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Profil

Isabella Marboe lebt und arbeitet als Architekturjournalistin in Wien. Die Architekturjournalistin studierte an der TU Wien und der Bezalel University in Jerusalem Architektur, nach ihrem Diplom absolvierte sie die katholische Medienakadamie und den Lehrgang Magazinjournalismus vom „Profil“. Weil Architekturmedien immer rarer und Journalismus immer schnellebiger wird, gründete sie ihr eigenes online medium www.genau.im
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Isabella Marboe schreibt regelmäßig für diverse Qualitätsmedien wie das „spectrum“ der Tageszeitung „die Presse“, die deutsche ,Detail', die DBZ, Piranesi, die renommierte Wochenzeitung ,die Furche', das niederösterreichische Kulturmagazin ,morgen’, verfasst Beiträge für die vom vai kuratierte Architektur-Beilage „Leben & Wohnen“ der Vorarlberger Nachrichten, sowie das niederösterreichische Magazin „gestalten.“
Sie war jahrelang leidende Redakteurin von architektur.aktuell und hatte in einer Co- Chefredaktion mit Dr. Sandra Hofmeister die deutsche Ausgabe von „domus“ konzipiert und geleitet.

Lehrtätigkeit

Lehrveranstaltung ,PR für Architekten' am Institut für Raumgestaltung und Entwerfen der TU Wien.

Mitgliedschaften

ögfa, ORTE Architekturnetzwerk, Presseclub Concordia

Publikationen

„Spectrum“ die Presse, „die Furche“, detail, dbz, „Leben & Wohnen“ in den VN, „der Plan“, „morgen“
„Bauen für die Gemeinschaft in Wien“, detail Verlag, Beiträge für Best of Austria

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Artikel

26. August 2006 Der Standard

Alt und Neu wie Schwarz und Weiß

Der Bauherr ist Stadtrat von Waidhofen an der Ybbs, mit seinem Haus wollte er ein Zeichen setzen. Also konnte Architekt Gernot Hertl die Kontrastkarte von Alt und Neu voll ausspielen: Oben lebt man mit Loft-Feeling, Sichtbeton und Terrasse. Unten schläft, liest und badet man.

Dicht schmiegen sich die Häuser und Türme von Waidhofen an der Ybbs zur malerischen Silhouette am Fluss. Die Stadt hat einen seit dem Mittelalter gewachsenen Kern, mit großen Ambitionen in puncto moderner Architektur führt sie ihr baukulturelles Erbe fort. Ernst Beneder hat bereits achtsame Spuren hinterlassen, Hans Hollein wird das alte Schloss Rothschild zur idealen Kulisse für die niederösterreichische Landesausstellung „Feuer und Erde“ adaptieren. Im Gestaltungsbeirat lernte der Waidhofener Stadtrat den Architekten Gernot Hertl, etwas später dann auch die Frau seines Lebens kennen. Damit war die Zeit reif für ein neues Haus von einem neuen Architekten.

Reduktion und Dichte

Dieser Bauherr liebt die Altstadt, wo sie am dichtesten, und moderne Architektur, wo sie am reduziertesten ist. Architekt Gernot Hertl war dafür genau der Richtige. Man beschloss, im Herzen von Waidhofen ein Zeichen im Umgang mit alter Bausubstanz zu setzen. Das Bestandsgebäude erstreckt sich über gotischen Grundmauern vom lauschigen Fuchslueg bis zum Keller am tiefen Garten über der Ybbs. In den 80ern wurde schon einmal aufgestockt, mit einem unschönen Blechzwickel rückte das finstere Satteldach dem Nachbarn damals an die Pelle.

Stattdessen ruht nun ein edler, eternitverkleideter Baukörper auf dem weiß verputzten Sockel, der mit neuen, rahmenlosen Fenstern zum puristischen Unterbau für das Neue wird. Elegant windet sich die geknickte Röhre am nachbarlichen Mansarddach vorbei, um sich im Südwesten zweigeschoßig aufzurichten. Dezent reihen sich die Schindeln der glasgeschlitzten Box in die Hausvielfalt an der Uferkante.

Raumdramaturgie

Innen wurde die leichte Pfosten-Riegel-Konstruktion mit zementgetränkten Spanplatten verkleidet. Zwischen Wänden von puristischer Sichtbeton-Ästhetik fließt nun ein fulminant inszenierter Einraum von der Straße bis zum auskragenden Finale. Von oben Licht fällt Licht herein, das Panoramaglas über den rauschenden Wogen der Ybbs schafft ein eindrucksvolles Ambiente. Entlang des transparenten Mittelknicks weitet sich die Röhre zur Westterrasse, leicht abgerückt öffnet sie sich dahinter zur Küche und dem etwas intimeren Wohnbereich. Souverän gleitet die Stiege vom oben liegenden Neuen ins Alte herab.

Die kleinen Räume zwischen den dicken Mauern bieten dem Privatleben geschützte Rückzugszonen, die sich von den zwei Kinderzimmern im Zubau bis hin zum gotischen Hauseck zu steigender Intimität verdichten. Hier zelebriert ein Wannentrog aus asketischem Sichtbeton mittelalterliche Badegefühle. Dahinter beginnt das Reich der Eltern: Ein Rundbogen ist zur tageslichthellen Minibibliothek ausgebaut, geschlafen wird an zwei Fenstern mit Morgensonne und Blick auf den tiefen Garten.

Unter dem hohen, auskragenden Dachbaukörper dieses Hauses verwachsen Alt und Neu zu einer Gesamtkomposition in Schwarz-Weiß. In der gewachsenen Kleinräumlichkeit des Bestands und der loftartigen Weite des Zubaus entfaltet sich ein dichtes, atmosphärisches Wohnerlebnis, das die Vorteile von Alt und Neu geschickt in sich vereint. Die stilgerechte Komplettierung dieses exquisiten Buketts im urigen gotischen Keller ist nur noch eine Frage der Zeit.

19. August 2006 Der Standard

Ein Haus wird Kurpark

Im einstigen Kurpark des Hoffmann-Sanatoriums wurden 130 Wohnungen gebaut. Party-Terrasse, herumschlängelnde Wege und Social Land-Art sind ein schöner Hintergrund für die neue Bebauung. Ein Portalbau von BUSarchitektur schließt das Gelände zur Straße hin ab.

Einst betrat man das Sanatorium Purkersdorf über einen Rasenteppich, sittsam gestutzte Bäume säumten die bogenförmigen Wege. Architekt Josef Hoffmann schuf mit dem 1906 errichteten Gesamtkunstwerk eine frühe Ikone des kubisch-geometrischen Jugendstils. Arthur Schnitzler, Gustav Mahler, Arnold Schönberg kurten hier.

Krieg, Plünderungen, viele Besitzer, Paulus Mankers „Alma a Showbiz ans Ende“ zogen über das Architekturjuwel, das in stiller Agonie zu verfallen drohte, während der Park zum dichten Wald anwuchs. Ein Neuanfang: Architekt Wolfgang Rainer baute das Sanatorium nun zur Seniorenresidenz mit 130 Wohnungen um. Aus einem geladenen Wettbewerb der BUWOG ging Architekt Franz Pfeil ex aequo mit BUSarchitektur als Gewinner hervor. Realisiert wurde schließlich das Projekt von Franz Pfeil, BUSarchitektur plante dafür den lärmschützenden Wohnriegel, der nun die Straße abschottet und einen vornehmen Rahmen für die Anlage bildet.

Von den 24.000 Autos, die täglich dieses Tor zu Purkersdorf passieren, spürt man nichts. Um hier das verlorene Grün wieder spürbar zu machen, wurde das BOA büro für offensive aleatorik mit Social Land-Art beauftragt. Ihr Projekt „Hoffmann geht spazieren“ greift die Tradition der Kurpromenade auf und vernetzt das Haus mit der Region. Auf dem Grünstreifen, der das denkmalgeschützte Sanatorium einfasst, wurde ein Rodelhügel aufgeschüttet. Eine erholsame Weite beginnt schon an der südlichen Grundgrenze, dem Auftakt zum Wienerwald.

Residenz im Grünen

Auf einer Sichtbetonrampe unter zwei alten Bäumen schreitet man über eine Brücke auf den neuen Wohnriegel zu. Wie eine riesige Veranda wirkt der filigrane Laubengang, der die Wohnungen vor Lärm schützt und ein klassisches Element der Kurarchitektur des Wienerwalds aufnimmt, den man von den Bänken der Dachterrasse übrigens wunderbar überblicken kann.

Innen setzt sich der Freiraum fort: Unregelmäßig zugeschnittene Lufträume öffnen die Decke zum Himmel und lassen Licht durch alle Ebenen in die Küchen strömen. Sie schaffen den Türen helle Vorplätze, an denen jeweils ein Pflanztrog steht. Wie im eigenen Garten kann jeder nach Belieben säen und so die innere Hausstraße mitgestalten.

Schwungvoll keilt sich die Tiefgaragenrampe unter die große Terrasse, die eine feine Fläche für Gartenpartys bildet. Wie eine Arena geleiten breite Stufen zu den Mietergärten im Süden. Nahtlos gehen sie in den breiten Lärchenholzweg über, der sich durch den Rasen windet. Über die blickschützende Profilitverglasung der auskragenden Balkone lässt die Morgensonne Schatten tanzen. Am Nordeck wechselt die Eternitverkleidung schließlich - Kupferblech wird wird hier zum edlen Schlussstein.

12. August 2006 Der Standard

Ode an den Bogen

Auf einem Eckhaus realisierten die RaU Architekten als Planer und Bauträger zugleich ihr Ideal von zwei Dachmaisonetten. Außen sind sie in eine Kalziphaut gehüllt, innen schenkt das teakholzverkleidete Rund Geborgenheit und eine Panoramagaupe in den Himmel über Wien.

Am Anfang war die Form: Sacht gebaucht stellten sich die RaU Architekten die ideale Dachmaisonette vor. Statt im obligaten Spitz auf die Traufkante aufzulaufen, sollte sich ein großzügiger Bogen himmelwärts wölben und dem Schlafbereich bergenden Charakter verleihen. Auch darunter versprach man sich besondere Wirkung. Kompromisslos bis ins Detail wollten sie ihre Idee als Planer und Bauträger in zwei Dachmai- sonetten mit Terrasse umsetzen und eine davon selbst als Home-Office nutzen.

Der ersehnte Rohdachboden, der dazu genug Fläche und Freiraum bot, lag auf einem gründerzeitlichen Eckhaus in der Wilhelm-Exner-Gasse. Sein Dachstuhl war nicht aufzustocken, er machte einem Tonnengewölbe Platz. Im Nordwesten bietet die Backsteinfassade des WUK ein ruhiges Gegenüber, im Südosten schwenkt der Blick ins urbane Hinterland ab. Das weiche Eck der Hofinnenseite gibt dafür eine umso städtischere Silhouette preis: Über einem Meer von Dächern, Mauerschichten und Schloten ragen Votivkirche und Riesenrad hoch. Rundum mäandern Terrassen.

Tonne mit Charakter

Dezent setzt das Tonnengewölbe an den Traufkanten an und geht mit einer eleganten Volte in die neue Stahlbetondecke über. Außenmauern und Kaminwände des Bestands dienen als Auflager, Speichermasse und inneres Wandscheibenrückgrat des Wohnens, das durch große Durchbrüche in der freitragenden Glasfassade ausfließt. Wie ein Textil legt sich die ockerfarbene Kalziphaut mit ihrer zahngeräderten, maschinellen Struktur über die gewölbte Decke, frech nagt sie an der schräg gestellten Glasfront.

Fast elf Meter reckt sich die Küche der Wohnmaisonette die Terrasse entlang, dahinter liegen zwei Zimmer und ein fulminanter, doppelgeschoßiger Wohnraum. An der Kaminwand klettert die Treppe zur Galerie und zur teakholzverkleideten, schlauchartigen Bade- und Schlafhöhle hoch. Die Kinder lieben es angeblich, die bauchige Tonne hinabzurutschen.

Am überdimensionalen Hofpanoramaglas weitet sie sich zur Schlafraumgaupe, der zum Lüften zwei Bullaugen eingeschnitten sind. Die schmalen Fenster mit den zarten Profilen kommen - über die verschlungenen Pfade des World Wide Webs - aus der Schweiz; auch die mit Kühlwasser beschickbare Fußbodenheizung fanden die Architekten im Internet, einem unverzichtbaren Recherche-Tool für viele Details.

Sie selbst bewohnen die kleinere, feine Tonnenversion aus Teakholz: Unter dem Bogen mit bündig integriertem Licht ruht das Bett, im sechs Meter langen Baderaumbauch ist die frei stehende Holzwanne untergebracht. Durch spannende Perspektiven und einen Luftraum gleitet man die Stiege hinab ins Foyer, wo sich das Home mit baumelndem Kaminkessel am Küchendurchbruch vom Office scheidet. Großräumig windet es sich mit einem weiten Horizontalpanorama unterm schrägen Oberlichtband ums Hauseck.

Am begrünten Dachstreifen darüber setzt die Eckterrasse an. Den Kaminschlot zieren zarte Solarkollektoren, die sich in schimmernden Glasröhren nach dem Licht drehen. Sie spenden Schatten am freiem Himmel über Wien, ein Kreis schließt sich.

5. August 2006 Der Standard

Fernseher mit Blick ins Tal

Das spektakuläre Haus der x architekten setzt einen modernen Kontrapunkt ins Einfamilienhausmeer. Gleich einem Fernseher kragt das Schlafgeschoß in die Landschaft aus.

Lang bewohnte der Bauherr ein Haus in Perg bei Linz, wo er bis heute als Innenarchitekt arbeitet. Privat schätzt er schöne Dinge um sich und versteht die hohe Kunst, sein Leben zu genießen. Ausgeprägtes Kulturbewusstsein gesellt sich zum Freiheitsdrang des waschechten Harley-Fahrers.

Jahrelang träumte er von einem extravaganten Hanghaus mit offenen, weiten und lichtdurchfluteten Räumen. Als Zeit, Finanzen und Wille zur Neubaureife gediehen waren, fand er in Schwertberg einen Steilgrund - und in den x architekten ein Team, dessen Affinität zu dynamisch fließenden Raumfolgen genau seinen Vorstellungen entsprach.

Keller, Garage und Zaun brauchte er nicht, dafür aber ein einladendes Entree mit Carport, Home-Office, Weinlager mit Degustationsbereich und eine riesige Wohnküche zur Entfaltung seiner künstlerischen, kulinarischen und gastgeberischen Talente - mit Austritt in den Garten und Blick auf einen Pool. Die Schlafebene mit Badelandschaft sollte Rückzug und Raumreserve für ein Kind bieten. Außerdem legte er Wert auf Niedrigenergiestandard, Fitnessstudio und Werkstatt, die auch zum Parken von Rädern und seiner geliebten Harley taugen sollte.

So viel zum Anforderungsprofil, rein ins Grundstück: Dieses liegt hoch über den Niederungen alteingesessener Schwertberger Industrie und bietet aus bester Höhenlage einen weiten Blick übers Tal. Im Südwesten fällt der Hang um beachtliche 5,50 Meter. Elegant hebt ein Böschungsmauerwinkel, der sich von der Straße bis zum baumgesäumten Rasen erstreckt, das Entree auf stilvoll gestaltetes Vorplatz-Niveau.

Partitur fürs Wohnen

Als weißer Rahmen zieht sich das weit ausladende Vordach vom Carport bis hin zum eternight-verkleideten Werkstatt-Anhängsel. Durch das Garderobenglas schimmert verheißungsvoll ein dreigeschoßiger Luftraum, dahinter das Tal. Ein Oberlichtkreis erhellt die Brücke aus Akazienholz, auf der man über die Vinothek und das Büro durch eine Trennwand ins Reich des Wohnens gleitet. Eine zarte Stahlstütze und ein imposanter Stahlbetonpfeiler tragen mit visueller Leichtigkeit das gesamte Obergeschoß. Nur ein schmales Oberlichtband schlitzt die hohe Nordwand und verleiht ihr im Inneren Galeriequalität, darüber kragt wie ein Panoramamonitor die Schlafebene aus.

Blick- und windgeschützt ummauert, wendet sie ihre komplett verglaste Front der Sonne und dem Schwertberg zu. Dusche, Sauna, Ruheliegen und die freistehende Porzellanwanne, die direkt an der Glasfassade positioniert wurde, bieten höchsten Badekomfort. Selbst im Schrankraum erlahmt der Gestaltungswille nicht: Seine Decke ist raumdoppelnd verspiegelt.

Talblick in Streifen

Dem Flur schenkt ein Fensterband einen Landschaftsstreifen mit Morgensonne. Auf frei aus der Wand ragenden Akazienstufen taucht man von hier ins Wohnen ein. Wie Brückenpfeiler fassen Toilette, Speis und die Schrankwand, hinter der sich die gesamte Kücheninfrastruktur verbirgt, den Steg. Vier Schieferstufen führen hinab zum offenen Herdblock, vor dem sich das Wohnen entfaltet. Nur zwei Wandscheiben, die dem Sitzen Rückhalt bieten, unterbrechen die ausfließende Fassadentransparenz hoch über dem Schwertberg am Mühlviertelsaum.

29. Juli 2006 Der Standard

Highend für die Upper Class

Auf einem Eckgrundstück im exklusiven Cottage-Viertel plante Architekt Martin Mittermair ein Haus, das dem Wohnanspruch der gehobenen Klientel genügt. Angemessen zurückhaltend fügt sich die klassisch-modern anmutende Stadtvilla in die durchgrünte Gegend.

Eine englische Gartenstadt schwebte Architekt Heinrich von Ferstel vor, als er das Cottage-Viertel in der Nähe des Türkenschanzparks konzipierte. Seine rundum belichteten, freistehenden Stadtvillen - allesamt mit einem Vor-und Hintergarten - entsprachen jener Vision gesunden Wohnens, die seit jeher der „besseren Gesellschaft“ vorbehalten war. Prominenz wie Ludwig Boltzmann, Arthur Schnitzler und Wolfgang Pauli zog es hierher. 1872 regte Ferstel die Gründung eines Cottage-Vereins an, der bis heute über die Einhaltung der rigorosen Bauvorschriften wacht, die dem Viertel seinen Charakter geben.

Neubauten sind in dieser Gegend selten, die Nachfrage ist umso höher. Für den Bauträger GEWO-Projekt bot sich hier die seltene Chance, eine neue Stadtvilla für die Cottage-Klientel zu realisieren. Architekt Martin Mittermair hatte schon einige Highend-Wohnprodukte realisiert und kennt das Anforderungsprofil der gehobenen Klientel. Keine Experimente, klassische Hauswerte zählen: Bestand, Stil, solide Bauweise, geschützte Atmosphäre und gehobener Standard im Komfort.

Ehrwürdige Tradition

Zwischen geschichtsträchtigen Jahrhundertwende-Villen, mitten im durchgrünten Herz des Viertels, liegt die Eckparzelle an der Cottage-Gasse. Rigoros geben die Bauvorschriften Lage und Kubatur vor. Dank Sondergenehmigung ließ sich in der Dachzone ein zurückgesetztes Staffelgeschoß durchsetzen. Aus Ziegeln gemauert und mit einem Kratzputz ganz nach Tradition der Zwanziger versehen, erweist das Haus der klassischen Moderne und seinem Villenumfeld Referenz. Gelblich lichtreflektierender Quarzsand in den unteren Stockwerken und eine optisch leichtere, weiße Dachzone erzeugen den Eindruck vornehmem Understatements.

Wie die Schlinge einer Edelkrawatte wickelt sich die massive Edelstahlbrüstung um die granitverkleidete Stiege. Innen sorgen raumhohe Türen und Fenster mit blickdurchlässigen Außenjalousien für viel Licht. Die Bäder erstrahlen in weißem Marmor und türkischem Rosso Levanto. Die Küchenzeile aus südamerikanischem Markassa-Holz mündet direkt in eine Lederbank, unter der Arbeitsplatte wartet ein ausschiebbarer Servierwagen auf seinen gastgebenden Einsatz. Vor dem Wohnbereich erstreckt sich über die ganze Südlänge die Terrasse.

Die ganze Pracht der Lagegunst entfaltet sich in der Dachmaisonette: Über die ebene Nachbarwohnung hinweg wächst sie zu einem dreiseitig verglasten, loftartigen Quasi-Einraum an zwei Terrassen aus. Hier bietet das Cottage-Viertel ein exklusives Panorama vom Millennium-Tower bis hin zum Stephansdom.

22. Juli 2006 Der Standard

Oberlaa goes West

Margarethe Cufer plante das erste Wohnhaus der Thermensiedlung Oberlaa-West. Der Cufer'sche Schuss Orange darf da natürlich nicht fehlen. Das hebt die Laune.

Bei der Thermensiedlung Oberlaa hatte die Gemeinde Wien große Ambitionen. Auf dem Grundäcker-Areal entstand die erste autofreie Öko-Mustersiedlung im Niedrigenergiestandard, was so viel heißt, dass recyclebares Baumaterial, Regenwasser und Abwärme der nahe gelegenen Therme genutzt wurden. Das städtebauliche Expertenverfahren hatte übrigens Architekt Mayr-Keber gewonnen.

Als 1999 Helmut Richters 170 Meter lange, laubengangerschlossene Wohnmaschine aus Sichtbeton, Glas und Stahl fertig wurde, ging ein Raunen durch die Architektenwelt. Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt, die Radikalität der Sanftheit ist der Natur gewichen. Üppig begrünt wirkt die Fassade heute wie eine bewohnbare Lärmschutzwand.

Die Zeit großer Ambitionen scheint jedoch vorbei: Die Parzellen der zweiten Siedlungshälfte wurden pragmatisch auf die unterschiedlichen Bauträger aufgeteilt, für Mischek plante Architektin Margarethe Cufer den ersten Hof am Eck, der den architektonischen Auftakt zur Siedlung bildet.

Pragmatisch schlicht

Die wohnbauerfahrene Einzelkämpferin plant „Häuser für die Leute“, wie sie sie nennt. Das sind Gebäude, die sich durch zeitlose Ruhe, Lebensnähe und hohe Nutzerzufriedenheit auszeichnen - und nicht lediglich durch fesche Fotos in Hochglanz-Gazetten. Cufers Qualität liegt im angemessenen Umgang mit den Rahmenbedingungen. In diesem Fall waren das der Mischek-Fertigteilbaukasten mit seinen vorgegebenen Spannweiten, Fensterformaten und Wandelementen. Zu guter Letzt wurden die insgesamt 89 Wohnungen in ein Freiraumkonzept von Maria Auböck und János Kárász eingebettet: In Schichtenlinien steigt der Grüngürtel vom Teich an der Oberlaaer Straße stark an, mit mehreren Rampen arbeitet sich die neue baumgesäumte Kurt-Tichy-Straße durch die Landschaft.

Am Horizont schließlich erstrahlt der Wohnblock. Die offene Zugangsschneise ist von mehreren Luftbrücken durchzogen, die die obere und untere Haushälfte auf jeder Ebene als ein Ganzes erscheinen lassen. An jedem Eck sitzt ein Stiegenhaus, eine Öffnung in der Südwand öffnet die Loggia nicht nur ins Grüne hinaus.

Damit die Sonne die Bewohner nicht nur im Hochsommer erreichen kann, hat Margarethe Cufer das letzte Geschoß - sozusagen die Krönung des Ganzen - in einem kräftigen Orange gestrichen. In regelmäßigen Abständen sind die Fassaden von grauen Loggienelementen umfasst. Alle Wohnungen der Nord- und Südflanken sind durchgesteckt, beidseitig belichtet und mit Südloggien versehen. Die nordseitigen Laubengänge sind von respektablen Lufträumen durchbrochen, die die Blicke nicht zu nahe an den Fenstern der Bewohner gieren lassen.

Lebensnahes Denken beweisen unter anderem der groß dimensionierte Fahrradraum und die witterungssicher zugängliche Waschküche mit Blick in den hellen Kinderspielraum. Seiner hohen Lage ist zu verdanken, dass die Mieter in blickgeschützte Gärten hinaustreten können. Offen breitet sich der Grünraum bis hin zum Teich aus. Auf dem Weg dahin scheint es einen fröhlichen Dialog zwischen den Mohnblumen in der Landschaft und dem orangen Terrassengeschoß zu geben. Alles in allem ist das ein schöner Rahmen für die Natur und das Leben.

15. Juli 2006 Der Standard

Sonnengehangen, Blick gefangen

Nach allen Regeln der Kunst zelebriert das Holzhaus von Andrea und Veit Pedit-Bodvay den Ausblick - und zwar mittels Fenster und gläserner Treppen. Eine Ode an die Sonne von allen Seiten.

Als Architekten waren Andrea und Veit Pedit-Bodvay mit ihren benachbarten Lebensbereichen in der Stadt ja noch glücklich - Tür an Tür mit Wohnung und Büro. Doch mitansehen zu müssen, wie die Kinder zwischen Asphalt, Spielplatz und Beserlpark aufwachsen, war dann doch ein anderes Kapitel. Bestehende Häuser im Grünen fernab von Smog & Co erwiesen sich als unbezahlbar. Und so beschlossen die beiden kurzerhand, sich die künftige Bleibe selbst zu planen, automaßgeschneidert sozusagen.

Der passende Grund flog ihnen sprichwörtlich zu: Ein ehemaliger Bauherr hatte den oberen Teil seines Gartens mitten in Kritzendorf zum Verkauf angeboten, man wurde sich rasch einig. Der knapp 800 Quadratmeter große Grund liegt auf einem steilen Nordhang über dem Bahnhof, der da unten in der Donauau förmlich versinkt. Die Zufahrtsstraße liegt an der schmalen Südseite, der Garten offenbart einen Prachtblick über den Landschaftsteppich der Donauauen bis hin zur Burg Kreuzenstein im Norden.

Das eigene Budget sowie Ansprüche und Lebensart kannten die Architekten freilich genau: Das Haus sollte gut im Hang liegen, möglichst viel bestehenden Garten retten und trotz Nordlage nach allen Regeln der Kunst in lichtgefluteten und durchlässigen Räumen den Blick zelebrieren.

Während man als Architekt noch vom großen Loft träumt, verändert sich das Anforderungsprofil im Nu, sobald man eine Familie hat. Gewünscht waren klar definierte, eigene Räume für Eltern und Kinder sowie Gästezimmer, Arbeitsplatz und eine großzügige Wohnküche mit Ausgang zum Garten. Die Bauordnung erlaubte, direkt an der Straße zu bauen, was dem Garten durchaus zugute kam.

Vorn zwei, hinten drei

Die Antwort auf Budget und Hang war klar: zwei Geschoße im Süden und drei im Norden. L-förmige Splitlevels umgarnen raffiniert den mittig stehenden Stiegenturm. Das lärchenverkleidete Haus ist - ganz im Zeichen des Niedrigenergiestandards - aus gedämmten Holzteilen, die vorgefertigterweise eine lange Reise aus Tirol hinter sich haben und in nur vier Tagen auf ihrer neuen Fundamentplatte standen.

Raumweitend übers Eck verglast, flächenfüllend transparent oder länglich geschlitzt - die Fenster reagieren auf jeder Ebene anders auf ihre Umgebung und lassen so von vielen Seiten Licht, Luft und Sonne tief ins Haus hinein. Davor wird eifrig variiert. Einmal legt sich eine Terrasse zu Füßen des Wohnzimmers, dann setzt sich ein sonnenlichtheischender Balkon vors Reich der Kinder, ein anderes Mal wiederum führt ein steiler Weg am panoramaartigen Küchenfenster vorbei.

Eine perforierte Sichtbetonscheibe, über die das schimmernde Sonnenlicht tanzt, bildet den blickgeschützten Vorbereich an der Straße. Drei Bullaugenfenster, die im Garderobenbereich spielerisch verstreut sind, richten den Blick hinaus zum Eingang, während durch die Stiege Licht ins ganze Haus fällt. Gläserne Stufen, die an zusammengeschraubten Stahlstangen herabhängen, machen das Stiegenhaus zu einem Lichthaus. Dadurch kann die Helligkeit ungehindert ins Haus strömen. Nebenbei wird dieser Bereich gerne als erweitertes Kinderzimmer genutzt.

Die Eltern indes nächtigen im letzten Geschoß und überblicken Donauauen und Burg Kreuzenstein. Durchs Ostfenster fällt die Morgensonne aufs Bett, Vögel zwitschern. Nein, diesen Umzug bereue man nicht.

8. Juli 2006 Der Standard

Über den Wellen

Der Handelskai kann ein unwirtlicher Ort sein. Doch die Architekten Ablinger, Vedral & Partner haben im Gewusel des Verkehrs einen architektonischen Impuls gesetzt.

Parkdecks aus Betonfertigteilen säumen den heftig verkehrsumtobten Handelskai. Dahinter erhebt sich die Schnellbahn, die im sturen Fahrplantakt den Lärmpegel regelmäßig erhöht. Einem Gutachten zufolge halten die blau-weißen Züge hier die einsame Wiener Spitzenposition. Dass der Steg, der sich an dieser Stelle kühn über die Donau stülpt, justament Kafkas Namen trägt, gibt dem trostlosen Ort den Rest.

Für die Wohnbebauung auf der angrenzenden, 100 Meter langen Stadtparzelle wurde 1996 ein Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem die Architekten Ablinger, Vedral & Partner als Sieger hervorgingen. Mit einer gewissen Leichtigkeit entgleitet der Bau seinem übermäßig hohen, durchlässigen Sockel und gebietet der sonst eintönigen Blockrandbebauung des Handelskais städtebaulichen Einhalt.

Das fünfte Stockwerk wird zu einer Zäsur, zu einem luftigen Freigeschoß über den staubigen Niederungen des Verkehrs, um witterungsgeschützt die örtliche Gunst mit Blick aufs Wasser zu zelebrieren. Ganz oben schließlich schwebt der Maisonettentrakt leicht wie ein Flieger auf optisch zurückgenommenen Stahlbetonsäulen.

Blick auf die Stadt

Auf den weiten Terrassen, die nieselregensicher unter einem Glasvordach ansetzen, breitet sich ein exklusives Panorama aus, das die Stadt von der Donaucity-Skyline bis hin zum Millenniumstower weiträumig umspannt. Mit unterschiedlich vorgesetzten Loggien, offenen Balkonen, und horizontalgeschlitzten Lochfassaden reagiert der Wohnbau auf sein Stadtumfeld, bewältigt souverän den Lärm und schafft auf verschiedenen Innenhofniveaus geschützte Grünflächen und eine durchgängige Anbindung zum umtriebigen Straßenraum des wild befahrenen Handelskais.

In den neun Jahren vom Wettbewerb zur Realisierung erhöhten die Bauträger BWS und Domizil die geforderte Nutzflächenzahl um fast ein Fünftel auf über 20.000 Quadratmeter. Trotz verschärfter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gelang es, die hohe Dichte und große Kubatur in vier differenziert gegliederten Baukörpern ansprechend aufzulösen und die Anlage mit 213 Wohnungen (davon 59 Maisonetten) im Niedrigenergiestandard durchlässig - und reich an Freiräumen - umzusetzen.

Partitur aus Fassaden

Jede Blockrandseite ist anders und vermittelt den Eindruck eines immer wieder neuen Hauses: An einem Eck des Handelskais sorgen offene, glasgeschuppte Parkplätze vor dem transparenten Pennymarkt für ausreichenden Durchblick sowie für Nahversorgung und Umsatz an Menschen und Gütern. Dahinter wachsen die weiß gerahmten und voll verglasten Wintergärten mit Donaublick in die Höhe. Zwischen zwei verglasten Ateliers und mächtigen, grauen Stahlbetonpfeilern lässt sich hoch überm Wasser schaukeln und saunieren. Eine kleine Stiege führt hinunter auf den offenen Laubengang, von dem man entlang des Kafkastegs direkt auf die Donauinsel radeln kann.

An einer anderen Fassade wiederum haben sich die Architekten ein Farbspiel gegönnt. L-förmige Betonfertigteile mäandern um die Loggien an der Wehlistraße und betonen das orange gestrichene Innenleben. Ein paar kreative Mieter haben dieses in der Zwischenzeit durch andere Farben bereichert. In den Eigengärten im Südwesten der neuen Wohnhausanlage wiederum wuchert Gemüse in Beeten. Der zentrale Spielplatz - abwechslungsreich und auf mehreren Niveaus gestaltet - ist ein weiteres Indiz für eine gelungene Umsetzung des mittlerweile zehn Jahre alten Wettbewerbs-Projekts.

1. Juli 2006 Der Standard

Vom Schatten ans Licht

Steil wie eine Klamm und dicht bewachsen: Der Garten in Gablitz war zwar romantisch, dafür aber schaffte die Südsonne den Weg ins Haus nicht mehr. gerner°gerner plus zähmte das Gelände mit architektonischen Eingriffen.

Lang hatten die Bauherren Wien und Umgebung nach dem perfekten Grundstücken abgegrast, ehe sie in Gablitz endlich fündig wurden. Mit über 30 Grad Gefälle stürzte sich der verwachsene Steilhang von der Straße im Norden zu einem Bach hinab, dahinter steigt das dunkle Walddickicht auf. Der Grundkauf erforderte gewiss Mut, und davon hatte die Baufrau genug. Preis und Wienerwaldlage sprachen ebenfalls für sich.

In Folge rodete man über 30 Bäume und konzipierte mit einem Architektenfreund das neue Haus. Fast quadratisch kompakt setzte es ein Baumeister 1989 mit Thermoziegeln und Satteldach in Plan und Tat um.

Erhellung der Klamm

Doch das romantisch in- szenierte Gartenidyll in der Klamm war kaum zu nutzen. Das Kind brauchte Spiel- und Freiraum, auch die Eltern orteten Defizite. Dem Haus fehlten grundlegende Dinge wie Garderobe, Terrasse, Kamin, Bibliothek, Arbeitsraum und Licht, dem Garten mangelte es an Leben. Ein Um- und Zubau von gerner°gerner plus bereitet dem Schattendasein an der Mulde nun endlich ein südsonniges Ende. Damit das Licht vordringen kann, wurden Bach und Gelände gezähmt. Dem kompakten, weiß verputzten Bestands-Prototyp begegneten die Architekten in einer Doppelstrategie aus Untergraben und Andocken von zwei Zubauten mit Mehrwert und Charakter.

Eine weiße, fenstergeschlitzte Mauer mit Flugdach fasst das Carport, an der straßenseitigen, lichtbestückten Stützmauer führt eine Rampe zum spieltauglich gedeckten Vorplatz. Hier bringt ein rot beschichteter Zubau aus Holzfertigteilen mehr Pepp und geordnete Verhältnisse unters Satteldach.

Den Eingang markiert ein lichtes Glasvordach. Das kräftige Rot und die abgerundeten Ecken vermitteln Zeitgeist und Lebensfreude, in der Garderobe geben heller Solnhofer Stein und Kästen aus geflochtenem Leder die zum neuen Leben erweckte Designlinie vor.

Geordnet und gezähmt

Der Bach plätschert jetzt nur noch am Nebengrund, der Teich und einige der Bäume sind ebenfalls nur noch Geschichte: Stattdessen bettet sich ein reflektierendes Pool zwischen Stützmauern aus Gabionen. Vor der Südfassade gräbt sich ein transparenter Zubau mit Terrasse in den Hang, um sich mit einer einläufigen und großzügig verglasten Stiege zur Bibliothek an der Westflanke des Wohnraums hochzuschwingen. Ihm schenkt das Flachdach über dem neuen Zubau sowohl Südterrasse als auch Licht und Gartenblick.

Das architektendesignte Interieur des gesamten Gebäudes korrespondiert gut mit dem Hell-Dunkel aus Boden und Wand: Kastenelemente aus afrikanischer Nuss in hellen MDF-Rahmen, ein dunkler Tisch und ein gemauerter Kamin an der Nordwand möbeln die Räumlichkeiten etwas auf und schaffen Wohnlichkeit und Gemütlichkeit.

Leichte, horizontale Regalflächen gliedern dynamisch die buchbestückte Westwand, deren weiße Borde sich zum Schreibplatz klappen lassen. Vom scheinbar ins Grün entschwebenden Stiegenpodest gleitet man hinab in ein Dorado für Spiel und Freizeit. Wenn das Kind eines Tages dem Spielen entwachsen sein wird, kann der Zubau im Handumdrehen zur extern begehbaren Wohnung umfunktioniert werden. Gartenzugang inklusive, versteht sich.

24. Juni 2006 Der Standard

Neues Leben im Hintergarten

Frischer Wind weht durch die Innsbrucker Gartensiedlung Sieglanger: Das vom Satteldach abwärts in Aluminium eingepackte Haus von Lukasser und Röck schafft einer vierköpfigen Familie viel luftig-hellen Raum auf wenig Fläche.

Selbstverwaltete Siedlungen mit kleinen Häusern und Eigengrund zum Gemüseanbau: Mit der Kombination von Heim, Herd und Grünland dämmte die Siedlerbewegung der Zwischenkriegszeit sowohl die grassierende Wohnungsnot als auch den Hunger ein. In Innsbruck übernahm diese essenzielle Rolle die Gartensiedlung Sieglanger. Hier bereichert nun ein neues, vom oberlichtgekuppelten Satteldach abwärts aluminiumverblechtes Haus der Architekten Lukasser und Röck die alte Typologie um frische architektonische Akzente.

Sieglanger liegt im Einzugsgebiet der Westautobahnabfahrt und besteht aus nord-süd-orientierten, 50 m langen, fast 20 m breiten Parzellen mit schmucken, L-förmigen Satteldachhäusern, deren spezifische Typologie den besonderen Reiz der Anlage ausmacht: Platz sparend gekuppelt, wachsen ihre niedrigen, flach gedeckten Bauteile aneinander, was eine schöne, rhythmische Abfolge aus roten Spitzdächern und weiß geputzten Wänden ergibt. Kleine Grünstreifen säumen die Häuser, hinter denen sich der Nutzgarten erstreckt. Zum Selbstversorgen braucht man das potenzielle Gemüsegärtchen schon lange nicht mehr. Doch es ist ein kleiner Tribut, denn an leistbarem Baugrund herrscht in Innsbruck großer Mangel.

Die Stadt setzte auf innere Nachverdichtung und gestattete den Eigentümern, die Parzellen zu teilen und die freie Hälfte neu zu bebauen. So konnte sich ein Lehrerpaar mit zwei Kindern endlich das ersehnte Haus leisten, das ihnen Lukasser und Röck geplant hatten.

Idyll nach alten Regeln

27 m lang, 19 m breit, liegt der Grund im Schatten der Autobahn-Lärmschutzwand am Nordrand der Siedlung. Um den Charakter trotz Nachverdichtung zu wahren, fordern die Bebauungsbestimmungen die strikte Fortführung der alten Typologie. Firsthöhe, Neigung, Lage und Kubatur gab der Ostnachbar vor. Niedrig-flach hebt er am Südeck an, um dann mit seinem Satteldachtrakt einen Hinterhof einzufassen, der sich nordwärts zum Garten auswächst. Blickschützend fasst hier der flugbedachte Sichtbeton-Carport mit Geräteschuppen am Nordeck das Apfel- und Kirschbaum-Idyll ein.

Der so entstandene Garten ist durch eine längs gefalzte Aluminiumfassade an der Nordfront eingerahmt. Im Schrägdach sind ein paar Oberlichtkuppeln frei verteilt. Durch den Glasschlitz der weinroten Windfangbox überblickt man den offenen, zentralen Wohnraum bis hin zur Terrasse. Ein schmaler, offener Nordflur mit Mini-Toilette im Osten und raumbegrenzendem Garderobenmöbel vor der zweiläufigen Stiege im Nordwesteck erschließt die Schlafgalerie, die in den Luftraum unter der lichtkreiserhellten Dachschräge ragt und dem kleinen Haus zusätzliche Großzügigkeit bietet. Ihm schenkt der firsthohe Glasschlitz zwischen Betonplatten im Westen Licht. Im eichenparkettierten Wohnraum sorgt er für Abendsonne und für den Blick auf Straße, Kirche und Martinswand.

Im Süden und Osten raumhoch verglast, dehnt sich das Wohnen zur Hofterrasse aus und wird nur noch von den Stahlträgern räumlich gefasst. Dank Sondergenehmigung bekam der abschließende eingeschoßige Bauteil auch noch eine Terrasse und rettet so ein Stück Freiraum mehr aufs Flachdach.

17. Juni 2006 Der Standard

Gründerzeit reloaded

Trotz kleinen Budgets sorgten die exikon-Architekten beim Um- und Ausbau einer Gründerzeitwohnung in Wien für klare, neue Verhältnisse in der alten Substanz.

Wien hat viele Gründerzeithäuser: Stilzitatreich schmücken sie gutbürgerliche Bezirke mit dem Glanz alter Zeiten, ihre spekulative Kehrseite zeigt sich stadtauswärts an den kargen Zinshäusern für die soziale Unterschicht. Hier Raumfluchten und Freitreppen, dort Zimmer, Küche, Kabinett mit Abort am Gang.

Die exikon-Architekten sahen die Gründerzeit ambivalent: Einerseits spiegelt die Hierarchie aus repräsentativer Schau- und dunkler Rückseite damalige Gesellschaftsverhältnisse, andererseits bieten die soliden Häuser mit den hohen Räumen eine starke Struktur. Die Baumasse wird zur Matrix, die sich beliebig neu beschreiben, beleben, anzapfen, umnutzen, aushöhlen und updaten lässt.

Ein Objekt zur bauherrenbedarfsgerechten Umsetzung dieser Idee fand sich in der Liebhartsgasse 32, die von der hier noch sehr geschäftsbelebten Thaliastraße ins graue Ottakringer Hinterland vorstößt. Kfz-Werkstätten, Garagen und Kleinbetriebe prägen die Sockelzonen der Gründerzeithäuser, die sich bis auf wenige Baulückenfüllungen geschlossen zur Gasse reihen.

Der Bestand ist ein typisches, 1886 gebautes Vorstadthaus: eine fast schmucklose Lochfassade zur Straße, hinter den größeren Seitenfenstern sind zwei durchgesteckte Außenwandwohnungen, in der Mitte zwei Zimmer-Kabinett-Typen mit Klo am Gang. Im obersten Stock wurden zwei Einheiten frei, die sich zusammenlegen und die Option auf Erweiterung und Dachausbau offen ließen.

Freie Architektenhand

Der Bauherr schlug zu, die exikon-Architekten hatten wenig Budget, volles Vertrauen und freie Hand, um zeitgemäßen Komfort, Schlaf-Schrank-Raum und Wohnküche mit amerikanischem Kühlschrank zum genussvollen Privatleben zu zweit und mit Freunden in die Substanz zu bringen. Um eine neutrale Hülle zu schaffen, wurden alle Boden-, Tapeten- und Putzschichten diverser Vormieter entfernt, Wände weiß gestrichen und eine leichte Rigipsdecke mit Lichtspots eingezogen.

Ein neuer Estrich mit Fußbodenheizung bildet den bereinigten Baugrund der Substanz, dessen fensterreiche Sonnenseite an der Straße liegt. Hier schafft die Entfernung einer Zwischenwand den Sonnenseiten des Wohnens doppelten Raum zum Kochen, Essen, Feiern.

Schwebendes Parkett

Zwei wandflankierende, dimmbare Lichtstreifen im Boden tauchen die Mauern in einen immateriellen Schleier von Helligkeit, lassen das Merbau-Parkett schwebend wirken und zeigen, wo die alte Hülle endet und der fliegende Teppich des Lebens beginnt. Auf der Rückseite der Kaminmittelwand, gleichsam am Verkehrsweg des Hauses, zeigen zwei Mattglasscheiben in der Wand die Umschreibung der Matrix an. Bereichert um ein gläsern hell verspiegeltes, geräumiges Bad mit wellnesstauglicher Wanne und schrägem Mobiliar, wanderte das Klo vom Gang hinein hinter die sechsteilige Schiebefaltwand auf Rollen. Als weiße Fläche begrenzt sie den Vorraum, birgt aber Garderobe, Kasten, WC, Waschmaschine und den Durchgang zum Bad am begehbaren Schlafzimmerschrank in sich. Jedes Wandelement ist auch Tür und wegfaltbar, die Schienenkonstruktion von der Decke abgehängt, so bleibt die Raumhöhe immer spürbar.

Im Hof, in dem früher eine Lackfabrik war, steht nun zwischen nachbarlichen Grünoasen ein glasgedeckter Zubau für Räder und Grillfeste. Nur das letzte Zimmer an der Außenwand, einst eine Küche, hat ein Fenster zum Hof: eine bis dato nutzungsfreie Raumverheißung für alle möglichen Zwecke, vom Büro bis zum Aufstieg aufs Dach.

10. Juni 2006 Der Standard

Ruhe in Weiden

In Weiden am See haben sich viele Wiener mit Zweitwohnsitz niedergelassen. Die Architekten Heidecker/Neuhauser bauten hier einen mit Lärchenholz verschalten Monolithen, der der örtlichen Satteldachverordnung abstrakte Qualitäten abringt und optische Ruhe in der Siedlung am See verbreitet.

Viel kleiner als das umtriebige Neusiedl und das surftrendige Podersdorf, liegt Weiden als dörfliche Alternative am Ostufer des Neusiedler Sees. Typische einfahrtgesäumte Bauernhäuser, die sich an tiefen Parzellen zu Streckhöfen auswachsen, prägen den Ort.

Vor 14 Jahren mieteten sich hier die Wiener Bauherren in einer Halbwirtschaft ein, in der sich fünf Parteien in reger Sozialgemeinschaft den lauschigen Hof zwischen zwei Haus-Stall-Stadel-Zeilen teilten. Sobald es warm war, kam das Paar zu Wind, Wasser und Wellenreiten - als es den See auch im Winter für sich entdeckte, verlor der dunkle, kalte Altbau an Reiz, die Liebe zum Ort blieb.

Viele Wiener mit Zweitwohnsitz leben hier, in den 80ern wurde die Siedlung Seepark mit ganzjähriger Wohnwidmung parzelliert. Ihr südöstlicher Rand grenzt ans Naturschutzgebiet Neusiedler See, hier liegt der 18 m breite Grund, der sich 36 m zum Garten im Südwesten erstreckt.

Die örtliche Bauordnung gab eine maximale Traufhöhe von 3,50 m und ein 25-45° geneigtes, matt gedecktes Dach, die anspruchsvollen urbanen Bauherren einen strikten Kosten- und Zeitrahmen von einem Jahr für ihr 100-m2-Haus vor: nachhaltig gebaut, zeitlos modern, rasch heizbar, mit Gästezimmer, zwei Sanitäreinheiten und großem, offenem Wohnraum am Garten, mit Rückzugsnischen zum winterlichen Einigeln.

Präzise setzten die Architekten Heidecker und Neuhauser all das in einem reduzierten, rechteckigen Baukörper um. Der kosten-, zeit- und ressourcensparend gut gedämmte, kompakte Holzfertigteilbau ist bis zur Traufkante mit horizontalen Lärchenlatten umhüllt, hinter denen das Dach dem Blick entgleitet.

Die Straße im Nordosten bietet mit dem Genossenschaftsneubau, der folkloristischen Blockhütte und mächtigen Einfamilienhäusern einen repräsentativen Querschnitt. Ruhig wie ein Stadel in der Landschaft steht dagegen das Haus mit den bündig sitzenden Fenstern und der dezenten Dachdeckung aus vorbewittertem Zinktitan am zaunlosen Vor- und Parkplatz, der sich wie ein halb öffentlicher Teppich vor seine Straßenlängsfront legt.

Häuser im Haus

Als eigenes Häuschen springt der innen und außen mit grauem Eternit verkleidete Windfang Eintretenden entgegen, als Häuser im Haus stehen Sanitär-Speisbox und Kellerstiege im Einraum unterm Holzdachstuhl. Vom nordosteitigen Oberlichtband fällt die Sonne durchs Südwestglas bis auf die Terrasse.

Die nordwestliche Haushälfte ist raumgewinnend mit einem oberlichthellen Gästezimmer unterkellert, was sich in der um vier Stufen erhöhten Ebene im Einraum niederschlägt. Selbstverständlich schafft sie dem privaten, von zwei Meter hohen weißen Zwischenwänden umhausten Schlafbereich und dem gemeinsamen Wohnen/Kochen/ Essen verschiedene Raumcharaktere, die im Zwischenreich der Lesegalerie lose ineinanderfließen. Liegend ruht man hier für sich, sitzend blickt man über das podestbegleitende Sitzmöbel am Kamin in den ganzen Wohnraum.

Aus der Speisbox gleitet die Küche mit Straßenblick zum Esstisch mit dem auf Sitzhöhe eingeschnittenen Über-Eck-Panorama, das in die gläserne Gartenfront an der Terrasse mündet, wo eine Treppe der oberen Haushälfte Zugang ins Freie und viel Sitzpotenzial schafft. Sie ist, was einst der Hinterhof war: ein Ort für ausgelassene Gartenfeste.

3. Juni 2006 Der Standard

Stadtleben im Dorfanger

Am Ende von Breitenlee verliert sich Wien in Ackerland. Hier entwarfen Szedenik & Schindler eine Wohnanlage mit Mietermitbestimmung, die nach außen als geschlossene, urbane Einheit wirkt, innen aber mit lärchenholzverkleideten Hauswänden dörflichen Charakter entfaltet.

Wien kann auch sehr ländlich sein. Hinter dem mit Kirche, Pfarrgarten und niederen Hauszeilen noch sehr urtümlichen Dorfanger von Breitenlee kippt die Stadt nach einer schütteren Ortsrandformation vereinzelter Altbauten und Betriebe in ebene Feldlandschaft. Hier hatte die Firma Mischek einen der letzten Baugründe, für den eine mit 109 Wohnungen sehr dichte Blockrandbebauung genehmigt war. Zum Glück genügte sie heutigen Ansprüchen nicht mehr, was zur Neuplanung durch die Architekten Szedenik & Schindler führte.

Mehr Stadtrand geht kaum: Viele Lastwägen brausen dem Schild entgegen, das den Anfang oder das Ende Wiens bezeichnet, eine Buslinie dringt noch ans letzte Stück Breitenleer Straße vor. Sie bildet die nördliche Schmalseite der 5000 m² Parzelle, die im Westen von einem schmalen Fußweg und im Osten von der Schukowitzgasse begrenzt wird. Verloren steht ein alter Stadel im weiten Ackerland dahinter, wo sich Wien am Raps-gelben Horizont verliert.

Familiärer Schutzwall

In der bestehenden Widmung entwickelten die Architekten eine spezifische Wohnform aus zwei in je drei Baukörper gegliederten, Nord-Süd-gerichteten Zeilen um eine grüne Mitte, die sowohl der Stadt als auch ihrem ländlichen Rand gerecht wird.

Außen wirkt sie mit ihren treppen- und laubengangflankierten Stahlbetonwandkanten als geschlossene, nicht aber eintönige Einheit und setzt so ein starkes urbanes Zeichen. Von geradlinigen Fensterreihen und durchgängigen, verglasten Stiegenhäusern ruhig gegliedert, bilden sie den Schutzwall nach außen, vor dem sich das naturnahe familiäre Wohnen in dreigeschoßig terrassierten, mit Holzfertigteilwänden organisch geschlossenen Baukörpern am eigengartengesäumten, gemeinsamen Grünraum entfalten kann.

Optimal reagiert die klare, harte Hausschale um den weichen, differenzierten Kern auf das zwitterhafte Wesen des Ortes zwischen Natur und Durchzugstraße. Die dortige Nordseite mit den zwei außentreppentragenden, weißen Zeilenflanken um die Lärchenholzlattenmitte, die an Stadel oder Zäune denken lässt, wirkt wie ein Tor - und ist auch eins. Dezent taucht die Garagenzufahrt in den Gartenstreifen dahinter ein, dem ihre sitzstufengedeckte Rampe zur Arena wird.

Von hier überblickt man die einander freundlich zugewandten, lärchenholzverkleideten Zeilen, in deren Grüngartenstraße wie ein Wagon der tonnengedeckte Gemeinschaftsraum an der Peripherie der Felder steht. Von Lärm und Abgasen geschützt, entfaltet sich zwischen den terrassierten Baukörpern die lebendige Atmosphäre eines südländischen Bergdorfes. Wie dort Häuser hangwärts streben, treppen sich die 54 durchgehend Ost-West-orientierten, zweiseitig belichteten Wohnungen bis zur holzbehausten Dachgartenlandschaft die Außenkanten hoch.

Das Lärchenholz und die 5,80 m Achsmaß der trennwandbildenden, tragenden Stahlbetonscheiben bilden den klaren, gemeinsamen Rahmen zur individuellen gartenseitigen Entfaltung.

Individuelle Entfaltung

Denn die Architekten entwickelten ein komplexes Modulsystem, das die Option zur Mitbestimmung bot: Künftige Mieter konnten die 2,2 m Terrassentiefe im selben Maß erweitern oder einschränken, als Freiraum, Loggia, Erker oder Innenraum nutzen, sowie über Fensterformate und ein- oder zweigeschoßige Wohnform entscheiden.

Das bereicherte die breiten gemeinsamen Laubengänge, Mieter- und Dachgärten um Treppen und führte zu einer ungeahnten Vielfalt an Vor-und Rücksprüngen. Rundum holzverkleidete Erker treffen auf offene Terrassen, Loggien, Balkone, Veranden und blühende Dächer. Wie am Dorfanger stehen sich am Gemeinschaftsgrünraum individuelle Wohnhäuser mit eigenen Gärten gegenüber.

26. Mai 2006 Der Standard

Im Segelflug über Wien

In exquisiter Wiener Innenstadtlage schwebt der dreiseitig verglaste Querriegel über dem Gründerzeithaus. Darin findet eine ökobewusste Familie mit fünf Kindern luftigen Platz auf drei Etagen, die ein Hightech-Energiekonzept vor sommerlichem Hitzekoller schützt.

Der Luftraum über der Innenstadt ist der feinst gesponnene Stoff für Dachausbauträume, die exquisite Höhenschicht über der Wollzeile 16 ein klarer Fall für den Gestaltungsbeirat. Direkt in der Einflugschneise der Sichtachsen zum Stephansdom erstreckt sich das 1902 erbaute Haus bis zur Schulerstraße. Die Bauherren haben fünf Kinder, stets Gäste und ein starkes Ökologiebewusstsein. Sie wollten den Altbau energetisch sanieren, für Büros nutzen, selbst aber modern und offen wohnen. Drei neue Dachgeschoße waren möglich, das unterste sollte für die Kinder flexibel in bis zu vier Einheiten teilbar und später zu vermieten sein, darüber wollte das Elternpaar an viel Panorama leben.

Architekt Georg Reinberg vermutete zwischen Wienfluss und Donaukanal viel Grundwasser und fand so zum hocheffizienten Energiekonzept: Im Keller wurden ein Schluck- und ein Entnahmebrunnen gebohrt. Sie bilden den Energiekreislauf für alle Bürokühldecken und den bauteilaktivierten Dachaufbau, der auch die Abluft zur Energiegewinnung nutzt. Bei drohender Überhitzung kühlt das Brunnenwasser über einen Wärmetauscher das Gebäude, im Winter heizt es die Räume per Wärmepumpe. Mit seinen armaturbestückten Rohren wirkt der Keller wie die Schaltzentrale eines Mini-Kraftwerks.

Die Wollzeilenfassade ist klassisch komponiert: zwei Ladengeschoße unter der dreistöckig ruhigen Mitte, deren abschließende Ziergirlanden zum risalitgekrönten Traufgeschoß überleiten. Eine später eingezogene Zwischenebene hatte das ursprünglich im Erdgeschoß durchgängige Stiegenhaus geschlossen, nun kann man auf offenem Flur neben der Treppe wieder zur Schulerstraße durchgehen.

Lauschige Pawlatsche

Durch den Innenhof fällt Licht in die Traktmitte, wo sich die neue Wohnebene der Kinder mit zwei Balkonen ins Freie weitet. Über den Hof mit der lauschigen Pawlatsche hinweg kommunizieren die zwei Haushälften miteinander, der Straße zeigen sie raumhohe Glasflächen zwischen Stahlstützen, deren Neigung sich Nachbardächern anpasst.

Über der Kinderebene das Loft, dezent lugt seine Schmalseite über Wollzeile und Schulerstraße, um sich als schwebender Längsriegel über die Trakttiefe zu legen und so hoch über den Dächern die Flucht der Grünangergasse wieder aufzunehmen. Vorm betonkernaktivierten südöstlichen Wandrückgrat am Treppenaufgang scheint der dreiseitig verglaste Einraum leicht wie ein Segelflieger dem greifbar nahen Stephansdom entgegenzugleiten.

Die weiß verputzte Längsscheibe bildet mit ihren Nischen für Bad, Sanitäreinheit, Vorraum, Küche gleichsam das Infrastruktur-Panel des Wohnens, vor dem sich an ein paar Stützen der pure Luxus von fließendem Raum am fulminanten Rundumblick über die Innenstadt entfaltet, mit zwei Terrassen ins Freie weitet und so großzügig Abstand zum Nachbarn wahrt.

Chill-out auf dem Dach

Betonkernaktivierung und Grundwasserkühlung, außen liegender Sonnenschutz, Dreifach-Isolierglas, nächtliche Durchlüftung, große Speichermassen u. Ä. bieten transparente Weite ohne Hitzekoller. In der cockpitartig darüber gesetzten Chill-out-Zone mit Podest steigert sich die Hochcitylage zum Fluggefühl: Über verwinkelte Gassen, Kuppeln und verborgene Oasen auf den Dächern Wiens sieht man bis zum Schneeberg.

20. Mai 2006 Der Standard

Raue Schale, hölzerner Kern

Inmitten alter Obstbäume entwarfen die PPAG-Architekten ein Haus mit einer grauen Spritzfolienhaut. Das sperrholzverkleidete Innere entfaltet eine warme, behagliche Atmosphäre.

Die Baufrau lebt und arbeitet in Wien, ihr Glück liegt auf dem Rücken der Pferde. Oft fuhr sie zum Reiten auf den Friedrichshof, um in der Weite des pannonischen Flachlands den Alltag weit hinter sich und die Seele baumeln zu lassen. Hohes Gras wuchs über das Areal von Otto Muehls Kommune und seine bewegte Geschichte. Heute wird es von einer Genossenschaft als weltoffenes Dorf mit etwa 150 Einwohnern verwaltet. Es gibt eine Sozialeinrichtung, neue Wohnhäuser, Hotel, Gasthaus, Badeteich, Föhrenwäldchen, Pferde, Spiel-Sportplätze und sehr viel Landschaft. Für Menschen mit großem Bewegungs- und Naturdrang ist der Friedrichshof ein kleines Paradies, für Pferde auch: ihre Ställe, Koppeln und Weiden liegen am Nordsaum des Areals.

Als die Baufrau einmal aus der Reithalle trat, stach ihr der Obstgarten gegenüber ins Auge. Die Apfel-, Kirschen-, Ringlottenbäume, die sich vor Himmel, Wasserturm und puristischem Krischanitz-Hofhaus aufreihten, strahlten tiefen Frieden aus. Der Gedanke, dass sich jemand der guten Aura dieses Ortes bemächtigen und sie zerstören könnte, ließ sie ihn kaufen und flugs zur Baufrau werden.

Binnen zwei Jahren musste ein Haus draufstehen, für das sie ein Minibudget und klare Vorgaben hatte: 100 m² Wohnfläche, die mit der gewachsenen Schönheit des Gartens und ihrer Persönlichkeit in Einklang standen. Kein Baum sollte fallen, als Bauplatz blieb ein Stück Wiese im schmalen Garten, dessen südöstliche Längsseite strategisch günstig die Zufahrt säumt.

Die PPAG Architekten entwarfen eine Behausung, die wie ein friedlich schlummerndes Wesen leicht schwebend zwischen Obstbäumen ruht. Der Straße zeigt es seine graue Kehrseite, die mit gut dämmendem Zweikomponentenschaum bespritzt ist und in ihrer unregelmäßigen Struktur an gerunzelte Elefantenhaut erinnert. Wie ein Auge blinzelt das WC-Fenster aus der Fassade, unmissverständlich signalisiert die rote Schiebetür: offen oder zu.

An der Rampe in den höhlenartig grauen Vorbereich dahinter wird man schlammige Stiefel los, an der Schnittstelle aller Lebensbereiche tritt man ins Haus. Durch die Wohnraumschiebetür winkt der Garten, gegenüber das weißgekachelte Bad. Gleichsam als Mini-Arena für private Auf-und Abtritte führen differenziert gestaltete Stufen zu Schlafzimmer und Studio, wo durch große Fensterscheiben die Baumkronen schwingen und in Augenhöhe Pferde vorüberziehen. Souverän hebt sich die aufgeständerte Fundamentplatte über Schlamm und Kleingetier hinweg, um mit einem Niveausprung die private Wohnzone der ersten morgensonnenbeschienenen Baumreihe entgegenwachsen zu lassen.

Auch das raffiniert verschnittene Sparrendach, das ein archetypisches Dorfthema zur organisch anmutenden Form umwandelt, fügt sich Garten und Hauscharakter. Sein tragendes Gerippe ist eine Pfosten-Riegel-Holzkonstruktion, die sich mit Regalelementen an der Wand zur Stellfläche auswächst.

Wie das Geäst eines Baumes streben die Dachsparren mit ihren Querträgern zum weiten, schrägen Über-Eck-Panoramaglas himmelwärts. Es lässt den Garten gleichsam hereinkippen und mündet mit zwei Türen im Freien.

Vom Boden, aus dem die frei stehende Küchenzeile zu sprossen scheint, bis zur Decke ist alles mit Pappelsperrholz verkleidet und verströmt so eine ruhig-warme Behaglichkeit, vor der sich die grüne Pracht unterm weiten Himmel voll entfalten kann. Mit seinem lauschigen Leseeck unterm Diagonalsparren und der offenen Mitte am Panoramaglas wird dieser Wohnraum allein nicht zu groß, zu mehrt nicht zu klein.

13. Mai 2006 Der Standard

Kleines Haus ganz groß

Ein Einfamilienhaus mit Sauna und Büro auf 50 Quadratmeter Grundfläche: Dass die Familie sich in ihrem Kleingartenidyll in der Wiener Vorstadt trotzdem nicht auf die Zehen tritt, ist dem Entwurf des Architekten Christian Prasser zu verdanken, der jeden Zentimeter intelligent nutzt. Der Clou findet sich im Keller: Hier liegt man in der Badewanne mit Blick zum Himmel.

Der Kleingartenverein der Kulturfreunde Ottakring ist ein besonderer Vertreter seiner Art: Er besteht aus einem einzigen, südwärts leicht ansteigenden Wegstreifen, der im Norden in eine Straße mündet. Umkreist von städtischer Bebauung halten hier sechs Parzellen tapfer die Kleingartenbastion. Eine davon hatte sich der Bauherr vor Jahren für Grillfeste gekauft, doch man nutzte sie selten.

Die Familie lebte auf 100 m² in einer dunklen Altbauwohnung in Gürtelnähe, sehnte sich nach Licht und Luft, suchte ein Haus im Grünen und entdeckte plötzlich, über welch brachliegenden Schatz sie verfügte: Der Kleingarten hatte Baulandwidmung. Aus Holz sollte ihr Haus sein, viel Platz für Freunde, Schlafräume zum Bei-sich-Sein, Sauna und ein Bauherrenbüro mit Nasszelle haben, um Frau und Tochter in der Früh das obere Bad exklusiv zu gönnen.

Die quälende Sorge, auf 50 m² Grundfläche bei 5,5 Meter Bauhöhe auf Dauer genug Raum fürs gesellige Familienleben zu finden, schwand schon beim ersten Modell von Architekt Christian Prasser. Über der taghellen Dichtbetonwanne des Kellers für Sauna und Büro entwarf er ein Haus in Leichtbauweise mit massiven, auskragenden Holzdecken, von feinen, horizontalen Lärchenlatten und einem Vordachband raffiniert plastisch strukturiert.

Als vornehm Eternite-gefasstes Gestaltungselement mit Mehrwert durchzieht dieses Band s-förmig alle Ebenen. Erdig setzt es in der ausgedehnten Terrasse am Rasen im Osten an, schwebt weiter als gedeckter Längssaum die Wohnebene entlang, um sich dann zur lärchenverkleideten Nordscheibe hochzuknicken. Oben gleitet das Vordachband blickschützend verlattet den Südbalkon entlang, um nach einem Dreh ums Eck im himmelstürmenden Vordach zu enden, das in fünf Meter Höhe über den eingeschnittenen Eingang im Westen ragt.

Urbaner Auftritt

Ohne die Kleingartenkubatur zu sprengen, verschafft dieser umhüllende Rahmen dem Haus einen souverän urbanen Auftritt. Die etwa 17 Meter breite, fast quadratische Parzelle liegt zwischen zwei artverwandten Nachbarn am Gehweg im Osten, dem das Haus offen seine transparente Längsseite zuwendet. Das Spiel mit der Dimension beginnt schon am Geräteschuppen, der als verkleinertes Pendant mit Eternite-Band und keckem Vordach den Weg flankiert. Durch den Garten schreitet man über eine Metallrampe die Nordwand entlang dem fulminanten Entree entgegen.

Um drinnen und draußen keinen wertvollen Raum zu verschwenden, ist das gesellige Erdgeschoß an Terrasse und Garten dreiseitig glasumhaust. Die offene Küche mit integrierter Mini-Garderobe, Stauraum, Herd und Bar am Esstisch hat Rundumpanorama über Familie, Terrasse, Garten und Besucher, an der vordachschattigen Ostglasfront fließt sie ins Wohnen am Wandrücken der lichtdurchlässig eingesetzten Nussholzstufen.

Oben vom über Eck verglasten Podest blickt man aus luftiger Höhe am Vordach entlang über Nadelbäume zum Eingang hinab, ein Nur-Glas-Eck schenkt dem Elternschlafraum Licht und Panoramablick über ganz Wien, ein Lärchenwandteil im Osten gibt Kästen Halt und Betten Schutz, dazwischen sind horizontale Lüftungsfenster zu einem raumhohen Glasstreifen übereinandergereiht. Das Kinderzimmer im Süden hat am Lattenzaun seinen eigenen gedeckten Spezialbalkon.

Ein Oberlichtband unterm Metallsteg der Zugangsrampe erhellt das Bauherrnbüro am Nordende des Kellers, der sich an der nebenraumrhythmisierten Ostwand bis zur Wellnessoase im Erdreich erstreckt. Zwischen Pflanzen ruht hier die Badewanne am kalksteinverkleideten, Wärme abstrahlenden Lichtschacht mit Himmelsblick. Im Fluss von Haus und Terrasse bildet er den Auftakt oder Schlussstein an der südlichen Grundgrenze, wo er sich schon als indirekt von unten beleuchtete Gartenpartybar bewährte.

6. Mai 2006 Der Standard

Wohnlokomotive in Simmering

Neue Lebensgeister in einer Nachkriegs- siedlung weckt die GPA-Wohnanlage der schluderarchitektur. Bestückt mit bunt textilbeflaggten Balkonen, integriert die Anlage nicht nur die internationale Bewohnerschaft, sondern auch das Simmeringer Umfeld.

Im Norden das Simmeringer Bad, die Grabsteine Hagleitner künden vom nahe liegenden Zentralfriedhof, die benachbarte Zwischenkriegsanlage (Architekten Franz Kaym, Alfons Hetmanek) von stadtbauamtlichen Gartenstadt-Ambitionen. Am Block, der im Osten von der Weißenböckstraße begrenzt und einer Supermarkthalle nahversorgt wird, regieren der städtebauliche Raster und karge Charme der Nachkriegszeit: Ein hoher, langer Riegel bildet die Ostflanke zur Kreuzung, in seinem Windschatten lag vor kammartig stramm gebürsteten, vierstöckigen Hauszeilen eine alte Industriehalle.

Ihr Abriss machte einen mehr als 200 Meter langen, schmalen Streifen frei, der von Norden bis zur Stichstraße an Schule und Kindergarten im Süden den Block durchmaß und sich so ideal zur belebenden Neuintervention eignete. Bauträger GPA setzte auf Stadtrandverdichtung, das fruchtbare Soziotop von je 50 Prozent in- und ausländischen Bewohnern - und Architektur: Für den Neubau mit 8800 m² Bruttogeschoßfläche gab es ein Gutachten, das die Architektengemeinschaft Schluder/Kastner gewann.

Ihr Entwurf bringt alle Wohnungen unter, bereichert den Freiraum der bestehenden Siedlung und nimmt ihr keine Luft. Leichtfüßig schwebt ein 165 Meter langer, vierstöckiger Riegel über dem offenen, geländedurchflossenen Erdgeschoß. An seine Stiegen im Laubengang docken fünf sonnengelbe Punkthäuser mit je zwei dreiseitig belichteten, großen Wohnungen pro Geschoß an. Jede hat einen Balkon und Garten zu ebener Erde oder am Dach.

Hoher Wohlfühlfaktor

Menschen entwickeln Angst vor dem anderen, wenn er ihnen fremd bleibt und sie selbst sich nicht wohlfühlen: Also versucht diese Anlage in allen Wohnungen für höchste Zufriedenheit zu sorgen und bietet in selbstverständlicher Beiläufigkeit viele Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu treten. Im Nordwesten lugen die Balkone neugierig mit ihrer tiefen Längs- oder behäbigeren Breitseite aus der Riegellängsseite, Textilelemente in Gelb-Orange-Rot-Grün-Kombinationen verströmen hier eine neue, bunte Lebensenergie. Viele statteten ihr Balkonien individuell aus.

Die ost-west-belichteten Einheiten im fast sechs Meter breiten Riegel haben laubengangbegleitende Bäder und Küchen, die sich zu großen Räumen am Balkon öffnen, die Wohnungen in den Kopfteilen außerdem eine Veranda. Tragende Stahlbetonscheiben bilden die Trennwände, die Außenmauern sind aus Ziegeln. Isolierglas und Dämmung ermöglichen kostendämpfenden Niedrigenergiestandard.

Versetzt gleiten horizontale Fensterbänder durch die vornehm in graues Eternit gekleidete Fassade, die mit dynamisch gehobenem Kopfteil wie eine Wohnlokomotive der Simmeringer Hauptstraße entgegenpfeift. Darunter taucht die Tiefgaragenzufahrt ins luftig-lichte Erdgeschoß ein, schallsicher birgt der Rampenhügel einen Proberaum, von dem wie eine Arena publikumstaugliche Treppen zum Gemeinschaftsraum des ersten Punkthauses führen.

In die tragenden Sockelscheiben sind Löcher gestanzt, die zum Spielen und Durchblicken animieren, rund um die lose eingestreuten, profilitverglasten Elemente wie Fahrradbox, Kinderspielraum und Waschküche mäandert der vom Büro Hallamasch mit Treppen, Rampen, Podesten und Spielplätzen anregend gestaltete Freiraum, der mit dem Gelände ans Nachbargrün emporwächst und um die Punkthäuser zum Eigengarten wird.

Die südwestsonnengeflutete vielfältig nutzbare, kommunikative Passage für alle klettert weiter über den offenen Laubengang, wo Profilitglas mit kindgerechtem, zweitem Haltegriff vor den Eingangstüren subtil eine privatere Zone markieren. Mit eigenen oder mietbaren Gärten, gemeinsamem Grillplatz, Sauna und Dampfbad endet sie am Dach mit Weitblick über Wien.

30. April 2006 Der Standard

Eine Bühne für die Jahreszeiten

Eine Hügelkuppe in Gschwandt krönte Architektin Christa Buchinger mit einem eleganten Haus, das mit seiner lang gestreckten Südterrasse vor der Küche, dem Südbalkon und der schrägverglasten Sauna im Keller viele Möglichkeiten bietet, den Ausblick auf Badesee und Traunstein-Kulisse zu genießen.

Einmal im Leben wollte sich der Bauherr sein eigenes Haus bauen, erste Überlegungen dazu stellte er mit Architektin Christa Buchinger vor zwölf Jahren an. Im Wohnort Gmunden war Baugrund zu teuer, seine Lebensumstände änderten sich, Erfahrung und Selbsterkenntnis präzisierten das Wissen um seine Wohnbedürfnisse: fließende Räume, die traute Menschen und Landschaft offen aufnahmen, ihm und seinen Töchtern viel Platz, Luft, Licht, Natur, Garage, Büro und Fitness boten.

Die Eltern hatten über ihrem Bauernhof ein Stück Land. Es liegt auf einer Hügelkuppe zwischen Feldern, Obstbäumen, Wäldern und mächtig walmbedachten Gehöften am Ortsrand von Gschwandt. Als der obere Grundstreifen die Baubewilligung bekam, legte Christa Buchinger los: Elegant gleitet das flachgedeckte Haus die Hügelkuppe entlang. Vom schräg belichteten Keller bis zur terrassenreichen Südfront am Schwimmbiotop wird es auf jeder Ebene zur Bühne für Leben und Landschaft.

Energiesparhaus

Geschlossene Nord-Ost-und Westseite, 20 cm Wärmedämmung, großflächige Isolierverglasung im Süden und Erdwärmenutzung bieten weitläufiges Wohngefühl im Niedrigenergiestandard.

Das Eternit-Platten verkleidete, fenstergeschlitzte Bauherrenbad und das Büro im Norden stoßen auf den gläsernen Haupteingang, durch den ahnungsvoll die Landschaft winkt. Darüber landete ein anthrazitgrauer Eternit-Quader am Flachdach. Hier ist das luftige Reich der Töchter: Boden und Möbel aus weiß gebeizter Lärche, ein Bad mit Aussicht, zwei Zimmer mit Südbalkon, ein Raum an Morgensonne und herabgleitender Stiege.

Am Durchgang zwischen Garage und Haus lockt eine Betonscheibe mit Blickschlitz zum Weiterschreiten auf die Südterrasse am Schwimmbiotop, vor dem sich vom schroffen Traunstein-Profil bis zum Höllengebirge ein imposanter Gebirgszug entfaltet.

Im Norden umrahmen Glasbänder mit Lüftungsfenstern und ablagetauglichen Brüstungen die sanften Hügel des Alpenvorlandes. Eine Mattglasscheibe über der Nussholzregalwand lässt Südlicht ins Büro einfallen und den Wohnraum erahnen. Lichtdurchlässig zwischen zarte Metallwangen gesetzte Lärchenstufen führen nach oben, an ihrem semitransparenten Regalwandrücken gleitet man ins Wohnen. Beidseitig Über-Eck verglast, zelebriert der lange, wandscheibengegliederte Einraum an der Terrasse unterm auskragenden Flachdach das Naturerleben im Wandel der Jahreszeiten.

Die Eckbank am hellen Regal mit Fensterkreis in der Küche variiert ein urländliches Thema, die Herdzeile mündet in der windgeschützten, gedeckten Sitznische im Freien, von der eine Glastür zum Esstisch hineinführt. Einander, Teich, Berge und Regionalbahn im Blick, sitzt man drinnen und draußen.

Hinter Glas lodert das Feuer in der Kaminwand zwischen Essen und Wohnen, die Schiebetür ins Schlafzimmer ist meist offen, die Rückwand des Bettes der Beginn des Schrankraums, dahinter das Bad mit Hausruck-Blick. Barfußfreundlich beheizt, unterstreicht der durchgehende Schieferboden die Weite des 2,70 m hohen Raums.

Im Westen fällt die Wiese zum Nachbarn ab, hier spendet ein Kirschbaumhain Blickschutz und Schatten. Dahinter weitet sich die verglaste Kellerschmalseite zur Terrasse, das Saunaglas treppt sich mit dem Gelände im Süden hoch. Der Lebenstraum wurde gut.

22. April 2006 Der Standard

Lärchen pflastern seinen Weg

Die alte Turbine und der Parkplatz des elterlichen Sägewerks brauchten eine Überdachung, der Bauherr endlich eine eigene Wohnung. Viel Holz und Eigenleistung steuerte er dem Zubau bei, den ihm Gerhard Blasisker plante.

Absam ist ein typischer kleiner Tiroler Ort in der Nähe von Hall: mächtige neue Häuser mit mächtigen Satteldächern vor mächtigen Bergen, dazwischen ein paar uralte schindelgedeckte Höfe und grasende Kühe. Ob im Wald, an Zäunen, Scheiten, Balkonen, Türen, Fensterläden, Stadeln, Schindeln: Holz prägt Landschaft und Dorf.

Der Bauherr und seine Eltern leben davon: Sie besitzen ein Sägewerk. Es liegt an einem asphaltieren Platz zum Liefern und Laden zwischen der Rudolfsstraße im Süden und dem ansteigenden Waldhang im Norden, aus dem der Bach herabstürzt, der die Existenz des Betriebs begründete und die Strom generierende Turbine am Nordosteck des Parkplatzes speist. Das weiß verputzte Lager hinterm alten Sägewerk an der Straße wurde mit der Zeit um zwei Holzgeschoße zum tirolerbalkonflankierten Wohnhaus aufgestockt, in dem der Bauherr bei den Eltern lebte. Das war ihm zu nah und rarer Baugrund zu teuer. Als die alte Turbine überdacht werden musste, wollte er sich damit auch seine eigene Wohnung schaffen.

Architekt Gerhard Blasisker plante ihm einen Zubau, der wie ein Bügel am zweiten Altbaugeschoß andockt und mit einer Betonstiege im Westen aufsetzt. Raumplastisch differenziert, schwebt diese belebenswerte Wohnbrücke mit schmalem Dachterrassenaufsatz nun witterungsschützend über den Parkplatz. Ihre Plattform führt zu Turbinenturm und Wohnung, wo sie sich im Westen zum gedeckten Balkon mit Blick übers Zuliefergeschehen weitet.

Die Umhausung der Maschine wird zur Behausung des Menschen. Großteils aus Lärchenholz, fügt sie sich stimmig an den Altbau und ins Sägewerksambiente. Die verfügbaren 9,5 Meter überm Parkplatz zwischen Haus und Turbine waren so knapp bemessen wie das Budget, was der Bauherr mit sehr viel Holz, Eigenleistung und dem Lebensprinzip „schlicht-klar-funktionell“ mehr als wettmachte.

Puristische Präzision

Der Zubau ist ein Meisterwerk raumgestalterischer Präzision, nichts reiner Selbstzweck, alles hat Sinn. Auf zwei parkplatzbegrenzenden Wandscheiben ruht die Betonplattform mit dem Miniholzhaus, jeder Baum ist vom Bauherrn selbst ausgesucht, geschnitten und verlegt.

Man betritt die puristische Box am Stiegenpodest, wo sich der Abstand zwischen den Lärchenlatten verbreitert, sodass man zum Nachbarn spähen kann und Ostlicht ins überseckverglaste Innere schimmert. Ein Niveausprung von 50 cm im Betonboden teilt den Raum in höhere Ost- und niedere Westhälfte.

Ihr Ostende mit dem weißen, gemauerten Kaminwürfel am kältesten Punkt bildet eine blickschützende Garderobe, Herzstück des Raums ist die u-förmige, multifunktionale Holzmöbelskulptur an der sitzbankbrüstungsflankierten Nurglasfront. Ihre stauraumbergende, hölzerne Längsflanke um drei zarte Stahlstützen gibt dem Wohnen an der offenen Fenstermitte eine gewisse Intimität, die von drei atmosphärischen Oberlichtkreisen betonte Westflanke bietet per Stereoanlage die entsprechende Beschallung, ihre Küchenzeilenrückseite mit Herd liefert die kulinarische Begleitung. Unmerklich ist der Stauraum hinter weißen MDF-Platten ins westliche Wandfeld vor der Balkontür beim Altbauanschluss integriert.

Idyll an der Turbine

In der Osthälfte sind zwei Zimmerboxen mit Nordlicht, raumschonend schmiegt sich der an Boden und Wand moosgrün verflieste, natürlich belichtet und belüftete Sanitärbereich um die kleine Treppe aufs Dach. Schmale Holzstufen, unter denen sich noch etwas unterbringen lässt, führen zwischen moosgrünen Wänden in die von einer runden Oberlichtkuppel erhellte Schlafbox: An der Turbine, hoch überm Sägewerk tut sich an der lärchengelatteten Flachdachterrasse ein lauschig-verstecktes Gartenidyll vor Bach und Bergwelt auf.

15. April 2006 Der Standard

Das Haus hockt auf dem Haus

Rüdiger Lainer reanimierte ein abgewohntes Stadthaus aus dem Biedermeier in der Favoritenstraße mit klar abgesetzter, dreistöckiger aluminiumschillernder Dachzone, offenen Wohnungen am grün umrankten Laubengang und einer großzügigen Halle für Einkaufe und Fitness im Innenhof. Mit Tageslicht und Musikbeschallung steigert die Tiefgarage die Besucherfrequenz.

Schleichendes Geschäftssterben, flaue Publikumsfrequenz und Autoabgase tauchen die Favoritenstraße in graugetönte Lethargie, im Sog des Südbahnhofs droht das feine Botschaftsviertelflair um Belvedere und diplomatische Akademie zu ersticken. Zeitversunkene Stille bieten Café Goldeck und Elisabethkirche am lauschigen Platz, beste Verkehrsanbindung U1, Bus und Bim.

Das städtische Zinshaus am Eck zur Karolinengasse mit Läden im Sockel und drei Wohngeschoßen wurde 1844 erbaut. Zwei zwölf Meter tiefe Trakte säumen die Straßen und fassen mit der sechs Meter schmalen Südflanke einen großen Hof ein, der im Osten ins grüne Hinterland des Nachbarn übergeht. Beides gehört der Sigma Pro-Projektentwicklungs GmbH., die mit Sanierung und Ausbau der abgewohnten Substanz durch Architekt Rüdiger Lainer exemplarisch Haus und Hof aufwerten und mit neuer Betriebsstruktur, Wohnungen und Garage frequenzsteigernd beleben wollte.

1944 hatte eine Granate ein Loch ins Dach gerissen, die provisorische Nachkriegsdeckung war morsch, die Mauern durchnässt. Im Südtrakt mussten alle Geschoßdecken erneuert werden, das Dach kam weg und wurde mit 22 Wohnungen aufgestockt. Die Tragstruktur des Bestands bilden straßen- und hofseitig regelmäßig von Fensterachsen durchbrochene 90 cm dicke Außenmauern, die sich oben bis 45 cm verjüngen.

Westlich der mittigen Kaminwand liegen große Wohn-, im Osten die Nebenräume und eine gewendelte Stiege am hofseitigen Erschließungsflur, der in die Seitenflügel mündet. Ein gelber Lift, orange Wände und die weiße, abgehängte Decke mit allen Leitungen zur Aufrüstung bringen Infrastruktur und Frische in den Bestand, sanierte Einheiten haben orange Türboxen.

Als „Haus am Haus“ folgt die Aufstockung mit gewichtsreduzierend fensterdurchbrochenen, 20-cm-Stahlbetonmauern und mittiger Installationswand der Logik des Altbaus. Seine Nebenstiege im Süden führt eine leichte Wendeltreppe fort, die den neuen Laubengang im Hof erschließt. Er wird zum grünumrankten Freiraumgerüst vor ost-westbelichteten, neuen Wohnungen. 2,5 Meter lange, leicht ansteigende Stege bilden terrassenartige, private Eingangsvorbereiche und lassen viel Licht herein.

Die Fenster zum Hof haben eine schützende Brüstung, zur Straße sind sie raumhoch, Wohn- und Schlafbereiche an den Sanitärkernen teils ost-und westseitig orientiert. Parkettfurnier, vertikale und horizontale Mattglasbänder zu den Bädern und 2,68 m Höhe lassen sie groß wirken.

Feinabgestufte, auskragende Gesimskanten markieren den Beginn des Dachaufbaus und bilden einen akzentuiert leichten Eckaufsatz aus. Perspektivisch und lastverteilend lösen sie seine Masse auf.

Raumhohe Fenster und je eine Rundsäule vor terrakottafarbigen Wandscheiben, die von einer aluminiumgegossenen Girlandenstruktur überzogen sind und als feinschillernde Stadthauskrone wirken: Sie nehmen den Rhythmus der Biedermeierfassade auf und bilden einen plastischen Kontrast zu deren flächiger Putzstruktur.

Blick zum Blasenbaum

Ganz oben nähert sich der Zubau hinter Rasenband und Schrägverglasung mit einer Terrasse dem niederen Ostnachbarn. Im verglasten Entree stellt sich zeitübergreifender Stadtbezug ein: Den hellen Gang zur orangen Stiege mit alter Madonna ziert ein reproduziertes historisches Foto mit Menschenschlangen vor Damenschneider und Fischhändler. Klassische Musik tönt hier und in der Garage, wo unterm freigelegten Kellergewölbe mit Sicht ins Freie geparkt wird. Fisch lockt heute keine Massen mehr an, ins Erdgeschoß der neuen Halle im Hof zog eine Hofer-Filiale. Im Großraum darüber trainiert man die Rückenmuskeln im Kieser-Studio mit Blick zum Blasenbaum.

8. April 2006 Der Standard

Wie ein Auto soll es sein

Das nomadhome ist eine aerodynamisch geformte, modulare Homebase für die Nomaden des Hightech-Zeitalters. Es passt sich allen Bedürfnissen an und geht sogar auf Reisen.

Das Leben freiberuflicher Dauerläufer ist ständig im Wandel: Mit dem Job ändern sich Wohnort, Finanzlage und Privatleben. Irgendwann aber packt auch Stadtnomaden die Sehnsucht nach dem Eigenheim mit Gartengrün. Meist erstickt die Aussicht, sich für Jahre an Rückzahlungsraten und einen Ort zu binden, den Wunsch im Keim.

Innenarchitekt Gerold Peham gab nicht so schnell auf: Er überlegte, welches Haus ihm temporär Geborgenheit bieten könnte, ohne seine frei schweifenden Lebenskreise zu stören. Preiswert, schick, je nach Raumbedarf erweiter-und leicht transportierbar, sollte es sich wie ein Zelt dort aufschlagen lassen, wo es ihn hinziehe. Die Idee war zu gut für ihn allein, sein Jungunternehmerinstinkt regte sich: Wie ein Auto wollte er sein nomadhome aus vorgefertigten Teilen mit individuell wählbarer Oberfläche und Ausstattung produzieren.

Damals arbeitete er im Büro der Architekten hobby a.; Walter Schuster und Wolfgang Maul waren die Experten für die Umsetzung konstruktiv-baulicher Details, sie hatten schon für Eva und Fritz auf einem Pachtgrund ein cooles, leicht auf- und abbaubares Hausobjekt entworfen (DER STANDARD, 9./10. 10. 2004).

Gemeinsam entwickelten sie ein Modulsystem: 2,5 m hohe, 4,65 m tiefe, gebogene Stahlprofile bilden die raumgebende Tragstruktur, zwei davon die 2,5 m breite Grundeinheit. 2800 kg schwer, passt sie auf jeden Lkw. Nahtlos gleitet der C-Querschnitt vom Boden in die Rückwand und weiter in die Decke; die offene Mitte und Seitenteile lassen sich ausblickweitend mit Glas oder kompakt durch ein zweites Modul zur Gesamttiefe von 9,3 m schließen.

Mit einer schwungvollen Entree-Schleife aufgeputzt, leisten zwei davon im Jubiläumsjahr als „Mozart-Info-Lounge“ in Salzburg Ticket-und-Pressezentrum-Dienste, zum Wohnen braucht es mindestens vier Module. Mit 23 cm Wärmedämmung, Hinterlüftung, Isolierschicht, Elektro- und Installationsrohren infrastrukturell ausgepolstert und ausgetüftelten Anschlüssen versehen, lassen sie sich leicht zusammenstecken, mit Windfang-, Terrassen-oder anderen Modulen ergänzen und fast überall aufbauen. Einzig ebenen Grund, Kanal-und Stromanschluss braucht der Haus-Nomade zum Verankern. Parkplätze, Garagen, Flachdächer eignen sich wunderbar, Trägerroste und Holzpfähle tun's auch. Freigeister mit Autarkie-Drang versorgen ihr nomadhome per Autark-Box-Modul mit Solarenergie, Wasser und Fäkalientank.

Für den eigenen Prototypen in Seekirchen bei Salzburg leistete sich der Bauherr eine um drei Module erweiterte Minimalvariante, die L-förmig eine 33-m2-Terrasse aus so schönen wie preiswerten Lärchenholz-Fassadenelementen umfasst. Er wirkt mit seinen 2,50 m Höhe zwischen pastellfarbenen Satteldachhäusern wie ein exquisiter Zaungast von einem anderen Stern.

Keck ragt der Windfang aus orangen Kunststoffwabenscheiben, einem Nebenprodukt der Skiindustrie, aus der silbernen Alucobond-Fassade, die sich wie ein Neoprenanzug um die C-profilierte Hauskarosserie legt. Aerodynamisch schmiegt sich der Boden zur glasgeschlitzten Rückwand und Decke, fließend öffnet sich der Raum auf drei Nurglas-Seiten zur Terrasse. Das Interieur designte Peham selbst: Schränke auf Rädern, Schiebeelemente, die auf-/wegklappbare Küchenbox u. Ä. machen aus spaci- gen Möbeln multifunktionale Raumteiler und lassen so auf 77 m² mehr als genug Luft.

1. April 2006 Der Standard

Alt und neu im Lärchenholzkleid

Zubau für Generationen: Der Altbau birgt Schlafräume und die Garçonnière der Mutter, gewohnt wird im neuen Haus mit Pool, Einraum an der Terrasse mit Weitblick und Studio auf dem Dach.

Sein Alltag als Mediziner fordert dem Bauherrn äußerste Konzentration und Einsatz ab, auch seine Frau ist im Krankendienst tätig, Entspannung finden beide in der Natur. Sie hatten eine Altbauwohnung in Graz und ein Wochenendhäuschen in der Südsteiermark gemietet, auf Dauer wurde das Pendeln finanziell und zeitlich zu aufwändig.

Da entdeckten sie einen 1700 m² Grund in einem Vorort von Graz, der Stadtnähe und Landgefühl in sich vereint: Frische Almluft umweht den steilen Hang mit den vielen Wanderwegen, wo der Schnee länger liegen bleibt. Im Nordosten führt eine Straße bergwärts, hinter einer Kehre versteckt zweigt die Zufahrt ab. Die westliche Grundgrenze säumt ein Wäldchen, davor treppt sich ein Gebirgsgarten hangabwärts.

Doch der ideale Ort hatte einen Haken: Ein Punkthaus aus den 60ern stand drauf. 8,52 m breit, 10,47 m lang: kleine Zimmer mit je einem Fenster, Betonbalkon vorm Wohnraum im Südosten, darunter ein Keller mit Garagenzufahrt, darüber ein flaches Satteldach. Das Haus entsprach weder heutiger Bautechnologie, noch Geschmack und Bedarf der Bauherrn.

Zum Wohnen war es ihnen zu finster und zu klein, zum Abreißen trotzdem zu schade. Sie machten sich architektenkundig, pragmatisch klare Holzhäuser gefielen ihnen und führten sie ins Büro von Reinhard Schafler. Das Paar liebt die Weite der Wüste und natürliche Materialien: Als blickgeschütztes Refugium im Hang sollte ihr Haus mit dem Altbau und der Natur verwachsen.

Traumlage mit Haken

Sie wollten einen großen, verdunkelbaren Wohnraum am Garten, wo sie mit Freunden essen und ihre Dias so lichtecht genießen können wie den Weitblick über den Hang, der sich vom Grazer Schlossberg bis zu den steirischen Voralpen erstreckt. Auch brauchte er ein Arbeitsstudio, sie wünschte sich für ihre Mutter eine Kleinwohnung im Hausverband, wo diese autonom leben konnte, wenn sie zu Besuch oder später für immer zu ihnen käme.

Der Altbau wurde von Satteldach, der dunklen Stiege im Nordwesteck und Zwischenwänden befreit, wärmegedämmt und mit einer Fassade aus horizontalen Lärchenholzlatten neu eingekleidet, die nahtlos als gemeinsames Gestaltungselement in den Neubau übergeht. Wie aus einem Holz geschnitzt, reihen sich der sanierte Altbau zum Schlafen und das neue Haus zum Wohnen aneinander.

Im Erdgeschoß an der Nordrückwand ist die offene, zweizeilige Küche, über deren Bar man auf den Tisch für zehn Personen blickt, zwei Stufen darunter liegt der Wohnbereich an der über den Hang auskragenden Terrasse. Der Niveausprung schafft dem Diaprojektor die Idealhöhe zur Projektion an die Mittelwand zwischen zwei verglasten Raumecken und dem offenen Einraum eine klare Zäsur zwischen Essen und Wohnen. Dem Studio darüber mit dem ausladenden Vordach auf zwei zarten Säulen schenkt die Wohnraumdecke eine Terrasse mit Höhenpanorama.

Abschluss der funktionell klar gegliederten Holz-BauKörperformation bildet der Pool, der sich im Nordwesten in den Hang schmiegt. Eine Stiege führt vom Wasser auf ein Terrassenplateau an der Glastür beim Esspodest, das auf einer Ebene in den hangwärts offenen Gang mit der Treppe gleitet. Sie verbindet und erschließt beide Hausteile und machte im Altbau unten einem großzügigen Entree und oben zwei geräumigen Bädern Platz. An der durchgehenden Terrasse im Südosten liegen das bauherrliche Schlafzimmer und die Garçonnière: ein großzügiger Wohnraum mit Miniküche und Schiebetür zur Bettstatt.

25. März 2006 Der Standard

Das Haus mit dem Speicherkern

Für das Verwaltungsgebäude der Bundestheater in Haringsee ent- wickelte Gerhard Steixner sein „Solar“-Konzept weiter: Sport- lich-leicht schwebt ein verglaster Raum vor seinem Betonkern- Rückgrat und bietet Büros und Events den idealen Rahmen.

Als das Arsenal zu teuer wurde, verfrachteten die Bundestheater ihr Depot nach Haringsee. Etwa 40 km östlich von Wien fiebern die Kulissen dort nun in 30.000-m²-Hallen dem Bühneneinsatz entgegen. Ohne Aufsicht wollte man sie nicht lassen, der rege Kunst-Trans-LKW-Verkehr zwischen Wien und Haringsee bedurfte eines Verwaltungsbüros, das selbstredend das bauherrliche Kulturverständnis vermitteln sollte.

Das Angebot des Totalunternehmers enttäuschte, Architekt Gerhard Steixner überzeugte mit einer wesentlich eleganteren Alternative. 1989 hatte er mit Georg Driendl den „Solar I“-Prototypen realisiert. Dessen innovatives Konzept besteht aus der Kombination eines massiven Speichermassekerns mit vorgefertigten Leichtbauteilen, was rasch liefer- und baubare, preiswerte Haus-Unikate ermöglicht. Individuell geplant, handwerklich vorgefertigt, energieeffizient - nach dem Solar-Prinzip hatte Steixner einige Einfamilienhäuser entworfen. In deren privatem Nutzungsspektrum war das Edelpotenzial des Energie sparenden Kontrastprogramms aus massivem Kern und Leichtbau nicht ausgereizt. Gerhard Steixner witterte Morgenluft. Denn Bauherr „art for art“ war im Raumprogramm sehr offen, bei Architekturanspruch und Kosten umso bestimmter. Am Zufahrtskopf des Areals sollte die Verwaltungsleitstelle der Hochkultur auch Baukultur ausstrahlen, als Acht-Personen-Büro und stilvoller Rahmen für Events nutzbar sein.

Funktionale Anmut

In nur zwei Monaten Bauzeit entstand auf Bundestheaterboden ein „Solar“-Typ in unverfälscht nutzungsneutraler Reinform: ein bestechend funktionaler, kleiner, feiner Bau von tänzerischer Anmut.

Seine Form resultiert aus dem Inhalt, die besondere Ästhetik aus konsequent konstruktiv optimierten, kostenreduzierend klaren Details. Als haltgebendes Rückgrat und Träger aller Basisfunktionen wirkt die schwarz gefärbte Betonwand im Norden, der glasumhauste Wintergarten davor birgt stringent schlüssig Erschließung, Haustechnik, Sanitärkern und Küche.

An einer blickweitenden Scheibe gleitet die Fertigteilstiege hoch, wie durch ein Prisma gebündelt fällt durchs obere Schrägglas die Südsonne auf die Wand, deren energieabsorbierendes Schwarz die Effizienz der Betonkernaktivierung steigert. Davor schwebt auf einer Massivholzdecke ein transparenter Einraum, der fast alles kann: zwischen leichten Holzstützen Raumhoch fix verglast, vier Meter auskragend, sportlich an Zugstreben abgehängt. Fließend rund biegt sich das Glas am Konvektorband ums weiche Eck, witzig konterkariert von einem rudimentären Lüftungssystem: Acht schmale Türen unterbrechen den Glasfluss, bei Hitze öffnet man sie einfach.

Der ruhige, offene Raum mit der leuchtröhrenbestückten Birkensperrholzdecke und dem tragenden Massivholzboden bietet Kulturevents einen bezugsreichen Panoramarahmen. Sein rundumlaufender, absturzsichernder Handlauf ist sogar balletttauglich, leitungsführende Bodenkanäle ermöglichen Büronutzung, Zwischenwände die bedarfsweise Unterteilung zur Zelle.

Klimapufferzone

In beiläufiger Selbstverständlichkeit schafft die aluminiumverkleidete, indirekt beleuchtete Deckenuntersicht auf zwei Stützen dem Entree einen gedeckten Vorplatz. Rechts ein kleines Büro, links führt eine Fertigteiltreppe über die schwarze Speicherwand auf die Plattform in der Klimapufferzone, wo Sanitärboxen und Kochnische an den Raum andocken, der so souverän vor den Hallen aufsetzt und über ihren Inhalt wacht.

Zum blick- und lichtreichen Wohnen eignet sich der mit Keller, Balkon, Trennwänden u. Ä. ergänzbare Typ natürlich auch: Ein Bauträger kaufte das Konzept, das erste Musterhaus ist im Werden.

18. März 2006 Der Standard

Im rechten Augenblick

In der Auslage ihrer von LOOPING architecture entworfenen Parterre- Praxis arbeitet die Kinderaugenärztin und setzt so ein lebendiges Signal in die Umgebung.

Beschwerden, Unsicherheit, leise Angst und Überwindung begleiten oft den Weg zum Arzt, der Beigeschmack notwendigen Übels haftet vielen Ordinationen an. Sprechstundenhilfen an karteikartenbestückten Tresen, musternde Blicke, gedämpfte Stimmen, weiße Arztkittel und schwere Türen erzeugen eine Atmosphäre, die Kinder mehr verstört als Erwachsene.

Ihre Praxis sollte ein entspannter Ort ohne Schwellenängste sein, Termine unbürokratisch direkt vereinbar, beschloss eine auf Kinder spezialisierte Augenärztin. Also suchte sie ein leeres Geschäftslokal im Erdgeschoß. Gleichsam in der Auslage für jeden sichtbar, wollte sie hier mit einer offenen, barrierefreien Ordination an Umgebung und Patienten ein einladendes Signal senden. In einem zweistöckigen Biedermeierhaus in der Albertgasse entdeckte sie einen verwaisten Laden, der einige Branchenwechsel hinter sich hatte. Die Besitzer freuten sich über mehr Kinder und Leben im Haus, sie mietete sich ein, ließ sich von der Zeichnerin Reinhilde Becker ein fröhliches Logo entwerfen - und hatten damit ihre Architekten gefunden: Reinhildes Schwester Eva Becker und Christa Stürzlinger von LOOPING architecture.

Das Architektenteam hatte bereits ein mobiles Bar-Tool und einige Umbauten realisiert, die mit klugem Interieur auf wenig Platz viel Raum schaffen. Das war auch hier gefragt, denn das Budget war klein und das Anforderungsprofil an den winzigen Laden in der Josefstadt umfassend: zwei ca. 3,5 Meter breite, kaum fünf Meter tiefe Räume an der Straße an hohen Schaufenstern und Teeküche.

Die Ärztin arbeitet mit einer Orthoptistin zusammen, beide brauchen ihren eigenen Platz und Therapiebereiche, im Behandlungsraum sollte es eine Besprechungszone, die Sehtest-Messdistanz von fünf Meter, Wickeltisch und Mini-Archiv geben, der Warteraum viel Bewegungsspielraum und die Garderobe auch Kinderwägen Platz bieten.

An der denkmalgeschützten Fassade regiert die feine Klinge: das helle Grau von Wandsockel und Holzrahmen nimmt den Farbton von Kopfsteinpflaster und Häusern auf, die Tür bekam einen Lüftungsflügel, die Fenster Isolierglas, im Jalousienkasten ist die Beleuchtung integriert.

Innen spielt der augenschonend hellgrüne Kautschukboden eine raumgestaltend tragende Rolle: Eben befahrbar, breitet er sich am Eingang zur kinderwagentauglichen Garderobe aus, um sich an der behindertenfreundlichen Rampe zum reduzierten L-Bankprofil zu knicken, das als räumlich-funktionale Demarkationslinie den Beginn der Wartezone definiert.

Frech-rotes Leder

An der Seitenwand setzt hier im komplementärfarbenen Rot eine Lederlehne zum Rückhalt bietenden Eckschwung auf die Bank mit den frech-roten Ledersitzen gegenüber an. Klar fassen die korrespondierenden Reihen eine freie Bodenmitte ein. Vier Lederwürfel an der Wand lassen sich beliebig besetzen und im Raum verteilen, der Boden mit roten Markierungen wird zum Instrumentarium der Orthoptistin. Sie nutzt ihn als zwanglosen Therapiebereich für spielerische Übungen vordiagnostisch mit und stimmt so die Patienten auf die ärztlichen Untersuchungen ein.

Tisch mit Glasauge

Eine Schiebetür bildet den fließenden Übergang in den Behandlungsraum, wo einen der Besprechungstisch an einer archivbergenden Wandnische empfängt: ein rundes Biedermeiermöbel mit eingefasster Glasplatte, die an ein Auge erinnert und Bezug zum Altbau aufnimmt.

Wickeltisch und Geräte rollen auf Rädern, am Fenster liegen die zwei Arbeitsplätze mit Blick auf die Straße. Passanten winken herein, durch einen Mauerdurchbruch hat die Ärztin den Warteraum im Visier, bedarfsweise bieten Jalousien Schutz. So leicht sind klare, lebendige Zeichen zu setzen.

11. März 2006 Der Standard

Im spitzen Winkel über Ottakring

Wie das Aussichtsdeck eines Schiffes ragt der Südbalkon dieses Kleingartenhauses über die Wiener Vorstadt. Auf 50 m Grundfläche findet hier eine vierköpfige Familie genug Raum für Leben und Arbeiten.

Der Bewegungsdrang der zwei Kinder stieg, die bauherrliche Sammlung kultiger Designstücke wuchs, die Ottakringer Zweizimmerwohnung hatte ihre Kapazitätsgrenze drangvoll erreicht. Die Bauherren wollten ganzjährig im Kleingarten wohnen, vorsorglich durchforsteten sie das Internet nach einschlägig versierten Architekten und ihre Umgebung nach dem perfekten Grundstück.

Dezidierte Lieblingsroute für die Suche beim Sonntagsspaziergang war der Sprengersteig. Als das winzige Gartenhaus, das an der Spitzkehre zum Paulinensteig die Steilhang-Poleposition hielt, verkauft wurde, zögerten sie keine Sekunde.

Die exponierte Lage barg die Gefahr, der Neugier aller Ausflügler ausgesetzt zu sein, versprach dafür aber wunderbare Fernsicht. Die wollten die Bauherren genießen, und die Architekten ihres Vertrauens waren auch schon ausrecherchiert. Sie wandten sich an thalerthaler, lagen auf einer Wellenlänge und taten damit den zweiten Glücksgriff.

Denn ihr Anforderungsprofil an die bauordentlich zugebilligten 50 m² Fläche war anspruchsvoll: Sie brauchten genug Platz für Kinder, Freunde, Partys, Sammlerstücke sowie ihre eigenen Rückzugszonen. Er wünschte sich ein Bad mit Erker und Wienblick, sie einen eigenen Arbeitsplatz. Vom mannshoch mit Thujenhecken umgebenen, spitz zulaufenden 320 m² Garten sollte den Kindern möglichst viel zum Spielen bleiben, darüber wollte man auf einer Südterrasse dem Wienpanorama frönen.

Die Hausminiatur

Passgenau auf den Grund zugeschnitten meißelten die Architekten einen aussichtsturmartigen Baukörper aus dem zulässigen 250-Kubikmeter-Volumen. Der Weg zum Haus duckt sich ans breite, obere Kleingartendrittel, wie ein silberschuppiger Baumstamm entwächst der trapezförmige Sockel dem Gelände, um sich ganz oben mit einer kecken Drehung südwestwärts zu recken.

Gleichsam als Schiffsbrücke schwebt nun der auskragende Balkon überm Mauerbug am Sprengersteig. Blickgeschützt hinter einem roten Brüstungsnetz, vom Vordach beschattet und witterungsfest, bietet er eine fulminante Sicht über Kirchtürme, Steffl und Häusermeer bin zur riesenradverbrämten Stadtsilhouette. Zwei Schiebetüren am schallschluckenden Kasten teilen die Schlafräume am Ostbalkon, ermöglichen elterliche Aufsicht ebenso wie Autarkie im Kinderzimmer. Seine oberlichtverglaste Schrägspitze erreicht die fein geschliffene Hausminiatur im Südwesteck, wo man aus der diagonal gestellten Wanne in Nachbars Silbertannen blickt.

Büro mit Waldblick

Nahtlos fließt das Bad in die Ankleide. Der beidseitig nord-süd-besonnte Raum zwischen Toiletten- und Schlafbereich ist weit mehr als ein Flur: Treppe und Kinder im Rücken, sitzt die Baufrau vor Nurglas über Ottakringer Wipfeln an ihrem Arbeitsplatz.

Mit schiefergrauen, geschraubten Eternitplatten vornehm geschlossen eingekleidet, zeigt das Haus dem Sprengersteig seine monolithische Nordseite. Tragende Holz-Element-Bauteile bilden die Konstruktion: geringere Kosten, dünnere Wand, mehr Wohnfläche.

Raumhoch verglast, flankiert die einzeilige Küche den Weg zur Haustür, in den Nordwestspitz dahinter ducken sich WC und Garderobe, lichtdurchlässig klettern Eschenholzstufen die rote Betonscheibe hoch. Lässig gleitet ein weißes Regal über die Nordwand von der Küche zum Wohnbereich. Ein Ostfenster schenkt dem Esstisch Licht und Gartenblick, die NurglasFront im Süden öffnet sich auf die lärchengedeckte Terrasse unterm kühn schrägauskragenden Obergeschoß.

Der Kellerspitz birgt die Sauna, dem großen Raum davor mit der etwas niederen Sitzzone vor grünen Rundsäulen aber schenkt ein hohes Oberlicht viel Südsonne. Seine Feuertaufe als Partylocation für 20 Gäste hat er bereits bestanden.

Publikationen

2021

Architektur in Niederösterreich 2010–2020
Band 4

Der vierte Band der erfolgreichen Reihe Architektur in Nieder­österreich dokumentiert das Baugeschehen in diesem Bundes­land zwischen 2010 und 2020. Hundert mittels Text, Bild- und Planmaterial beschriebene Projekte legen Zeugnis ab von der Vielfalt und der Qualität ausgewählter Beispiele in sieben Ka­tegorien.
Hrsg: ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich
Autor: Isabella Marboe, Eva Guttmann, Franziska Leeb, Gabriele Kaiser, Christina Nägele
Verlag: Park Books

2012

Architektur in Linz 1900-2011

Der Architekturführer erzählt die Linzer Baugeschichte der letzten 110 Jahre. Über das Moment des Gebauten wird u.a. dem Linzer „Stadtgefühl“ nachgespürt, historische Typologien unterschieden oder die wechselvolle Geschichte der Stadt vermittelt. Neben den wesentlichsten 200 Bauwerken aller Typen beinhaltet
Hrsg: Andrea Bina, Lorenz Potocnik
Autor: Isabella Marboe, Theresia Hauenfels, Elke Krasny
Verlag: SpringerWienNewYork