Artikel

Neuer Lebensglanz für Glanzing
Der Standard

Mit einem stimmigen Revitalisierungskonzept und einem vornehm zurückhaltenden Neubau sorgten Architekt August Sarnitz und der Bauträger Raiffeisen RBM für neues Leben in der umsichtig sanierten Ex- Kinderklinik Glanzing.

27. August 2005 - Isabella Marboe
Als weltweit erste Kinderklinik war Glanzing 1912-13 eine medizinische Innovation. Wie ein Schloss thront sie im weitläufigen Park am Döblinger Hügel. Baumeister Carl Baudstiber und Eduard Thumb planten sie heimattümelnd neudeutsch auf Rustikasockel mit Figurinenzier an Rundbogenloggien, Walmdach, Turmoktogon und Eingangsportikus. Das Rittersaal-Foyer ist denkmalgeschützt, im Grundriss aber waltete Vernunft: funktionelle Mittelgänge an hellen Kranken-und Ärztezimmern, der unorthodox abgewinkelte dritte Flügel ist südorientiert, hier schenkten zartgliedrige Stahl-Glas-Veranden den Kinderpatienten Sonne und Grünblick. 1999 wurde die abgenutzte Klinik ausgesiedelt.

Die Stadt Wien suchte Käufer mit sinnigem Nachnutzungsszenario, die Raiffeisen RBM überzeugte mit dem Revitalisierungskonzept „Glanzing Park“ von Architekt August Sarnitz, am Nebengrund im Norden wurden mit Günther Holnsteiner schöne, neue Wohnzeilen realisiert. Im sanft sanierten Altbau entstanden in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt 43 Luxuswohnungen von 49-190 Quadratmeter mit 3,50 – 3,80 Meter Raumhöhe, deren Sanitär- und Nebenraumstränge in die breiten Ex-Klinikgänge eingeschoben sind. Der Rittersaal blieb Foyer, Mauerdurchbrüche erhellen die Stiegen, neue dunkelrote Glasgaupen das Dach. Die Garagenzufahrt verschwindet in der Rustikamauer, transparent entsteigt die Glasveranda der Wellness-Ruhezone dem Gartensockel. Lichter Granit und grünblaue Kacheln im Saunabereich, dunkeltürkis changierende, hinterleuchtete Wandpfeiler am 15 Meter Nirostabecken, taubengrauer Schiefer u.ä. verbreiten gepflegte Atmosphäre.

Etwas erhöht lag im Osten neben der Klinik eine „Expektanz“, auf deren Grundfläche Sarnitz einen Neubau plante. In vornehmer Zurückhaltung stellt sich der klare, reduzierte, weiße Quader neben die Klinik. Alle Fenster sind mit zarten, ausklappbaren Bronzeläden eingefasst, die mit Wald und Bestand korrespondieren. Dahinter verbergen sich sechs komplex nach Loos’schen Raumplanprinzip aufgebaute split-level-Wohnungen. Keine gleicht der anderen, doch jedes differenzierte Innere erzeugt mit bis zu sieben Meter hohen Lufträumen, über Essplatzplateaus ragenden Schlafzimmern, ums Eck geführtes Glas und Terrassen eine Großzügigkeit, die mit der Altbauhöhe konkurrieren kann.

Im Norden ragt ein schmaler Stiegenturm mit Sitzbank aus dem vierstöckigen Haus, das klug Hang und Bauordnung nutzt: am tiefsten Geländepunkt im Osten weiten sich die drei unteren Maisonetten mit Terrassen zum Privatgarten, je nach Nutzung und Blick variiert die Breite der raumhohen Fenster und Glastüren. Während diese Einheiten mit ruhiger Schlafebene und Garten reihenhausartiges Ambiente bieten, nutzen die oberen mit zurückgesetzten Terrassen das 45 Grad Dachschrägenvolumen als großzügige Wohnebene, was an den zwei abschließenden Fensterbreitbändern ablesbar ist und dem Haus seine „stille Mitte“ gibt.

Der „Reihenhaus“-Zugang ist ebenerdig auf der Westrückseite am leicht erhöhten Split-Level der Küche mit Eckfenster, dahinter tut sich an der mauergekanteten, mittigen Treppe der Luftraum auf: ein Halbgeschoss abwärts blickt man ins Wohnzimmer mit Kamin am ostbesonnten Garten, keck ragt wie ein Innenbalkon der Flur vor den Kinderzimmern herein, die auf den Essplatz winken oder zu Elternschlafraum und Bad hochsteigen können. Frech ragt der orange-glasgeschuppte Laubengang aus der ruhigen, von hohen und horizontalen Fensterschlitzen perforierten Rückseite. Er erschließt die Kochnischen der oberen Einheiten mit intim versenkten Schlaf- und ostsonnig verglasten Wohnräumen, von deren Dachterrassen man die fulminante Donau-City-Skyline genießt.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: