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Koniferitis im Linzer Schillerplatz
Oberösterreichische Nachrichten

Eigentlich dachten wir doch alle, das Nadelgehölz spätestens in den 1990er Jahren definitiv überwunden zu haben. Weit gefehlt: Am „neuen“ Schillerplatz wurden gerade erst 1100 kleine „immergrüne“ Eiben und ein Dutzend nahezu ausgewachsene Föhren gepflanzt.

4. Mai 2014 - Lorenz Potocnik
Den Anstoß zur Überarbeitung des Parks gab die Neuplanung der kleinen Fläche vor der Landesbibliothek und die gleichzeitige Erneuerung der südlichen Landstraße. Zeit also, auch mit dem Park etwas zu tun.

Ab diesem Zeitpunkt wäre es selbstverständlich, einen geladenen oder offenen Wettbewerb unter Landschaftsarchitekten auszuloben. Immerhin geht es um einen der prominentesten innerstädtischen Freiräume und 600.000 Euro Steuergeld. Stattdessen machte sich der zuständige Magistrat selbst an die Arbeit. Nicht anders als zu erwarten, war das Ergebnis eine verkehrstechnische Lösung mit Rest-Grünflächen. Ein freiraumplanerisches Konzept ließ sich daraus nicht ablesen.

Olga Lackner von der Vereinigung der Landschaftsarchitekten intervenierte und forderte einen Wettbewerb oder zumindest die Beauftragung eines Vorentwurfs durch drei verschiedene Landschaftsarchitekturbüros. Und was macht die Stadt? Sie beauftragt das Büro Kriegergut aus Perg mit einer „kleinen Studie“.

Kriegergut wies darin zu Recht darauf hin, dass der gesamte zukünftige Schillerpark als Einheit gedacht werden müsste, und bekam daraufhin prompt und direkt den gesamten Auftrag. Das ist nicht nur ziemlich unprofessionell, sondern für eine Vergabe der öffentlichen Hand inakzeptabel.

Das Ergebnis lässt sich denn auch nur noch als Symptom dieser mangelnden Planungskultur und demnach intransparenten Ideenfindung lesen. Die prägenden Elemente sind die genannten Hecken, Blumenbeete und „englischen“ Parkbänke, das Ganze in Anlehnung an einen „klassischen“ englischen Park rund um den bestehenden zentralen Brunnen mit sternförmig angeordneten Wegen angelegt. Die den Park abschirmenden „Hecken“ sind von unbeschreiblichen Eisengestellen gefasst. Rosa Plastikbänke um die Stahlplastik „Das Andere Buch“ von Theo

Fangen wir nochmals bei null an: Gestaltung beinhaltet vieles, es geht um Ideen, um Wirkung, um eine Analyse des Ortes, u.a. das Erkennen der Stärken des Ortes, das Einbeziehen der Umgebung, der Geschichte beispielsweise. In erster Linie geht es aber darum, eine (von möglichst vielen Menschen) erfahrbare Geschichte zu erzählen. Für Freiräume im innerstädtischen Bereich hat diese Geschichte auch noch viel mit „Natur“ und den Jahreszyklen zu tun.

Angst ist schlechter Ratgeber

Dabei sind diverse Ängste schlechte Ratgeber. So führt beispielsweise die Angst vor Obdachlosen zur Bereinigung und Verflachung des Parks (siehe auch Hessenplatz). Die Angst vor einer „tristen Winterlandschaft“ führt zu immergrünen Nadelhölzern, die dafür im Laufe des ganzen Jahres weder für Tiere noch Menschen sonderlich interessant sind.

Ängste verunmöglichen Gestaltung. Es sei denn, sie werden produktiv aufgegriffen. Das ist einer der Jobs von Landschaftsarchitekten: Konflikte, die die Stadt nun einmal birgt (und diese so reizvoll macht), gepflegt in Einklang mit ökologischen, ästhetischen und sozialen Aspekten zu gestalten.

Interessiert das eigentlich jemanden? Geschätzt ein Drittel der Bevölkerung fühlt sich beeinträchtigt von der schlechten optischen und intellektuellen Qualität eines solchen Parks. Der Rest stört sich nicht daran, sondern freut sich über einen neuen und sauberen Bereich mit Holzbänken, auf denen man in Ruhe ein Eis schlecken oder eine Wurst essen kann. Das ist vollkommen okay. Nur erhebt die Stadt Linz den Anspruch, neben einer Industrie- auch Kulturstadt zu sein. Und diese Kulturstadt erschöpft sich nicht in einem Europäischen Kulturhauptstadtjahr oder ein paar Leuchtturmprojekten. Im Gegenteil: Ein wesentlicher Bestandteil einer Kulturstadt ist ihre alltägliche Baukultur. Neben Vergabe- und Planungskultur, Architektur und Raumplanung sind städtische Freiräume essentieller Bestandteil dieser Baukultur.

Linz muss noch heute aufhören, so zu agieren, wie die Stadt es beim Volksgarten, beim Schillerpark oder beim Martin-Luther-Platz getan hat. Zusätzlich darf Linz – um Kulturstadt zu sein – gestalterisch nicht hinterherhinken beziehungsweise das Niveau senken, sondern muss ganz im Gegenteil seine Verantwortung als öffentlicher Auftraggeber mit Bildungsauftrag annehmen und einen Schritt voraus sein. Im Bezug auf Freiräume bedeutet das, die Bevölkerung auch ruhig einmal mit etwas Innovativem zu überfordern.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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