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Hoffen wir das Beste!
Der Standard

Daß Möbel vom Staatspreis für Design ausgenommen sind, war nur ein Grund für die Geburtsstunde der AUSWAHL - Österreichs beste Möbel. Der Wettbewerb findet heuer zum dritten Mal statt

18. Juni 1999 - Michael Hausenblas
Wenn man alles „Beste“ an einem Ort zusammenbrächte, dann würde aus dieser elitär anmutenden Eigenschaft wohl eine massenhafte - da kämen nämlich alle besten Freunde in allen besten Autos, diejenigen, welche die besten Nudeln kochen, samt den dafür besten Kochtöpfen, die besten Filmstars, all das Beste von Reader's Digest und so weiter und so fort.

Eine, wenn auch zahlenmäßig eingeschränktere Versammlung dieser Art wird heuer von der Kunsthalle Krems veranstaltet. Es geht um die Wahl der besten Möbel des Landes. Unter dem Titel „DIE AUSWAHL - Österreichs beste Möbel“, wollen die Initiatoren (die österreichische Möbelindustrie) im Rahmen eines biennalen Wettbewerbs, der dieses Jahr zum dritten Mal stattfindet, Möbel aus Österreich und das Wissen um deren Qualität stärker unter die Leute bringen und eine dauerhafte Kollektion aus den auserwählten Stücken schaffen.

Man könnte meinen, jeder Österreicher wäre in der Lage, sich sein bestes Möbel selbst zu wählen, kann er natürlich auch, so wie sich jeder Libanese sein bestes Möbel küren kann - da aber manche Leute etwa bei einem Stuhl gerade noch auf diesen achten, um beim Hinsetzen nicht neben ihm zu landen, wird bei der Jury der AUSWAHL auf mehr Wissen und Enthusiasmus rund um das österreichische Möbel Wert gelegt. Die international besetzte Gruppe soll nach bestem (!) Wissen und Gewissen und nach so unterschiedlichen und manchmal schwierig zu verknüpfenden Kriterien wie Form, Funktion, Innovation, Verarbeitungsqualität, Ökologie, Marketing und Werbung die bestehende Kollektion von 32 Modellen aktualisieren und ausweiten. Die Möbelsammlung wurde seit 1995 unter anderem im Palais Harrach, in der Wiener Hofburg und auf der Möbelmesse Köln präsentiert, ferner existiert umfangreiches Katalogmaterial und ein Web-Adresse, die da lautet: www.moebel.at.

Bereits seit 12. April dieses Jahres sind die Würfel zur dritten AUSWAHL am Kullern. Bis zu diesem Zeitpunkt mußten die serienmäßig hergestellten, österreichischen Produkte, welche zu den besten zählen wollen, eingereicht werden - es waren derer 81 Stück, von insgesamt 41 Firmen. Nach dem ersten Jurydurchgang kam es am vergangenen Samstag zum großen Trommelwirbel in Krems. Aus den übriggebliebenen 24 Möbeln wurde ausgewählt - leider hüllt sich die Jury in eisernes Schweigen, gleich einem Gelübde ist weder aus ihr herauszukitzeln, welcher Hocker, noch welches Bettchen sich von nun an zu den besten gesellen darf. Erst im Herbst dieses Jahres wird im Rahmen einer großen Festveranstaltung in der Minoritenkirche Stein das Möbelgeheimnis gelüftet werden. Die ganze Sache soll dadurch wohl ein wenig Hollywoodsches Flair bekommen, so wäre es in der Oscarnacht ja auch eigenartig, wenn etwa Charlton Heston die famose Einleitung „and the oscar goes to“ spräche und das gelangweilte Publikum gähnend den bereits bekannten Namen vor sich hin brabbelt.

In der Vergangenheit bestand die Jury aus Hochkarätern wie dem englischen Designer Jasper Morrison, Francois Burkhardt von der Hochschule für Bildende Kunst Saarbrücken, dem Architekten Gregor Eichinger, STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl oder Trend-Herausgeber Helmut Gansterer, die entscheiden durften, was möbelmäßig das Beste für unser Land war. Heuer sind es fünf neue Richter, die uns das präsentieren dürfen und die vergangenen Samstag geheimnisvoll über die Finalisten verhandelten.

Natürlich wird viel um ein solches Projekt herumgeredet und geschrieben, und so manche Wahl erscheint dem Betrachter mehr oder weniger erklärungsbedürftig. Gedanken, die versuchen, die Aktion auf einen Punkt zu bringen, sind etwa Worte des Leiters des Architektur Zentrums Wien, Dietmar Steiner, der bereits seit 1995 der Jury vorsitzt. Er spricht vom Bedarf, Wissen an den Konsumenten weiterzugeben, der oftmals „orientierungslos mit zufälligen Informationen zugeschüttet wird und dabei doch nur wissen will, wo er gute Möbel kaufen kann“. Betreffend der Auswahl der AUSWAHL, also beim direkten Messen zwischen Bewährtem und Neuem meint Gerfried Sperl, daß der bereits erwähnte Maßstab das Gute an der Sache ist: „Dadurch kann bloß Modisches nicht in die vorderste Reihe gestellt werden. Weder das Design allein, noch das Marketing allein (und sei es noch so raffiniert) können den Ausschlag geben.“

Ein schönes Beispiel dafür ist der auserwählte Kleiderständer „Kolomoser“ von Kolomann Moser aus dem Jahre 1907. Die Begründung, diesen Klassiker der Firma Gebr. Thonet in die Auswahl aufzunehmen, war und ist einfach, geradezu banal und doch absolut gültig: Es ist der einzige Kleiderständer am Markt, welcher auch bei schwerem „Behang“ nicht umfällt. Natürlich erfüllt er auch genügend andere Kriterien - und mit denen ist das so eine Sache, denn wird etwa ein in die Auswahl aufgenommenes Möbel wieder aus der Produktion genommen, so fliegt es raus aus dem elitären Kreis. Ist bisher allerdings noch nicht vorgekommen.

Und so bleibt uns zum Schluß wohl nur, das Allerbeste von dieser Auswahl zu erhoffen. Allzuschwer fiel der Expertenrunde die Wahl hoffentlich nicht, denn schon König Lear wußte: „Oft büßt das Gute ein, wer Bess'res sucht.“


Jury der AUSWAHL 1999/2000: Katarina Posch (Vitra Design Museum), Vorsitzender Dietmar Steiner (Direktor des Architektur Zentrums Wien), Uli Marchsteiner (Designer und Professor an der Designhochschule EINA in Barcelona), Barbara Friedrich (Chefredakteurin von Architektur & Wohnen und Country), Georg Waldstein (Chefredakteur und Herausgeber „Gewinn“).

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