nein, das weiß ich nicht. Muss ich auch nicht. Aber ich mag diese Diskussionen nicht. Denn wenn wir von Materialverschwendung sprechen, dann müssen wir schon die Architekturindustrie mit der Waffenindustrie vergleichen. Wir bauen Waffen aus Unmengen von Stahl, die nur einen einzigen Zweck haben: Zerstörung. Und wir bauen Kampfflugzeuge, wovon eines so viel kostet wie das Musée des Confluences in Lyon, und nach spätestens fünf Jahren wird es abgeschossen. Das müssen wir vergleichen! Vergleichen wir doch den CO2 -Ausstoß des Kriegs in der Ukraine mit dem CO2 -Ausstoß von unseren Kulturbauten auf der Krim. Darüber müssten wir sprechen!
STANDARD: Ihre größten und wichtigsten Projekte haben Sie stets im Ausland realisiert, zuletzt vor allem in China. Aktuell bauen Sie in Russland und auf der Halbinsel Krim. 1998 haben Sie in einer Rede in Wien gesagt: „Autoritäre Systeme vertragen keinen Ungehorsam.“ Wie verträgt sich das?
Prix: Es kommt nicht darauf an, für wen oder wo wir bauen, sondern was wir bauen. Was Russland betrifft, so habe ich alles Relevante schon im Spiegel -Interview gesagt. Außerdem sind wir jetzt von der EU sowieso sanktioniert. Wir dürfen nicht mehr für Russland arbeiten – ein demokratisches Arbeitsverbot. Alle Aufträge, die wir in Arbeit haben, Hochhäuser, Theater, Schulen und Kulturzentren, können wir wegwerfen. Toll!
STANDARD: Auf der Krim nach 2014 zu bauen dient der Legitimierung einer völkerrechtswidrigen Annexion. Sehen Sie das anders?
Prix: Wir hatten auf der Krim nie ein Arbeitsverbot, denn Kulturbauten waren von den Sanktionen ausgenommen. Aber ja, nun müssen wir auch dieses Projekt stoppen. Ein Freund von mir hatte auf der Krim eine Fabrik für Maschinenteile und wurde ebenfalls sanktioniert. Wer, glauben Sie, hat diese Lieferungen übernommen? Ein Amerikaner! Also hören Sie mir auf mit den moralischen und angeblich politischen Darstellungen ...
STANDARD: Die meisten und größten Ihrer Aufträge kommen von autokratischen Regimen. Was macht das mit Ihnen?
Prix: Gar nix. Gegenargument: Ich habe Sympathie für eine Gesellschaft, demokratisch oder autokratisch, die sich erlaubt, auf einen Schlag in sieben Städten Kulturzentren zu bauen. Bei uns heißt es nur: Brauchen wir nicht! Es wird gerne vergessen, dass auch ein François Mitterrand autokratisch entschieden und zahlreiche Großprojekte beauftragt hat. Und ganz ehrlich: Es macht keinen Unterschied, ob man für Autokraten oder für Turbokapitalisten baut. Für Autokraten ist es sogar etwas angenehmer, weil sie nicht jeden Cent berechnet haben wollen, um zu wissen, wie viel sie mit einem Projekt verdienen.
STANDARD: Welche Auswirkungen haben die Russland-Sanktionen auf Ihr Büro?
Prix: Wir arbeiten nun für einen anderen Autokraten und sitzen mit all jenen, die gesagt haben, dass sie für Russland nicht mehr arbeiten wollen, Schulter an Schulter in Saudi-Arabien. Dort planen wir alle an der 170 Kilometer langen Linearstadt Neom. Das ist eine der radikalsten Stadtplanungsideen, eine Mischung aus Le Corbusier und Superstudio.
STANDARD: Im Rückblick auf mehr als 50 Jahre Schaffen: Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Prix: Auf drei Dinge: auf den Dachbodenausbau in der Wiener Falkestraße, auf das Musée des Confluences in Lyon und auf das Mocape-Museum in Shenzhen, weil ich bei diesem Projekt Piranesi am nächsten gekommen bin.
STANDARD: Am 13. Dezember werden Sie 80. Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?
Prix: Weiß ich nicht. Das ist ein Tag wie jeder andere. Das ganze Drumherum ist mir völlig egal. Aber ich weiß, dass ich nicht noch weitere 80 Jahre vor mir habe. Und dass ich gewisse Dinge nicht mehr erleben werde, von denen ich als junger Architekt dachte, ich würde sie noch erleben. Zum Beispiel die Projekte in Russland. Oder dass ich noch lerne, Keith Richards Riff in Gimme Shelter spielen zu können.
STANDARD: Gibt es einen Wunsch für die Zukunft?
Prix: Ich habe immer noch den Wunsch, dass wir die großen Probleme der Welt mit Wissen und Optimismus lösen können – und dabei nicht vergessen zu lachen.
STANDARD: Wofür brennt Wolf Prix heute?
Prix: Für die Möglichkeit, Architektur zu bauen, die beweist, dass wir mit manchen Aussagen recht gehabt haben könnten. Und trotzdem: Jeder hat recht, aber nichts ist richtig.
Wolf Dieter Prix, geboren am 13. Dezember 1942 in Wien, gründete 1968 mit Helmut Swiczinsky und Michael Holzer das Büro Coop Himmelb(l)au, das er seit 2001 allein leitet. Er zählt zu den wichtigsten Vertretern des Dekonstruktivismus.
Der Architekt von Coop Himmelblau kritisierte beim Abschied das Ministerium. Er fürchtet einen Verlust der Vielfalt der Architektur-Ausbildungen.
„Ich verlasse die Universität für angewandte Kunst mit dem heutigen Tag. Es ist mir nicht mehr möglich, die Entscheidungen des Rektorats, die mehr den Entscheidungen eines beamteten Ministeriums entsprechen als denen einer Kunstuniversität, mitzutragen und loyal zu unterstützen.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Wolf D. Prix von Coop Himmelblau am Montag von der Wiener Angewandten. Er fürchtet einen Verlust der Vielfalt der Architektur-Ausbildungen in Wien aus Spargründen, so Prix.
„Mir Neid zu unterstellen, wenn ich sage, das Projekt von Wolfgang Tschapeller für den Zubau der Universität für Angewandte Kunst Wien ist funktional und ästhethisch ein schlechtes Projekt, wäre frivol“ erläutert Prix auf Anfrage der „Presse“ seinen Abgang näher: „Ich hätte das Projekt gerne gebaut, halte es aber nicht für notwendig.
Es geht um Entscheidungen, die ich nicht mehr mittragen will und kann. Ich kann nicht vertreten, dass eine Kunstuniversität, die sich als Speerspitze für Ästhetik versteht, in das hässlichste Gebäude von Wien verbannt werden soll. Wäre ich ein bösartiger Wiener würde ich in der Absicht die Architekturfakultäten der Akademie und der Angewandten zu vereinen, einen Anschlag auf das eigenständige Profil dieser Universitäten und daher auf die Vielfalt sehen. Es geht den Beamten und dem Ministerium nicht um inhaltliche Überlegungen, sondern rein um das Sparen. Wien kann und muss sich locker drei Architektur-Schulen leisten können. Denn nur die Vielfalt kann das neue Rollenbild der Architekten neu definieren. Architekten dürfen nicht nur Aushilfsgehilfen von schwachen, ökonomischen und funktionalen und politischen Ideen sein. Aber für eine solche Neuordnung braucht man Geld und das steht der Angewandten scheinbar nicht zur Verfügung. Da ich meine Zeit nicht verschwenden will, gehe ich“, schloß Prix.
Die Zukunftsvisionen des Wiener Architekten Wolf Prix
Im Jahr 1968 gründeten Wolf Prix und Helmut Swiczinsky in Wien das Büro Coop Himmelb(l)au. Ihre Projekte sorgten 1988 auf der legendären Dekonstruktivismus-Schau des New Yorker Museum of Modern Art für Aufsehen. Im Herbst 2007 vollendeten sie die BMW-Welt in München. Mit Wolf Prix sprach Carsten Krohn in Wien und auf der Architekturbiennale in Venedig über Zukunftsvisionen und Globalisierung.
Gibt es eine Vision der Stadt der Zukunft?
Wolf Prix: Wir arbeiten jetzt an einem Forschungsauftrag, der das Wachstum unseres Gehirns und das Wachstum einer Stadt vergleicht. Es ist interessant, zu sehen, wie unser Kopf funktioniert, welche Strukturen bei unseren Entscheidungen beteiligt sind und wie diese Strukturen aufgebaut sind. Und wenn man dies mit unserer Stadtentwicklung vergleicht, sind wir noch nicht einmal am Stammhirn angelangt. Wir werden diesen Forschungsauftrag mit Wolf Singer vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung machen, der schon in seinem Buch Ansatzpunkte zur Stadtplanung festgehalten hat. Das hat mich auf die Idee gebracht, das Wachstum von São Paulo zum Beispiel mit der Struktur in unserem Kopf zu vergleichen. Das Gehirn ist weder hierarchisch noch total vernetzt, sondern ändert von Entscheidung zu Entscheidung die Systeme. Dies ist ein Hinweis, wie sich die Architektur in der nächsten Zukunft entwickeln sollte. Ich denke, dass uns die Übertragung dieser Entscheidungsprozesse in unserem Gehirn auf die Stadt zu Stadtplanungen auf ganz anderen Ebenen führen wird. Diese sind natürlich politisch, werden der Architektur jedoch einen viel grösseren Freiraum geben.
Strategien für die Zukunft
Das Wiener Museum für Moderne Kunst zeigt derzeit in der Ausstellung «Mind Expanders» unter anderem Architekturutopien von 1968, darunter auch Ihre frühen Visionen einer sich permanent verändernden Stadt. Wie stehen Sie rückblickend zu diesem frühen Werk?
Eine dieser Ideen haben wir für die diesjährige Architekturbiennale in Venedig realisiert. Was wir damals erdacht haben, nämlich das Feedback-System, das heute interaktiv genannt wird, können wir heute bauen. Es demonstriert, dass der Mensch die Architektur auch über den Körper verändern und steuern kann, zum Beispiel über den Herzschlag. Der Rückschluss lautet: Was damals geträumt wurde, ist heute fast schon Realität. Die versuchte Musealisierung von dynamischen Ideen allerdings kann nur schiefgehen. Der Drang zum Musealisieren ist eher ein gesellschaftliches Phänomen, um die Unruhe, die damals durch diese Projekte gestiftet wurde, zu befrieden. Und dagegen bin ich. Ich glaube, dass diese Ideen, die damals entwickelt wurden, wichtige Ausgangspunkte für eine ganze Generation waren und es noch immer sind.
Die Wiener Ausstellung macht eine enge Beziehung zwischen den bildenden Künstlern und den Architekten sichtbar, und dies speziell in Wien.
Das bedeutet ja nichts anderes, als dass Architektur auch Kunst ist, und das finde ich ein ganz wichtiges Statement. Das ist beispielsweise in Deutschland nicht so bekannt. Dort sieht man die Architektur als dienendes Element und den Architekten als Erfüllungsgehilfen. Je besser er die Wüsche erfüllt, desto besser wird er beschrieben. Ich denke aber, dass die Architekten eher die Strategen für die Zukunftsbewältigung sein müssen und daher auch gegen die Wünsche des Auftraggebers – in durchaus friedlicher Form und Diskussionsbereitschaft – agieren müssen. Dazu sind wir ausgebildet, dazu sammeln wir die Erfahrung, denn wenn wir nicht in die Zukunft denken würden, wären unsere Bauwerke ja schon im Moment ihrer Errichtung obsolet.
Angesichts eines enormen gegenwärtigen Bauvolumens mit der gerade fertiggestellten BMW-Welt in München scheint sich Ihr Büro Coop Himmelb(l)au verändert zu haben. Wer hätte vor 15 Jahren geglaubt, dass Sie heute derart viel bauen?
Wir haben das immer gewusst! Es gehört mit zum Beruf der Architekten, dass man auch an der Durchsetzung der Ideen arbeiten muss, weil man sonst ja nur Schriftsteller oder Zeichner wäre.
In der österreichischen Architekturszene machen viele junge Büros durch innovative Bauten Furore. Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?
Ich halte von meinen jungen Kollegen sehr viel. Ihr innovatives Bauen hängt mit der Ausbildung zusammen. Sosehr sie auch an manchen Stellen zu kritisieren ist, unterscheidet sie sich von der Ausbildung andernorts. Die Kreativität kommt aber auch von der Haltung. Wir können Architektur mit einer Metaebene versehen und uns als Vorausdenker und Strategen für die Zukunft begreifen. Dazu gehört auch die Form. In Wien ist die Ausbildung zur Form ein fast schon historisches Erbe. Ich führe das gern auf die Barockkultur in Wien und Österreich zurück. Diese unterscheidet sich vom evangelisch nüchternen Denken. Man kann sagen, dass die Österreicher unheimlich formtalentierte Raumsequenzerfinder sind: Hollein, Abraham, Domenig. Dass man das hier in Österreich intellektuell nicht wahrnimmt, ist einfach ein Mangel an Information.
Vereinheitlichung der Sprache
Was halten Sie von den aktuellen Globalisierungstendenzen in der Architektur?
Jetzt hat man gerade entdeckt, dass es ein Stonehenge in Magdeburg gibt. Das heisst, vor dreitausend Jahren gab es ähnliche Architekturen in England und in Deutschland. Nehmen Sie den Barock oder die Gotik. Die Gotik war damals international. Ich finde das gut. Durch das Werkzeug des Computers gibt es nun eine Vereinheitlichung der formalen Sprache, aber das war bei den Bauhütten ähnlich. Wenn man in die Tiefe geht und den Background des einzelnen Architekten untersucht, seine gesamte Kultur und die Gesellschaft, aus der er kommt, dann gibt es sehr dezidierte Unterschiede.
Also, ich denke an meine jüdischen Architektenfreunde, die eher kabbalistisch denken: Daniel Libeskind, Peter Eisenman und auch Frank Gehry. Die könnten über Kiesler in Wien Fuss fassen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Rietveld als ein calvinistisch geprägter Denker hier in Wien sein Werk entwickelt hätte. Genauso wie ich mir nicht vorstellen kann, dass in Amsterdam oder Rotterdam Kiesler sein Raum-Zeit-Theater entworfen hätte oder sein endloses Haus. So kann man das bis zu Zaha Hadid verfolgen, deren Entwürfe mich an arabische Kalligrafie erinnern.
2022
Architektur und Handzeichnung sind untrennbar verbunden. Schon in der Gotik galt: Was man nicht bauen kann, wird zumindest gezeichnet. Dasselbe galt für die Skizzen von Wolf dPrix, Mitbegründer und CEO von Coop Himmelb(l)au. In den 53 Jahren ihrer Entstehung bildeten die Skizzen den ersten Schritt jedes
Hrsg: Wolf D. Prix
Verlag: Birkhäuser Verlag
2011
The architect Raimund Abraham (1933–2010) stood for radicalism and utopias. As a nonconformist, an essential critic, and champion of a fundamental architectural stance, Abraham campaigned tirelessly for architecture's collective renewal. With the construction of the Austrian Cultural Forum Building in
Hrsg: Wolf D. Prix, Peter Noever
Verlag: Hatje Cantz Verlag
2010
The Mexican Roof Revisited is a sequel volume to the book „The Mexican Roof“ (out of print). The former book documented a student’s project of Wolf D. Prix’s class at the University of applied Arts in Vienna. In „The Mexican Roof Revisited“ contributors and new fellows met again under the shelter of
Hrsg: Wolf D. Prix
Verlag: SpringerWienNewYork
2006
Das Thema der Biennale 2006 in Venedig wurde von Richard Burdett ausgegeben: Meta-Cities. Der Beitrag des österreichischen Kommissärs, Wolf D. Prix – Mastermind von Coop Himmelb(l)au und Professor für Architektur and der Universität für angewandte Kunst Wien – setzt drei Begriffe von Stadt der heutigen,
Hrsg: Wolf D. Prix
Verlag: SpringerWienNewYork