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Heidi Pretterhofer – Stadt neu denken
Heidi Pretterhofer – Stadt neu denken, Foto: Anne Isopp

Heidi Pretterhofer, Architektin in Wien und Mitglied im Kuratorium der IBA‘27 in Stuttgart, hält die Nachhaltigkeitsdebatte für eine der derzeit essenziellsten. Gemeinsam mit Michael Rieper hat sie den Club Hybrid in Graz initiiert. Mit diesem Experimentalbau wollen sie in einem städtischen Nebeneinander von Gewerbe, Religion, Bildung und Wohnen ein Miteinander schaffen. Pretterhofer ist überzeugt davon, dass Menschen, die eine Möglichkeit der Teilhabe haben, auch Verantwortung übernehmen. Das Gespräch ist in ganzer Länge im Podcast Morgenbau nachzuhören.

23. August 2022 - Anne Isopp
Der Club Hybrid ist ein demonstrativer Bau im Süden von Graz. Er wurde im Rahmen des Grazer Kulturjahres 2020 errichtet und steht in einer Art Nebelzone, einem durchmischten Gebiet von Gewerbe, Versorgung, Wohnen und Schulen. Genau hier wollten wir einen öffentlichen Ort schaffen. Das Gebäude steht auf einer Plattform, wodurch eine überdachte Freifläche geschaffen wurde. Hier gibt es eine Kantine und ein barrierefreies WC, drum herum den Gastgarten, der in die Wiese endlos weitergeht. Auf der Plattform steht ein halbes Haus, zwei Freitreppen führen von der Ebene 0 herauf. Die ganze Architektur ist so konzipiert, dass sich Möglichkeitsräume auftun.

Unser Ansatz ist, nicht zu besitzen, sondern zu nutzen. Der Club Hybrid ist damit dezidiert ein Gegenpol zu den Immobilien-Entwicklungen, die wir aus den Städten kennen. Unsere Wunschvorstellung ist, dass unterschiedliche Interessengruppen den Club gemeinsam weiter bespielen als öffentlichen Ort zwischen den Bezirken Puntigam und Gries.

Es ist zu wenig, sich nur Dinge von der Politik oder von der Verwaltung zu wünschen. Die Beteilung ist eine Methode, etwas zu ändern: Wie hole ich die Menschen ab und wie kann ich sie in Planungsprozessen aktiv in die Mitverantwortung einführen? Wir müssen die Menschen teilhaben lassen – wirklich teilhaben im Sinne von Mitverantwortung, damit sie dann auch verstehen, warum sie nicht ihren Swimmingpool oder was auch immer unbedingt bauen sollten. Dabei verschwimmen die Rollen von Politik, Planern und Nutzerinnen, weil sie alle Teil dieses Planungsprozesses sind. Sobald ich meine Wünsche an jemanden anderen schicke, bin ich machtlos. Nachhaltiges Bauen ist eine der zentralsten Aufgaben für Architektinnen und Architekten. „Die Stadt der Zukunft ist schon gebaut“, sagt Andreas Hofer, Intendant und Geschäftsführer der IBA‘27. Es ist eine sehr kompakte Zusammenfassung von dem, was wir zu tun haben. Die Frage ist nun: Wie können wir die Stadt weiterbauen, umbauen und umstrukturieren?

Die Arbeiten von Heidi Pretterhofer bewegen sich an der Schnittstelle von Architektur, Urbanismus, Theorie und Kulturproduktion. Sie führt ihn Wien das Büro Pretterhofer Arquitectos. Parallel zu ihrer architektonischen Praxis ist sie Kuratorin, Herausgeberin und Verfasserin zahlreicher Ausstellungen und Publikation, die das Verhältnis zwischen urbanen
»nextroom fragt« Architekt:innen, Bauherr:innen und Expert:innen. Die Gesprächsreihe zum nachhaltigen Bauen wird konzipiert und betreut von Anne Isopp. Im Gespräch werden unterschiedliche Dimensionen des nachhaltigen Bauens eingefangen, auf konkrete Bauten Bezug genommen und individuelle Sichtweisen abgefragt. Einige der Gespräche sind als Podcast auf morgenbau.at zu hören.

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