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Architektur des Friedens
Neue Zürcher Zeitung

Das von David Adjaye gestaltete Nobel Peace Centre in Oslo

7. April 2006 - Ulf Meyer
Alljährlich schaut die Welt zu, wenn im Osloer Rathaus der Friedensnobelpreis verliehen wird. Gleich neben dem Rathaus wurde nun vor einigen Monaten im ehemaligen Westbahnhof am Fährhafen von Oslo das Nobel Peace Centre eröffnet. Gestaltet wurde es von David Adjaye, dem Wunderkind der britischen Architektur. Der 39 Jahre alte Diplomatensohn aus Ghana hat sich zuvor mit Künstlerwohnungen und bürgerfreundlichen Bibliotheken in London einen Namen gemacht. Der 33 Millionen Franken teure Umbau des Nobel Peace Centre mit der von ihm eingerichteten Dauerausstellung über den Friedensnobelpreis und die Friedensbemühungen in aller Welt ist sein erstes Auslandsprojekt.

Von Adjaye sagt man, er könne «attraktive Orte aus dem Nichts schaffen». Das machte ihn zur richtigen Wahl im spröden Oslo. Mit nichts als Farbe, Licht und Textur ging er zu Werk: Besucher, die durch die Mitteltür des alten Bahnhofs treten, sehen zunächst nur eine unregelmässig perforierte Kiste aus schwarz glänzendem Holz. Die kleinen Löcher darin bilden eine stilisierte Weltkarte der internationalen Konfliktherde. Die Wände des «Ehrensaals» hat Adjaye ganz mit schimmernder Goldbronze verkleidet und so zum «Fort Knox des Weltfriedens» stilisiert. Dort werden Informationen über den neusten Friedensnobelpreisträger gegeben, derzeit also über Mohammed El Baradei.

Das benachbarte knallrote Foyer und die dschungelgrün gemusterten Wände des «Café de la Paix» sind nach Ansicht von Adjaye ebenso kontrastreich wie Nobel selbst, der zugleich Philanthrop und Waffenhändler war. Die Gestaltung des Friedenszentrums, die auf Hightech- und MTV-Ästhetik beruht, überwältigt die Besucher förmlich mit Bildern und Klängen. Höhepunkt des Rundgangs ist ein blau beleuchteter Raum voller kleiner interaktiver Bildschirme auf Stelzen, die wie futuristische Friedensblumen aus dem Boden wachsen - je einer für jeden Friedenspreisträger.

Weil der Westbahnhof ein wichtiges Osloer Baudenkmal des 19. Jahrhunderts ist, musste Adjaye sich auf den Innenausbau beschränken und dort ein «Museum ohne physischen Inhalt» schaffen. Die Rolle, die er dabei zu spielen hatte, vergleicht er mit der des Regisseurs: «Diese ist etwas sehr Zeitgemässes im Informationszeitalter, denn unsere heutige Kultur ist im Prinzip eine Filmkultur. Wir sind das Zapping und Sequencing gewohnt.»

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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