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Ein hässliches, aber nachhaltiges Entlein
Der Standard

Die Neue Heimat Tirol setzt auf die Sanierung alter Energieschleudern

6. Juni 2012 - Wojciech Czaja
DER STANDARD hat gemeinnützigen und privaten Bauträgern aus ganz Österreich die gleiche Frage gestellt: Was ist Ihr bester Wohnbaubeitrag zum Thema Nachhaltigkeit? Die Antworten sind sehr unterschiedlich.

Das Wohnhochhaus in der An-der-Lan-Straße in Innsbruck wurde im Jahr 1969 errichtet. Das Datum zeichnet sich nicht nur an der Optik ab, sondern auch an den technischen Eckdaten. Mit rund 120 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr war das Haus eine regelrechte Energieschleuder. Das entspricht dem 12-fachen Heizwärmebedarf eines heutigen Passivhauses und immer noch dem vier- bis fünffachen eines modernen Niedrigenergiehauses.

„Solche Energiewerte sind heute nicht mehr vertretbar“, erklärt Klaus Lugger, Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol (NHT). „Moderne Neubauten sind schön und gut, aber wenn man ernsthaft ei-nen ökologischen Beitrag leisten will, dann muss man im Bestand ansetzen. Die wahre Musik spielt in der thermischen Sanierung von Altbauten.“

1993 wurde die Wohnanlage in der Nähe des Olympischen Dorfes schon einmal saniert. 2001 wurde die Ölheizanlage auf Gas umgestellt, 2008 schließlich auf Pellets. Letztes Jahr wurde die schrittweise Sanierung mit einem Darlehen auf zehn Jahre fortgesetzt. Insgesamt picken an der Wand nun 18 Zentimeter Mineralwolle.

75 Prozent weniger heizen

„Natürlich hätten wir gern auch eine kontrollierte Wohnraumbelüftung eingebaut, aber das wäre ein zu großer und zu kostspieliger Eingriff in die Substanz gewesen“, meint Lugger. „Man muss es nicht übertreiben.“ Immerhin beträgt der Heizwärmebedarf jetzt rund 30 kWh/m2a. Das ist ein Viertel von dem, was einmal war.

„Als gemeinnütziger Bauträger kann ich mich mit solchen Projekten durchaus begnügen“, sagt der NHT-Chef. „Wenn das alle so sähen, dann wäre die Energiebilanz am Bau- und Wohnsektor heute wahrscheinlich eine andere.“

Im Zuge der thermischen Sanierung wurden auch Liftanlage und Steigleitungen erneuert. Der einzige gröbere Eingriff in den persönlichen Wohnbereich war der Tausch der Fenster. „Wir unterstützen die These, dass wir lieber laufend instand halten und nicht 30 Jahre lang warten und dann alles auf einmal machen müssen.“

Trotz großer Heizkostenersparnis hat sich die Monatsmiete für die Bewohner nur minimal verändert. Mit 4,99 Euro Miete inklusive Betriebs- und Heizkosten ist die finanzielle Belastung immer noch gering. Lugger: „Es kann am Markt nicht nur moderne Wunderbauten geben. Es muss auch günstige Alternativen geben. Nur so funktioniert der soziale Mix.“

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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