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Ljubljana: 25 Jahre Entstehungszeit bis zum Schwimmsport in der Halle
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Ein Vierteljahrhundert vom Wettbewerb bis zur Eröffnung: das Ilijira-Sportzentrum in Ljubljana. Hat sich das Warten gelohnt?

9. Juli 2025 - Christian Kühn
Theoretisch sollte kein Bauprojekt län­ger dauern als fünf Jahre: ein Jahr, um die Aufgabe zu verstehen, zwei Jahre für die Planung und zwei für die Ausführung. Wohnhäuser gehen schnel­ler, Flughäfen und alpendurchquerende Tunnels brauchen ein wenig länger. Wirklich rasch gebaut wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die meisten der knapp 50 Theater und Opernhäuser, die von den Architekten Fellner und Helmer in dieser Zeit geplant wurden, entstanden in der Rekordzeit von zwei Jahren.

So lange, inklusive Wettbewerb, brauchte auch Otto Wagner für seine Länderbank, den Vorläuferbau der Postsparkasse, die 1882 bis 1883 errichtet wurde, inklusive so innovativer Elemente wie eines Glasbodens, durch den Licht ins Tiefgeschoß fällt. Dass wir jemals wieder so rasante Planungs- und Bauzeiten erleben werden, ist eher unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Die Bürokratisierung und Verrechtlichung der Planungs- und Bauprozesse nehmen seit Jahren zu. Dass kürzlich in China ein erstes Teilstück einer Autobahn mit 157 km Länge autonom, also nur von KI-gesteuerten Maschinen, realisiert wurde, deutet allerdings eine neue Welt an, in der sich fatalerweise rasches Wachstum mit höchster Effizienz paart.

Heftige Kritik am Standort

Wenn Bauprojekte wirklich lange, nämlich über mehrere Jahrzehnte, dauern, ist in der Regel Politik im Spiel. Das gilt für den Stuttgarter Bahnhof, für dessen Planung 1998 ein Wettbewerb stattfand. Nach heftigen Protesten von Gegnern des Projekts konnte der Bau erst 2010 begonnen werden. Für heuer ist ein Testbetrieb auf einigen Gleisen geplant; 2026 könnte der Bahnhof in Betrieb gehen. Dramatisch entwickelt haben sich die Kosten, von unter drei Mrd. Euro zu Projektbeginn auf geschätzte elf bis zwölf Mrd.

Das Ilijira Sportzentrum in Ljubljana bewegt sich mit Baukosten von knapp 50 Mio. Euro in einer anderen finanziellen Dimension; zeitlich kann es aber durchaus mithalten. Erste Überlegungen, auf dem Areal eines bestehenden Freibads eine Schwimmhalle im olympischen Wettkampfformat von 50 mal 25 Metern zu errichten, reichen bis in die Mitte der 1990er-Jahre zurück, als sich Slowenien gerade als unabhängiger Staat etabliert hat. Im Jahr 2000 wurde ein international offener Wettbewerb für ein Schwimmsportzentrum ausgeschrieben, das optimale Bedingungen für den Spitzensport bieten, aber auch für das allgemeine Publikum offen sein sollte.

Bereits im Vorfeld des Wettbewerbs gab es heftige Kritik am Standort. Das bestehende Freibad sei zwar desolat, sollte aber als Freizeitanlage für alle saniert werden. Die Anforderungen der Spitzensportler könnten in einer Anlage am Stadtrand erfüllt werden. Der Kritik folgte ein Aufruf unter den slowenischen Architekten, den Wettbewerb zu boykottieren. Die niedrige, eingeschoßige Bestandsbebauung sei dem Ort am Rande des Tivoli-Parks, der fünf Quadratkilometer „grünen Lunge“ der Stadt, nur ein paar Gehminuten vom historischen Zentrum entfernt, genau angemessen. Sie dürfe nicht durch eine großmaßstäbliche Halle ersetzt werden.
Public-Private-Partnership-Modell

Als Sieger ging das österreichische Büro von Peter Lorenz, Lorenz Ateliers, hervor, das eine andere Lesart des Orts lieferte. Die Entscheidung der Politik, genau an diesem Standort nahe am Zentrum dem Spitzensport Raum zu geben, sei eine Geste für Wettbewerb und Exzellenz, die man ernst nehmen und in Architektur übersetzen sollte. Außerdem biete sich hier die Möglichkeit, ein großzügiges Entree zum Tivoli-Park zu schaffen und eine alte Achse zu reaktivieren, die Lattermann-Allee, die diagonal über den Bauplatz führt und ihn in zwei Teile gliedert. Lorenz reagiert auf diese Bedingungen mit einem Land-Art-Projekt, einer begrünten und teilweise begehbaren Struktur, die mit Einschnitten und Absenkungen ein Dach über dem Sportbecken schafft, zur Stadtseite hin ansteigt und dort auf eine Glasfront trifft, hinter der das Leben im Sportzentrum sichtbar ist.

Unterstützt wurde das Projekt von der Bürgermeisterin, die bereits Teil der Jury im Wettbewerb gewesen war. In der Weiterentwicklung wagte man sich sogar an die Idee eines enormen Schiebedachs als Reaktion auf Kritiker, die dem alten Freibad nachtrauerten. Nach einem politischen Wechsel im Jahr 2002 versuchte die neue, bis 2006 regierende Bürgermeisterin, das Projekt als Public-Private-Partnership-Modell, also mit einem privaten Investor, umzusetzen. Neben anderen Geschäften wäre im Sportkomplex auch ein Eurospar eingezogen.

Als die PPP-Rechnung nicht aufging und der Investor sich zurückzog, beschloss die Stadt 2007 unter dem bereits dritten Bürgermeister, das Projekt selbst zu realisieren. Nun gab es allerdings ein neues Thema: der Denkmalschutz für das 1929 von Stanko Bloudek entworfene Bestandsbad, der 2011 ausgesprochen wurde. Lorenz reagierte darauf mit einem Projekt, bei dem das geschützte Eingangsgebäude erhalten bleibt und mit Schwimm- und Turnhalle unter ein großes Dach gestellt wird. Es dauerte weitere sieben Jahre, bis sich das Projekt wieder bewegte. Ende 2018 erhielten Lorenz Ateliers den Planungsauftrag. 2022 war Baubeginn, im März 2025 wurde das Bad offiziell eröffnet.
Symbol olympischer Exzellenz

Hat sich es sich gelohnt, so lange an einem Entwurf festzuhalten, der so umstritten war und in der rührigen Architekturszene Ljubl­janas immer noch ist? Dass ein Entwurf mit Verspätung umgesetzt wurde, ist per se weder gut noch schlecht. Gute Architektur sollte 100 Jahre und mehr halten. Manches hätte bei einer rascheren Umsetzung wahrscheinlich mehr Schwung bewahrt. Im Vergleich zum ursprünglichen Land-Art-Projekt wirkt das neue Dach weniger dynamisch und trotz seiner Größe etwas geduckt. Bei langer Projektdauer kann es passieren, dass sich der Fokus der Architektur verschoben hat, etwa vom Neubau zur Erhaltung und Umnutzung.

Vielleicht hätte sich eine alte Industriehalle gefunden, in die ein 50-Meter-Becken passt. Aber die läge wahrscheinlich an der Peripherie, und dann gäbe es hier im Ilijira keine neue Rampe als Zugang in den Tivoli-Park, die entlang der ehemaligen Lattermann-Allee durch das Schwimmbad hindurchführt und unter der Bahnlinie durchtaucht. Sie ist ein Raumkunstwerk, eine helle Schlucht aus Stahl und Glas, die den Baukörper aufschneidet und einen Blick auf die Schwimmer im Inneren freigibt. Und es gäbe auch keine überdachte Plaza im Norden, mit dem alten Eingangsgebäude als Reminiszenz an frühere Zeiten. Das neue Ilijira mag umstritten bleiben – als Symbol olympischer Exzellenz, als Stadtbaustein und als Stadt in der Stadt mit vielfältiger Nutzung hat es Anerkennung verdient.

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