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Hermann Kaufmann – Know-how aufbauen
Hermann Kaufmann – Know-how aufbauen, Foto: Lisa Dünser

Der Vorarlberger Architekt Hermann Kaufmann ist ein Pionier des modernen Holzbaus. An der TU München war er bis zu seiner Emeritierung 2021 Professor für Holzbau und Entwerfen. Nach wie vor führt er in Schwarzach mit seinen Partnern das von ihm gegründete Büro HK Architekten. Bei jedem Gebäude versucht er, die Möglichkeiten des modernen Holzbaus aufs Neue auszuloten und Antworten im Bereich des nachhaltigen Bauens zu finden. In Bad Aibling hat er nun ein Parkhaus aus Holz gebaut. Im Gespräch erzählt er, wie es dazu kam und warum ihm der Boom im Holzbau auch Sorgen bereitet. Das Gespräch ist in voller Länge im Podcast Morgenbau anzuhören.

31. Januar 2023 - Anne Isopp
„Welches Material verwende ich, um etwas zu bauen? Ich werde immer beim Holz bleiben, denn die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen ist das entscheidende Thema für die Dekarbonisierung des Bauens. Da hat es durchaus Sinn, auch ein Parkhaus aus Holz zu bauen statt aus Beton oder Stahl. In Bad Aibling haben wir das jetzt umgesetzt. Es ist eine einfache Konstruktion, große Brettschichtträger überspannen stützenfrei über 17 Meter die Einstellhalle. Die Verbindungen sind geschraubt oder gesteckt und können leicht wieder demontiert werden. Das heißt, das Bauwerk kann einfach wieder auseinandergebaut und wiederverwendet werden.

Es ist fast beängstigend, welche Hoffnungen heutzutage im Holz liegen. Da ist eine richtige Nachfragelawine losgetreten worden, getrieben von dem grünen Kapital, das derzeit in Hülle und Fülle vorhanden ist und für das man nachhaltige Anlagen sucht.
Da muss man sich heute wirklich fragen: Wer kann diese Dinge umsetzen, sowohl was die Ausführung betrifft als auch die Planung und die Ingenieurleistungen? Die anderen Baustoffe konnten hundert Jahre trainieren und haben eine kontinuierliche Entwicklung durchgemacht. Auch Planer und Ingenieure sind damit vertraut. Wie schafft man es, kurzfristig ein ausreichendes Know-how für Holzbau aufzubauen? Es wird nicht so schnell gehen, wie viele sich das vorstellen. Fehler sind vorprogrammiert, und es ist zu hoffen, dass sie die nach wie vor zarte Pflanze Holzbau nicht kaputt machen.

Ein nachhaltiges Gebäude muss eine Vielzahl an Kriterien erfüllen: Es sollte mit Materialien konstruiert sein, die einen geringen CO2-Footprint erzeugen. Es sollte so schlau gebaut sein, dass es für die Klimatisierung wenig CO2 ausstößt. Es sollte einfach gehalten sein, ohne eine übertriebene Technisierung. Und das Gebäude sollte so konzipiert sein, dass es einfach umgebaut oder rückgebaut werden kann. Der wichtigste Punkt aber ist dieser: Das Gebäude muss schön sein. Die meisten hässlichen Gebäude haben eine sehr kurze Lebensdauer und werden abgerissen, was ökologisch gesehen sehr negativ ist. Immer wichtiger wird auch das Thema der Vereinfachung im Bauen, des Rückbaus und des Bauens im Bestand. Wir renovieren gerade die Probstei St. Gerold und sanieren und erweitern ein Altersheim – zwei Projekte, die zeigen, dass gutes Bauen im Bestand sicher die wichtigste Aufgabe für die Zukunft ist.“

Hermann Kaufmann ist Architekt in Vorarlberg und war bis 2021 an der TU München Professor für Holzbau und Entwerfen. Als Sohn einer Zimmererfamilie setzte er sich schon sehr früh mit dem Baustoff Holz auseinander. Er studierte Architektur an der Universität Innsbruck und an der Technischen Universität Wien und gründete 1983 in Gemeinschaft mit Christian Lenz sein erstes Architekturbüro. Heute nennt sich sein Büro HK Architekten und hat seinen Sitz in Schwarzach. 2016 kuratierte Hermann Kaufmann mit Prof. Winfried Nerdinger die Ausstellung Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft, die in München, Wien und Berlin gezeigt wurde. Seine Bauten bekamen zahlreiche internationale Auszeichnungen.
»nextroom fragt« Architekt:innen, Bauherr:innen und Expert:innen. Die Gesprächsreihe zum nachhaltigen Bauen wird konzipiert und betreut von Anne Isopp. Im Gespräch werden unterschiedliche Dimensionen des nachhaltigen Bauens eingefangen, auf konkrete Bauten Bezug genommen und individuelle Sichtweisen abgefragt. Einige der Gespräche sind als Podcast auf morgenbau.at zu hören.

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