Zeitschrift
db 2025|04
Ingenieurbaukunst

Regenbrücke in Roding
Die neue 130 m lange Fuß- und Radwegbrücke im Oberpfälzer Roding erscheint als filigranes integrales Bauwerk. Nicht weniger interessant ist der Planungs- und Bauprozess, bei dem das Architekturteam von DKFS, Mayr Ludescher Partner und Lex_Kerfers Landschaftsarchitekten ein offenes Miteinander zelebrierten.
28. März 2025 - Roland Pawlitschko
Der Regen ist ein gut 190 km langer Fluss, der weite Teile des Bayerischen Walds durchquert und in Regensburg in die Donau mündet. Im bergigen Oberlauf noch leichter Wildfluss, erscheint er weiter flussabwärts als gemächlich durch herrliche Naturlandschaften mäandrierendes Fließgewässer, das sich insbesondere unter Bootswandernden großer Beliebtheit erfreut. Immer wieder gehen vom Regen jedoch großflächige Überschwemmungen aus, von denen auch die Oberpfälzer Kleinstadt Roding betroffen ist. Um sowohl den Hochwasserschutz für den Ortsteil Mitterdorf als auch dessen Anbindung an die Altstadt mithilfe einer neuen Fuß- und Radwegeverbindung zu verbessern, initiierte die Stadt den Wettbewerb »Regenpromenade und -brücke Mitterdorf«. Mit dem Ziel, eine »harmonische und anspruchsvoll gestaltete« Lösung zu erreichen, richtete sich die Auslobung ausschließlich an interdisziplinäre Teams aus Architektur-, Tragwerks- und Landschaftsplanenden.
Das Siegerteam aus DKFS, Mayr Ludescher Partner und Lex_Kerfers Landschaftsarchitekten war nach einigen gemeinsam durchgeführten Wettbewerben und Projekten bereits gut eingespielt. Und so wartete es mit einem integralen, ganzheitlich durchdachten Entwurf auf, der bislang allerdings nur teilweise realisiert ist. Denn der ursprünglich geplante Hochwasserschutz entlang des rechten Regenufers, über den die Fuß- und Radwegeverbindung eigentlich hinwegführen sollte, verzögert sich u. a. aus Kostengründen auf unbestimmte Zeit.
Integraler Ansatz
Schon beim ersten Vor-Ort-Termin in der Wettbewerbsphase entwickelten Architekt Dirk Krolikowski und Tragwerksplaner Hubert Busler die Vorstellung einer Brücke, die als selbstverständliche Verlängerung der vorhandenen Wege sensibel in die bisweilen überflutete Auenlandschaft eingebettet ist. »Ein oben liegendes Tragwerk, z. B. mit Bögen oder Pylonen, hatten wir nie ernsthaft in Betracht gezogen, weil es sich aus unserer Sicht unangemessen in den Vordergrund gespielt hätte«, sagt Busler. Über einen weiteren Punkt waren sie sich ebenfalls schnell einig: Entstehen sollte eine materialsparende integrale Stahl-Rahmenbrücke, also ein Bauwerk gleichsam aus einem Guss – ohne Lager und Dehnfugen. Dies bedeutete zum einen den Wegfall wartungsintensiver Bauteile. Andererseits ermöglichte es die Realisierung eines gestalterisch reduzierten monolithischen Baukörpers. »Wir wollten keine Maschinenoptik schaffen, sondern ein feingliedriges Bauwerk, das als Teil der Auenlandschaft erscheint und bei dem Tragwerk und Architektur eins sind«, erläutert Krolikowski. Diesen Gedanken widerspiegelt auch der eingesetzte Cortenstahl. Die erdfarbene Oxidschicht harmoniert nicht nur wunderbar mit dem natürlichen Umfeld. Sie dient vielmehr zugleich als Witterungsschutz. Dies vermeidet sowohl Kosten für Korrosionsschutzbehandlungen als auch für potenzielle Umweltbelastungen durch deren zukünftig unerlässliche Wartung und Erneuerung.
DKFS und Mayr Ludescher Partner entwarfen gemeinsam eine in Brückenmitte um rund 140° abknickende Brücke in Form eines luftdicht verschweißten (und somit auch von innen korrosionsgeschützten) gevouteten Stahl-Hohlkastens. Dieser überspannt den Regen mit einer Hauptstützweite von 56 m, während der östliche Teil in der Auenlandschaft als Rampe mit Stützweiten von 21 bzw. 27 m konzipiert ist. Um die im Feld über dem Fluss lediglich 55 cm schlanke Seitenansicht des Überbaus zu erreichen, wurde der im Querschnitt dreiecksförmige Überbau am westlichen Widerlager und am mittigen Pfeiler mittels Stahllamellen biegesteif angeschlossen. Widerlager, Pfeiler und Gründungsbauteile bestehen aus anthrazitfarben eingefärbtem Ortbeton.
Insgesamt besteht der Stahl-Hohlkasten aus sechs Bauteilen, die von einer Stahlbaufirma im nur 20 km entfernten Cham hergestellt, mit Tiefladern auf die Baustelle gebracht, mit einem Autokran eingehoben und verschweißt wurden. Der kurze Transportweg erwies sich in Bezug auf Kosten- und Nachhaltigkeitsaspekte als vorteilhaft. Für die Bauausführung war er jedoch essenziell. Schließlich maß das größte Bauteil 25 m Länge und 8,5 m Breite und wog stattliche 68 t. Wesentlich größere Distanzen wären unwillkürlich mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen.
Bewehrte Erde
Der höchste Punkt der Brücke befindet sich am westlichen Ufer, wo sie an den als Schutzmauer geplanten Hochwasserschutz anschließt – die Hauptspannweite über dem Fluss liegt 15 % über der HQ100-Marke. Da nicht ausgeschlossen ist, dass diese Mauer eines Tages ergänzt wird, realisierte das Planungsteam die in den Ortsteil Mitterdorf führende, rund 3,5 m hohe Rampe aus geokunststoffbewehrter Erde – eine ebenso kostengünstige wie nachhaltige Lösung. »Der durch lagenweise angeordnete Geotextilien versteifte und dadurch entsprechend tragfähige Erdkörper lässt sich nicht nur innerhalb weniger Tage herstellen und leicht begrünen. Er kann auch vollständig recycelt und das Erdmaterial wiederverwendet werden«, sagt Hubert Busler. Eine Dammschüttung anstelle des aufgeständerten Brückenbauwerks kam auf der östlichen Flussseite nicht infrage, weil es möglich sein musste, dass sich der Regen bei Hochwasser ungehindert in die Auenlandschaft ausdehnt. Hinzu kommt, dass ein Damm hier zu einer unbedingt zu vermeidenden Erhöhung der Wasserfließgeschwindigkeit geführt hätte. Die schlanken Stützen und die strömungsgerechte Form des Hohlkastens, der im Rampenbereich in die HQ-Höhen eintaucht, sind Ausdruck eines klaren Gestaltungswillens und erlauben zudem ein störungsfreies Abfließen des Wassers im Hochwasserfall.
Die an der Innenseite der Biegung in Brückenmitte gemäß dem Kräfteverlauf organisch geformte Voute war statisch notwendig. Zugleich lässt sie einen Ort entstehen, der dank einer hölzernen Sitzbank zum Verweilen einlädt. Dass dies nicht zuletzt auch für die Abendstunden gilt, liegt an den durchlaufenden, dimmbaren LED-Leisten, die kaum sichtbar in die Handläufe links und rechts der Fahrbahn integriert sind. Dank eines Abstrahlwinkels von 20° aus der Vertikalen erzeugen sie einen angenehm blendfreien Lichtteppich auf dem hellgrauen, nur 6 mm dünnen reaktionsharzgebundenen Fahrbahnbelag. Auf diese Weise werden Fußgänger:innen und Radfahrende nicht geblendet, und auch für Insekten und andere Tiere bleiben die Beeinträchtigungen gering. Das leichte Erscheinungsbild der Brücke wird darüber hinaus von einem filigranen Stabgeländer unterstrichen, das wegen des Radverkehrs konstant auf 1,30 m Höhe durchläuft.
Gemeinschaftlich geplant
Was dieses Projekt besonders macht, ist nicht allein die bemerkenswerte Symbiose aus Architektur und Tragwerk, die in einer unerhört filigranen Fuß- und Radwegebrücke resultiert. Außergewöhnlich ist vielmehr auch das völlig unvoreingenommene, uneitle Miteinander während des parametrischen Entwurfs- und Ausführungsprozesses. »Alle Planungsbeteiligten, und das gilt ausdrücklich auch für die ausführende Stahlbaufirma, sind sich zu jedem Zeitpunkt auf Augenhöhe begegnet. Auf diese Weise fand das Projekt gleichsam in der Schnittmenge unserer jeweiligen Fähigkeiten statt, und das betrachte ich definitiv als Zukunftsmodell«, erläutert Dirk Krolikowski, dessen gemeinsam mit Falko Schmitt gegründetes Planungsbüro sich v. a. auf Infrastrukturbauten spezialisiert hat. Letztlich ist die Brückenkonstruktion ebenso integral wie der Planungsprozess – beste Voraussetzungen also für ein ganzheitlich durchdachtes, langlebiges, ästhetisches und dadurch nachhaltiges Bauwerk.
Das Siegerteam aus DKFS, Mayr Ludescher Partner und Lex_Kerfers Landschaftsarchitekten war nach einigen gemeinsam durchgeführten Wettbewerben und Projekten bereits gut eingespielt. Und so wartete es mit einem integralen, ganzheitlich durchdachten Entwurf auf, der bislang allerdings nur teilweise realisiert ist. Denn der ursprünglich geplante Hochwasserschutz entlang des rechten Regenufers, über den die Fuß- und Radwegeverbindung eigentlich hinwegführen sollte, verzögert sich u. a. aus Kostengründen auf unbestimmte Zeit.
Integraler Ansatz
Schon beim ersten Vor-Ort-Termin in der Wettbewerbsphase entwickelten Architekt Dirk Krolikowski und Tragwerksplaner Hubert Busler die Vorstellung einer Brücke, die als selbstverständliche Verlängerung der vorhandenen Wege sensibel in die bisweilen überflutete Auenlandschaft eingebettet ist. »Ein oben liegendes Tragwerk, z. B. mit Bögen oder Pylonen, hatten wir nie ernsthaft in Betracht gezogen, weil es sich aus unserer Sicht unangemessen in den Vordergrund gespielt hätte«, sagt Busler. Über einen weiteren Punkt waren sie sich ebenfalls schnell einig: Entstehen sollte eine materialsparende integrale Stahl-Rahmenbrücke, also ein Bauwerk gleichsam aus einem Guss – ohne Lager und Dehnfugen. Dies bedeutete zum einen den Wegfall wartungsintensiver Bauteile. Andererseits ermöglichte es die Realisierung eines gestalterisch reduzierten monolithischen Baukörpers. »Wir wollten keine Maschinenoptik schaffen, sondern ein feingliedriges Bauwerk, das als Teil der Auenlandschaft erscheint und bei dem Tragwerk und Architektur eins sind«, erläutert Krolikowski. Diesen Gedanken widerspiegelt auch der eingesetzte Cortenstahl. Die erdfarbene Oxidschicht harmoniert nicht nur wunderbar mit dem natürlichen Umfeld. Sie dient vielmehr zugleich als Witterungsschutz. Dies vermeidet sowohl Kosten für Korrosionsschutzbehandlungen als auch für potenzielle Umweltbelastungen durch deren zukünftig unerlässliche Wartung und Erneuerung.
DKFS und Mayr Ludescher Partner entwarfen gemeinsam eine in Brückenmitte um rund 140° abknickende Brücke in Form eines luftdicht verschweißten (und somit auch von innen korrosionsgeschützten) gevouteten Stahl-Hohlkastens. Dieser überspannt den Regen mit einer Hauptstützweite von 56 m, während der östliche Teil in der Auenlandschaft als Rampe mit Stützweiten von 21 bzw. 27 m konzipiert ist. Um die im Feld über dem Fluss lediglich 55 cm schlanke Seitenansicht des Überbaus zu erreichen, wurde der im Querschnitt dreiecksförmige Überbau am westlichen Widerlager und am mittigen Pfeiler mittels Stahllamellen biegesteif angeschlossen. Widerlager, Pfeiler und Gründungsbauteile bestehen aus anthrazitfarben eingefärbtem Ortbeton.
Insgesamt besteht der Stahl-Hohlkasten aus sechs Bauteilen, die von einer Stahlbaufirma im nur 20 km entfernten Cham hergestellt, mit Tiefladern auf die Baustelle gebracht, mit einem Autokran eingehoben und verschweißt wurden. Der kurze Transportweg erwies sich in Bezug auf Kosten- und Nachhaltigkeitsaspekte als vorteilhaft. Für die Bauausführung war er jedoch essenziell. Schließlich maß das größte Bauteil 25 m Länge und 8,5 m Breite und wog stattliche 68 t. Wesentlich größere Distanzen wären unwillkürlich mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen.
Bewehrte Erde
Der höchste Punkt der Brücke befindet sich am westlichen Ufer, wo sie an den als Schutzmauer geplanten Hochwasserschutz anschließt – die Hauptspannweite über dem Fluss liegt 15 % über der HQ100-Marke. Da nicht ausgeschlossen ist, dass diese Mauer eines Tages ergänzt wird, realisierte das Planungsteam die in den Ortsteil Mitterdorf führende, rund 3,5 m hohe Rampe aus geokunststoffbewehrter Erde – eine ebenso kostengünstige wie nachhaltige Lösung. »Der durch lagenweise angeordnete Geotextilien versteifte und dadurch entsprechend tragfähige Erdkörper lässt sich nicht nur innerhalb weniger Tage herstellen und leicht begrünen. Er kann auch vollständig recycelt und das Erdmaterial wiederverwendet werden«, sagt Hubert Busler. Eine Dammschüttung anstelle des aufgeständerten Brückenbauwerks kam auf der östlichen Flussseite nicht infrage, weil es möglich sein musste, dass sich der Regen bei Hochwasser ungehindert in die Auenlandschaft ausdehnt. Hinzu kommt, dass ein Damm hier zu einer unbedingt zu vermeidenden Erhöhung der Wasserfließgeschwindigkeit geführt hätte. Die schlanken Stützen und die strömungsgerechte Form des Hohlkastens, der im Rampenbereich in die HQ-Höhen eintaucht, sind Ausdruck eines klaren Gestaltungswillens und erlauben zudem ein störungsfreies Abfließen des Wassers im Hochwasserfall.
Die an der Innenseite der Biegung in Brückenmitte gemäß dem Kräfteverlauf organisch geformte Voute war statisch notwendig. Zugleich lässt sie einen Ort entstehen, der dank einer hölzernen Sitzbank zum Verweilen einlädt. Dass dies nicht zuletzt auch für die Abendstunden gilt, liegt an den durchlaufenden, dimmbaren LED-Leisten, die kaum sichtbar in die Handläufe links und rechts der Fahrbahn integriert sind. Dank eines Abstrahlwinkels von 20° aus der Vertikalen erzeugen sie einen angenehm blendfreien Lichtteppich auf dem hellgrauen, nur 6 mm dünnen reaktionsharzgebundenen Fahrbahnbelag. Auf diese Weise werden Fußgänger:innen und Radfahrende nicht geblendet, und auch für Insekten und andere Tiere bleiben die Beeinträchtigungen gering. Das leichte Erscheinungsbild der Brücke wird darüber hinaus von einem filigranen Stabgeländer unterstrichen, das wegen des Radverkehrs konstant auf 1,30 m Höhe durchläuft.
Gemeinschaftlich geplant
Was dieses Projekt besonders macht, ist nicht allein die bemerkenswerte Symbiose aus Architektur und Tragwerk, die in einer unerhört filigranen Fuß- und Radwegebrücke resultiert. Außergewöhnlich ist vielmehr auch das völlig unvoreingenommene, uneitle Miteinander während des parametrischen Entwurfs- und Ausführungsprozesses. »Alle Planungsbeteiligten, und das gilt ausdrücklich auch für die ausführende Stahlbaufirma, sind sich zu jedem Zeitpunkt auf Augenhöhe begegnet. Auf diese Weise fand das Projekt gleichsam in der Schnittmenge unserer jeweiligen Fähigkeiten statt, und das betrachte ich definitiv als Zukunftsmodell«, erläutert Dirk Krolikowski, dessen gemeinsam mit Falko Schmitt gegründetes Planungsbüro sich v. a. auf Infrastrukturbauten spezialisiert hat. Letztlich ist die Brückenkonstruktion ebenso integral wie der Planungsprozess – beste Voraussetzungen also für ein ganzheitlich durchdachtes, langlebiges, ästhetisches und dadurch nachhaltiges Bauwerk.
Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: Emre Onur