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Aus eng mach weit
Der Standard

Was tun, wenn das Grundstück beengt und beschattet ist? Mit einem Einfamilienhaus in Klosterneuburg liefert Architekt Walter Stelz-hammer eine Antwort: Man ziehe die Bauteile auseinander, schaffe reichlich Platz für gläserne Stiegenhäuser und flute die Räume mit Licht.

16. Juni 2007 - Isabella Marboe
Für seine Parzelle in Klosterneuburg hatte der Bauherr einen eindeutigen Favoriten. Für das künftige Haus kam ausschließlich Architekt Walter Stelzhammer infrage. Und die Aufgabe war nicht leicht, denn der windschief abfallende Nordhang mit seinen gerade einmal 480 Quadratmetern bot nicht viel Platz. Im Westen war das Grundstück von Föhren beschattet, rundherum zudem von Nachbarn umkreist. Herausforderungen sind gut, also nahm Stelzhammer den Auftrag an.

Eines trüben Wintertages begab sich der Architekt abermals vor Ort und ging danach für ein paar Wochen in Klausur - die Muldenlage war zum Verzweifeln. „Ich wollte aus der Enge der Verhältnisse einen Raumplan entwickeln, der vergessen lässt, wie klein und beengt der Grund eigentlich ist.“ Stelzhammer löste den gordischen Knoten in drei parallele Baukörper auf. Dazwischen sorgen gläserne Stiegenhäuser für Sonne, Weitblick und fließende Kommunikationsströme - es entstand ein dreifaches Haus im Haus. Jeweils um ein halbes Geschoß versetzt wandert es hangaufwärts und schafft im Garten auf diese Weise intime Höfe und ausblickreiche Terrassen.

Die Föhren winken

Am tiefsten Punkt im Osten befindet sich das Schlafhaus, dahinter liegt der Bereich für die Gäste. Durchs Oberlicht des Stiegenhauses winken aus dem Westen bereits die Föhrenstämme herüber. Gut für den Bauherrn, denn der gebürtige Tiroler liebt den Weitblick und die Natur. Noch besser allerdings für seine Frau, denn diese stammt aus Schweden und liebt die Bäume.

Über der Garage nehmen die beiden Kinderzimmer die Morgensonne ins Visier, die direkt über der Straße auftaucht. Auf der anschließenden Terrasse liegen die Töchter oft im Windschatten und lassen sich bräunen.

Im Wohnraum treffen die Reiche der Eltern und der Kinder schließlich aufeinander. „Wir sehen uns gern gemeinsam Filme an“, sagt die Baufrau, „doch die Trennung ist gut, denn beim Schlafen bin ich empfindlich.“ Die erzielte Lösung erlaube es sogar, spätabendliche Feste zu feiern, während nebenan schon geschlummert wird.

Das Ende des Hauses bildet der aufgeständerte Wohnraum auf Stelzen - das ist der krönende Abschluss mit direktem Blick auf die angrenzenden Nadelbäume. Doppelter Gewinn: Unter dem Wohnzimmer ist ein schattiges Platzerl entstanden, in dem Hitzegaplagte Entspannung finden.

Zurück ins Wohnzimmer: Platz gibt es hier nicht nur für die Familie, sondern auch für ihr größtes Faible: In einem raumhohen Regal, das sich ums Eck schmiegt, sind die vielen Bücher aufgehoben. Die versetzte Hauswand gibt im kuscheligen Leseeck ein Fenster nach Osten frei. In der Scheibe spiegelt sich - quasi ein ungeplantes Geschenk - das Stift Klosterneuburg.

Vom offenen Raumkonzept sind die Bauherren begeistert: „Wir hatten einmal 30 Gäste im Haus, das war kommunikativ.“ Man kann sich lebhaft vorstellen, wie sie sich lose auf den Ebenen verteilten und über den Luftraum miteinander plauderten. Zu besonderen Anlässen geht's dann rauf aufs Dach - Fernblick inklusive. „Es ist wie auf dem Hochseedampfer, wir haben da oben sogar schon Silvester gefeiert.“

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