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Leben an Licht und Landschaft
Der Standard

Aus minimalem Budget zauberten die Architekten Maria Flöckner und Hermann Schnöll ein Maximum an Raum und Lebensqualität. Zeitlos modern fügen sich lärchenholzgeschaltes Foto-Atelier und Wohnhaus als Ensemble in den idyllischen Ort Kuchl, Fenstereinschnitte und Lufträume schaffen innen mehrdimensional durchlässige Weite.

30. Oktober 2004 - Isabella Marboe
Etwa 30 Kilometer südlich von Salzburg liegt die Gemeinde Kuchl, wo Bildhauer Josef Zenzmaier in der Strubau ein altes Landhaus bewohnt, durch die Ritzen des Werkstattstadels schimmert Glut, der Meister ringt mit Wachsabgüssen um seinen Paracelsus. Schon als Kind liebte Sohn Stefan das Ineinanderfließen von Wohnen und Arbeiten. Heute ist er selbständiger Fotograf, lang lebte er mit Frau und drei Kindern in Salzburg, die Wohnung war viel zu klein, er suchte eine größere und ein Atelier. Als der Vater ihm das 902 Quadradmeter

Als der Vater ihm das 902 Quadradmeter Gartenstück vor seinem Haus schenkte, entschied er sich zum Umzug nach Kuchl. Sein Budget war minimal, der Ort sensibel, der Bedarf anspruchsvoll: er brauchte ein Profi-Atelier und endlich genug Lebensraum für fünf Menschen. Hell, klar und zeitlos sollte das Haus sein und mit der Umwelt in Kontakt treten. Umsichtig reagierten die Architekten auf Aufgabe und Ort. Präzis setzten sie zwei wesensverwandte Holzquader auf den Grund, vielschichtig kommunizieren sie miteinander und der kleinteiligen Dorfstruktur.

Die schlichten, modernen Baukörper sind formal reduziert und komplett in vertikaler, feinstrukturierter Lärche verschalt. Das vertraute Material fügt sich in die Ortslandschaft, ohne sich anzubiedern. Tief eingeschnittene, klug gesetzte große Öffnungen geben den Häusern Plastizität und Transparenz. Als ruhiger Rahmen schirmt der Atelierquader Garten und Wohnbau ab, Schaufenster vermitteln die open mind des Fotografen. Als kommunizierendes Luftraumpaar machen zwei über Eck verglaste Einschnitte das Haus dahinter auf allen Ebenen lichtund blickdurchlässig, erzeugen auf minimaler Fläche entgrenzende Weite, die Umgebung fließt förmlich ins Innere. Behutsam fassen beide Gebäude geschützten Grünraum ein.

Gelassen schafft der Parkplatz dem fast vier Meter hohen Atelier Öffentlichkeit, die geringe Höhe lässt Nachbarn den Gebirgsblick. Straßen- und Gartenseite sind gleich: sofort ist die über drei Meter hohe Doppelglastür als wichtigste Öffnung erkennbar, ein großes Fenster schenkt Licht und inspirativen Blickkontakt Straße und Haus. Der alle Scheinwerfer und das Equipment bergende Raum lässt sich komplett verfinstern, kann Dunkelkammer oder transparentes Studio sein. Hinter dem kleinsten Fenster liegt das „Extrazimmer“ mit Sanitärzelle, Schlafpodest und eigener Tür im Westen.

Zum Atelier verschränkt, exakt nord-südorientiert rahmt das zweigeschossige, unterkellerte Wohnhaus einen privaten „Sonnengarten“, der in Großvaters Grund überfließt. Die kleine Tochter sieht durch die Luftraumsäule ihres Zimmers auf Großvaters Sitzbank, über eine ausklappbare Dachbodentreppe kann sie über den Wohnraum ins Freie laufen. Das Haus ist ein Mischbau, die tragende Sichtbetonscheibe teilt es Nord- und Südseite. Über eine im Rasen versenkte Cortenstahltreppe betritt man den Keller am Zwischenpodest unterm südöstlichen Luftraumeck, Oberlicht und die zweite Lichtsäule wandeln ihn zum hellen Wohnraum.

An der Sichtbetonwand die einläufige Treppe in der dreiseitig belichteten Küche hoch, darüber auskragende, große Schlafraum schenkt ihr eine gedeckte Terrasse vor dem malerischen „Schattengarten“, fünf Fenstertüren schaffen viele Freiraumbezüge sowie enorme Zugangsvielfalt. Die obere Ebene ist Meter hoch, was auf kleinster Fläche ungeahnte räumliche Großzügigkeit erzeugt. Mit Panoramarundblick durch die diagonalen, haushohen Lichtlufträume gewinnt der teils zweigeschossige Wohnraum am Südgarten mehrdimensionale Panoramaweite, sich darüber in dialogischer Vogelperspektive nach innen außen fortsetzt.

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