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Architektur mit der Autorität des großen Baukünstlers
Der Standard

Innsbruck - Fünf Jahrzehnte hat Clemens Holzmeister (1886-1983) am Salzburger Festspielbezirk gearbeitet, dreißig Jahre plante er in Ankara und das Werkverzeichnis seiner Bauten umfasst mehrere Bände. Es gibt nur wenig im Leben des Tiroler Architekten mit weltweiten Verbindungen, was nicht imposant wäre, sieht man einmal von seinen klerikal-konservativen Interventionen in das Kulturleben des Ständestaates und der 2. Republik ab.

6. Juli 2000 - Gert Walden
Sein Lebenswerk, das seit 18 Jahren erstmals wieder in der Raiffeisenbank umfassend dokumentiert wird, liest sich wie eine Erfolgsstory in Sachen Baukunst. Und als Baukünstler hat sich Holzmeister in seiner Auffassung gegenüber der Architektur und in seinem Auftreten immer verstanden. Da war er kompromisslos, da begründete er eine Autorität gegenüber den Auftraggebern, welche heute den Architekten in Österreich mehr als nur gut tun würde. Grundlage für eine solche Haltung war der Glaube an die (romantische) gestaltende Kraft des Einzelnen, barock-theatralisch, skulptural und doch getragen von dem Bewusstsein, dass seine „einzige Überlebenschance im Werk“ zu finden ist, wie Friedrich Achleitner 1982 schrieb.

War sein Selbstverständnis nach außen hin klar umrissen, so zeigt sein Werk jenen Widerspruch und jene Komplexität, die er selbst „als Architekt in der Zeitenwende“ verstanden hatte. Komplex ist seine Architektur in ihrem sensiblen Reagieren auf den jeweiligen Ort, auf die Dichte unterschiedlicher Kulturlandschaften und dem expressiven energiegeladenen Zugriff auf die Situation durch Holzmeister selbst.

Seine Arbeiten entziehen sich den architekturhistorischen Katalogisierungen, wie er selbst stets Distanz zu den Ideologien von Moderne und Nachmoderne hielt. Was allerdings nicht bedeuten soll, dass Holzmeister nicht immer wieder einen Blick auf die verschiedenen Modeströmungen geworfen hätte.


Architekt und Lehrer

Im Palais für Kemal Pascha Atatürk finden sich Bezüge zur Wiener Wohnkultur der 20er-Jahre, wiewohl die Gesamtanlage des Regierungsbezirks in Ankara von einer monumental-klassizistischen Hierarchie ist, die aus seiner immer wieder vorgetragenen Verschmelzung sakraler und profaner Positionen entstehen konnte. Holzmeisters universal-regionale Haltung prädestinierte ihn auch für eine Lehrerrolle. Aus seiner Meisterschule am Wiener Schillerplatz ging eine Generation Architekten, wie Hans Hollein, Gustav Peichl oder Wilhelm Holzbauer hervor, die als repräsentativ für die Architektur in diesem Land gelten.

[ Ausstellung „Clemens Holzmeister“, Raiffeisenlandesbank Tirol, 6020 Innsbruck, Adamgasse 5, Mo-Do 8-16 Uhr, Fr bis 15 Uhr. Bis 8. 9. ]

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