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Autarker Single in der Landschaft
Der Standard

Einem sehr umweltbewussten Bauherrn planten die Architekten Schneider&Lengauer ein fast quadratisches Holzhaus, das er großteils selbst bauen konnte. Harmonisch fügt sich der niedere, klare Baukörper in die Mühlviertler Umgebung, seine Energie bezieht er im Einklang mit der Natur aus Sonne und eigener Speichermasse.

30. Juli 2005 - Isabella Marboe
Der Bauherr liebt das Holz, die Bäume und die Landschaft, Lebensentscheidungen fällt er meist bei der Arbeit. Beim Scheiterschlichten schweifte sein Blick über die sanften Hügel seiner Heimat Trosselsdorf, an einer Streuobstwiese in vollster Blüte blieb er hängen. Da entstand vor seinem geistigen Auge das Bild seines künftigen Holzhauses, das sich in naturgewachsener Selbstverständlichkeit in die Umgebung fügte, ohne die schöne Baumreihe zu überragen. Er hatte Glück, der Grund die Baugenehmigung. An einer nordwärts ansteigenden Straße liegt er am Ortsrand vor den drei letzten Häusern in fast unberührter Landschaft. An der südlichen Grundgrenze steht eine große Kirsche vor Streuobstbäumen, durch deren Laub der mächtige Vierkanthof an der Dorfstraße schimmert. Im Osten und Westen heben Wälder an, in denen er die Weißtannen zum Hausbau fand und fällte. Ein halbes Karenzjahr lang lernte er das Zimmererhandwerk, dann beauftragte er das Büro Schneider&Lengauer mit der Planung eines niederen, autarken Passivholzhauses, das er und Freunde großteils selbst bauen konnten.

Ressourcenschonung und Autonomie sind für den Single Grundsatzprinzipien, aufs Auto kann er am Land nicht verzichten. Er brauchte eine Garage, Arbeits- Schlaf – und Kochwohnessraum, sowie zwei weitere Zimmer: Moderat dimensioniert, muss im Haus fürs Leben Platz für Lebensliebe und Kinder sein. Die Architekten entwarfen einen sehr klaren, eingeschossigen, fast quadratischen Holz-Riegel-Bau auf einer Fundamentplatte, die federleicht über der Wiese schwebt. In großer Sorgfalt entwickelten sie einfache, selbstbautaugliche Konstruktionen und Verbindungen. Weiße, hauchzarte Rundstützen von zehn Zentimeter Durchmesser tragen das Vordach. Je nach Himmelsrichtung kragt es unterschiedlich weit aus, beschattet die dreiseitig umlaufende Terrasse und lässt optisch den Innenraum in die Landschaft ausfließen.

Die nachbar- und wetterseitige Nordfront ist geschlossen, harmonisch fügt sich die grünliche Kupferblechverkleidung in die Umgebung, altert so lebendig wie die horizontalen Lärchenholzlatten, mit denen sich die Garage ums Eck zur Zufahrt im Westen knickt. Nahtlos schließt das Terrassenvordach überm Eingang an, wo man durch einen Glasschlitz die ganze Haustiefe durchblickt. Klar trennt die zentrale Erschließungs- und Sanitärschneise die introvertierte Schlafseite mit Kellertreppe im schattigen Norden vom Wohnen im transparenten, sonnenhellen Süden. Direkt führt die große, offene Garderobe mit Doppelglastür zum Arbeitsplatz am transparenten Südwesteck, wo der Bauherr Straße, Wald, Wiese und die komplettverglaste Südfront überblickt. Ihre dreifach-isolierten Scheiben und Schiebtüren tragen stark zur positiven Energiebilanz bei. Zwischen den Holzstützen unter der Tramdecke, die im schwebendleichten Vordach mündet, scheinen sich Grenzen zwischen Innen und Außen aufzulösen.

Vom leinölgetränkten Tannenboden bis zur Decke ist fast alles konsequent aus Holz: die formal klare, zweizeilige Küche, der holzbestuhlte Tisch in der Mitte, das halbhohe Regal auf Rollen, das raumteilend zum Kamineck an der Ostwand überleitet. Dem Raum gibt das Naturmaterial eine sehr ruhighelle Atmosphäre, die mit dem lebendigen Mühlviertler Rundumpanorama in harmonischem Einklang steht. Mit Solar- und Photovoltaikanlage am Flachdach, starker Schafwolldämmung, Lehmputz, kontrollierter Wohnraumbe- und entlüftung produziert das autarke, nord-süd-orientierte Passivhaus sogar Stromüberschuss. Die nötige Speichermasse schafft eine dicke Natursteinmauer, sie schenkt dem oberlichthellen Atrium an der Sanitärschneise kontemplative Zentriertheit.

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