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Architektur im Hohen Haus
Der Standard

Politiker-Konsens herrschte im Presseklub Concordia bei der Vorstellung der Architekturtage97 � einer österreichweiten Veranstaltungsreihe, um auf die Präsenz zeitgemäßer Architektur und die Absenz der Politikerverantwortlichkeit hinzuweisen.

25. September 1997 - Gert Walden
Wien � Im Hohen Haus hat am Dienstag abend der Auftakt zu den Architekturtagen 97 der Bundeskammer der Architekten und Ingenieure stattgefunden. Das Verhältnis zwischen Architektur und Politik stand am Programm des Vortrages von Friedrich Achleitner und den Diskusssionen zwischen den fünf Parteienvertretern des parlamentarischen Kulturausschusses sowie des zahlreichen Publikums. Die Gespräche dieses Abends in der Praxis gezeigt, was Achleitner in seiner Rede schon vorweg genommen hat: Die Politiker � zumindest auf Bundesebene � entfernen sich zunehmend aus der Verantwortlichkeit und Zuständigkeit in Sachen Architektur.

Zwar wird die Bereitschaft zur Konfrontation mit der Problematik (Josef Cap, SPÖ) signalisiert, auch gute Ratschläge für ein Lobbying der Architekten (Madeleine Petrovic, Grüne) erteilt und der hohe Anspruch auf den Gestaltungswillen (Heide Schmidt, Liberale) erhoben. Aber auch die wohlwollend gemeinten juridischen Ratschläge (Michael Krüger, FPÖ) und der Appell an die missionarischen Aufgaben der Architekten (Franz Morak, ÖVP) haben nicht darüber hinwegtäuschen können, daß nach 52Jahren der zweiten Republik ein Fehlen der Sachkompetenz von politischer Seite deutlich bemerkbar ist. Die Diskussion (Moderator: Gerfried Sperl) hinterließ den Eindruck, daß jetzt erst � wo die Baubudgettöpfe leer sind � allmählich erkannt wird, daß Architektur eine Partnerschaft der Bundespolitiker über die kurze Betrachtungszeit der Legislaturperioden hinaus braucht.

Das logische Angebot des Kunsthistorikers Dieter Bogner in der Publikumsdiskussion �Nachhilfeunterricht� zu erteilen, wurde positiv von Heide Schmidt und Franz Morak angenommen, von Josef Cap als überflüssige �Postgraduate Studium� abgetan.

Jedenfalls wäre es durchaus angebracht, den Politikern jenes Rüstzeug zu verschaffen, das sie befähigt, die Aufbereitung eines positiven Klimas für eine Architektur zu unterstützen, die sich nicht in der Reproduktion der alten (Bau)Klischees erschöpft, sondern die Wahrnehmung der soziokulturellen Situation erweitert.

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