Akteur

Egon Eiermann
* 1904 Neuendorf (heute: Potsdam-Babelsberg) 1970 Baden-Baden

Einflussräume

9. Oktober 2004
Sein immenser Einfluss auf die österreichische Nachkriegsarchitektur besteht darin, dass er etwas nicht getan hat. Egon Eiermann war angefragt, die Architekturklasse der Salzburger Sommerakademie des Jahres 1956 zu übernehmen, sagte aber ab und empfahl stattdessen Konrad Wachsmann. Der schon zu Lebzeiten legendäre Wachsmann kam aus Kalifornien angereist und brachte einer ganzen Generation österreichischer Architekten bei, dass Konstruktionen auch von utopischer Kraft sein können. Der im Vergleich etwas bodenständigere Konstrukteur Eiermann hingegen blieb in Karlsruhe, wo er eine der wichtigsten Architekturklassen leitete. In seinem Büro entstanden einige für das bundesdeutsche Nachkriegsarchitekturbewusstsein entscheidende Bauten, wie etwa die Berliner Gedächtniskirche (links) oder die filigranen Pavillons auf der Brüsseler Weltausstellung 1958. Zu Eiermanns einhundertstem Geburtstag ist nun in der Städtischen Galerie Karlsruhe eine Ausstellung entstanden, die von einem schönen Katalog begleitet wird (Egon Eiermann, 1904-1970, Verlag Hatje-Cantz, 224 Seiten, € 39,80). Aber Vorsicht!: „Das Werk geht in die Hände der Kunstwissenschaft über . . . Das hat nicht mehr viel mit der Architektur zu tun, um die Architekten sich kümmern.“ Schreibt Arno Lederer, der mit Bauten wie dem Salem International College und immer wieder auch mit Texten in der im Umfeld seines Lehrstuhls in Karlsruhe erscheinenden Zeitung mit dem wunderbaren Titel ach, Egon frisches Blut in die deutsche Architekturszene gebracht hat. Sitzen dort die legitimen Erben Eiermanns? Die textfreudige, auf Bilder weit gehend verzichtende Gestaltung im Zeitungsformat jedenfalls hätte Egon sicher gefallen, der sich so praktischen Dingen wie dem Architektenoverall gewidmet hat. Das Abo von 6 Ausgaben pro Jahr kostet 23 Euro, Info: www.bleiwerke.de/egon. Dort sind auch Leseproben von ach, Egon abgelegt. Vielleicht gelingt es ja noch einmal, Einfluss auf die österreichische Architektur zu nehmen.

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