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Kieran Fraser – Versunkene Gärten
Kieran Fraser – Versunkene Gärten © Martina Pfeifer Steiner
30. November 2021
„Es gibt eine wachsende Erwartungshaltung an unsere Disziplin in Sachen Stadtklima, Biodiversität, Ökologie, Nachhaltigkeit – wir sollten das alles lösen.
Aber die Anforderungen an Freiräume und die Komplexität eines Ortes an den Schnittstellen zu seiner Umgebung sind so hoch, dass wir die Probleme in diesem Maßstab meist nur ansprechen, aber nicht ernsthaft angehen können. Mit den kleinen Patchwork-Projekten ist es jedenfalls nicht getan. Vielleicht bin ich da auch zu pessimistisch, aber ich denke, dass man auf höherer Ebene noch viel radikaler ansetzen und sich mehr trauen müsste: Grüne Stadtbunker schaffen, die schattig und feucht sind, sich an Infrastrukturen anhängen und grüne Schneisen schlagen oder Flächen für einen echten Wald implementieren, und nicht stecken bleiben bei dort einem Wegchen, da einem Beetchen und noch einem Pflänzchen. So ein trockenheitsresistentes, „klimaresilientes“ Beetchen ist unter Umständen ganz schön, wirkt aber oft auch wie eine Kapitulation. Sich den urbanen Auswirkungen des Klimawandels entschieden entgegenstellen, ist etwas anderes. Bei einem unserer letzten Wettbewerbe haben wir einen langen, tiefer gesetzten und teilweise überplatteten Kanal vorgeschlagen, einen „sunken garden“ mit Wasserflächen, großblättrigen Pflanzen und hohen, üppig berankten Mauern. Spannend war dabei, die Kontraste herauszuarbeiten, denn oben finden sich durchaus weite, trockenheitsresistente Pflanzflächen, doch unten neue Rückzugsräume als kühle, tropfende Grotten.

Man kann natürlich viel über zukunftsfähige Konzepte und große Gesten reden, wir wissen aber auch, wie abhängig wir von der Bauherrschaft sind, die ein Bewusstsein über ihre Verantwortung hat und Möglichkeiten und Mittel bereitstellt, um etwas zu bewegen. Es kommt nicht so oft vor, dass diese ein echtes Interesse daran hat, gemeinsam die Geschichte eines Ortes zu entdecken, weiter zu erzählen, zu verbessern, zu beleben. Ausgerechnet in der Seestadt Aspern, wo in Grundlagen, Zielsetzungen und Entwicklung sehr viel fachliche Expertise eingeflossen ist, sind wir mit einem Projekt krachend gescheitert, das an sich sehr wichtig und schön hätte werden können. Kurz vor der Ausführung mussten wir registrieren, dass wir bei einem Einsparungsprozess nicht einbezogen wurden. Man hatte einfach relativ stupide die Grundgeometrie unseres Entwurfes beibehalten, setzte jedoch wichtige Entwurfselemente, Materialien, Höhensprünge und Pflanzungen ganz anders um oder sparte sie ein. Nichts stimmte mehr – mit großem Frust sind wir schlussendlich ausgestiegen. Wir haben da einen ziemlichen Lernprozess hinter uns. Aber zurzeit sind wir Landschaftsarchitekt:innen ja sehr gefragt und können bzw. müssen entscheiden, mit wem wir zusammenarbeiten wollen und mit wem eher nicht. So gesehen keine schlechte Zeit für uns, denn wir haben zunehmend die Chance Bauherren zu finden, mit denen wir gemeinsam etwas bewegen können.“

Kieran Fraser, geb. 1981, Kieran Fraser Landscape Design, Wien. Als ganz entscheidend für ein erfolgreiches Projekt sieht Fraser die Rolle des Bauherrn und das Gefühl gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten. Landschaftsarchitektur ist eine interdisziplinäre Gemeinschaftsaufgabe.
»nextroom fragt« Landschaftsplanerinnen und Landschaftsplaner. Themenkreise für die Statements sind: Parks, Straßen, Plätze – Bauwerksbegrünungen – funktionsbezogene Freiraumplanung. Martina Pfeifer Steiner holt die Statements ein.

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