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Markus Pernthaler – Wandel
Markus Pernthaler – Wandel, Portraitfoto: Martina Pfeifer Steiner
14. Juli 2020 - Martina Pfeifer Steiner
„In Zeiten wie diesen ist der Wandel substanziell und spielt sich eigentlich in allen Bereichen ab, ob das die Digitalisierung ist, die Ökologisierung, ob es politische Umbrüche sind, neue Formen des Zusammenlebens oder die Arbeitsbedingungen. Selten hat es so dramatische Verwerfungen gegeben, die wir zweifellos auch mit Architektur bewältigen müssen. Zu Ökologisierung und Klimawandel gibt es mittlerweile unzählige Studien, die Frage ist jedoch, inwieweit man diese Themen in verwertbare Teilaspekte zerlegen kann, um konkrete Lösungsansätze zu finden. Ich bezweifle den Wert diverser Applikationen auf oder in konventionellen Gebäuden. Es geht vielmehr um ein Ineinandergreifen von grundsätzlichen Konzepten und die Frage, inwieweit sich damit die Architektur verändern muss. Auch die Skalierung ist wichtig. Alles mit einem Gebäude umzusetzen, wird wenig sinnvoll sein, wenn ich jedoch den Wandel auf der Skala von Quartieren betrachte, dann gibt es effizientere Lösungen. Dazu kommen noch die Herausforderungen durch bereits eingetretene oder prognostizierbare Naturkatastrophen, das betrifft ganz wesentlich die Raumordnung: Wo kann und soll man bauen und wie wird in Zukunft Bauland ausgewiesen? Darüberhinaus benötigen wir ein neues Verständnis für das Zusammenwirken von Stadt und Land.

Parallel dazu gibt es den demografischen Wandel, für den sich in der Architektur eigentlich noch relativ wenig manifestiert hat. Die Produktion von Kleinwohnungen aus ökonomischen Gründen braucht Zusatzangebote für die Gemeinschaft. Ein wesentlicher Punkt ist in diesem Zusammenhang zudem die Qualität des öffentlichen Raums. Dieser muss mehr leisten können. Ich denke dabei an begrünte Innenhöfe, bespielbare Zwischenzonen, Rückzugsorte oder Bereiche für Kommunikation. Das betrifft auch die Thematik von Migration; Menschen aus südlichen Kulturkreisen haben einen viel lebendigeren Zugang zum öffentlichen Raum. Viele dieser Aspekte fließen in das städtebauliche Entwicklungskonzept ‚My Smart City‘ ein. Mit dem Bau des Science Tower (2012-2017), gedacht als best-practice Beispiel um neue Technologien alltagstauglich zu machen, wurde ein Prozess eingeleitet, der auf zwölf Jahre angelegt ist. Was alle Beteiligten bei diesem geförderten Forschungsprojekt lernen mussten, ist die enorme Dynamik und das rasante Fortschreiten neuer Technologien. Eine der spannendsten Fragen wird sein, inwieweit KI (Künstliche Intelligenz) vor dem Hintergrund der Herausforderungen unser zukünftiges Leben bestimmen wird.“

Markus Pernthaler, geb. 1958, Architekt in Graz. Forschung und Entwicklung neuer gebäudeintegrierter Technologien gelingen im Science Tower von Markus Pernthaler Architekten. Das Kompetenzzentrum bildete den baulichen Auftakt zum zukunftstauglichen Entwicklungskonzept im Smart City Quartier rund um die Helmut-List-Halle in Graz.
Reduktion – Option – Wandel, das sind die Impulswörter der zweiten Staffel bei »nextroom fragt«. Wie reagieren die auf nextroom vertretenen Architekturschaffenden darauf? Martina Pfeifer Steiner holt die Statements ein.

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