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Kim Le Roux – Das zirkuläre Büro
Kim Le Roux – Das zirkuläre Büro, Foto: Anne Isopp

Das Berliner Architekturbüro LXSY hat in Berlin einen Coworking-Space mit überwiegend gebrauchten Materialien ausgebaut. Dieser Impact Hub liegt im CRCLR Haus, einer ehemaligen Fasslagerhalle auf dem Gelände der Berliner-Kindl-Brauerei, deren Umbau ganz im Zeichen der Kreislaufwirtschaft stand. Die Architektinnen von LXSY, Kim Le Roux und Margit Sichrovsky, haben beim Innenausbau auch auf eine einfache Rückbaubarkeit und Demontage geachtet, sodass die Materialien auch darüber hinaus noch weiterverwendet werden können.
Im Gespräch erklärt Kim Le Roux, wo sie die gebrauchten Materialien gefunden haben, wie sie eine neue Ästhetik entwickelt haben und inwiefern sich dabei ihr Aufgabenfeld verändert hat. Das Gespräch ist in voller Länge im Podcast Morgenbau anzuhören.

7. November 2023 - Anne Isopp
„Das Impact Hub Berlin war unser erster Auftraggeber, als wir 2015 unser Büro gegründet haben. 2018 kam Leon Reiner, der Gründer des Coworking-Space, zu uns und meinte, er brauche jetzt einen größeren, noch nachhaltigeren Space. Wie aber geht das? Man muss auf jeden Fall in Bestand einziehen und darf nicht neu bauen. Da ist Leon Reiner das CRCLR Haus eingefallen, ein Vorzeigeprojekt des zirkulären Bauens. Es steht im Vollgut-Areal, dem ehemaligen Areal der Berliner-Kindl-Brauerei.
Wir haben schon relativ viele Coworking-Spaces gebaut. Normalerweise kommt man in einen Bestand und schmeißt erst einmal haufenweise Rigips weg. Es wird nicht versucht, dieses Material wiederzuverwenden. Und dann kommen wieder neue Rigipswände hinein. Das ist doch Wahnsinn!
Um im Innenausbau vom linearen Bauen zum zirkulären Bauen zu kommen, muss man sich genau überlegen, welche Materialien man einsetzt und wie man sie auch wiederverwenden kann.
Wir standen vor der Frage, wie man so ein Bauwerk entwirft, ohne zu wissen, welche Materialien wir finden würden. Wir haben dann Raumqualität definiert: Der eine Raum sollte durchlässig und transparent werden, der andere eher geschlossen und mit guter Akustik. Wir haben Wände qualifiziert in blickdicht, transparent oder transluzent und sind dann auf Materialsuche gegangen. Wir waren auf Abrissbaustellen, wir haben mit Bauteilbörsen wie Concular zusammengearbeitet, wir haben auf Ebay gesucht. Dann standen wir vor der nächsten Frage: Wo lagern wir das Material und wie bringen wir es zur Baustelle? Wir haben ein Lager angemietet und sind auf die Idee gekommen, Umzugsunternehmen anzufragen. Die sind dann mit uns hin- und hergefahren und haben für uns Materialien eingesammelt. Die Mitarbeiter sind handwerklich begabt, haben ein Auto und man kann sie auch kurzfristig anfragen. Das ging dann so weit, dass die auch uns angerufen und gesagt haben: „Wir räumen hier gerade was raus. Bevor wir es wegschmeißen: Wollt ihr das haben?“ Sie haben uns dann Bilder geschickt und wir haben gesagt, das und das nehmen wir.
Dabei kommt viel Material zusammen. Das muss man dokumentieren. Wir haben alles abfotografiert und in einem Onlinedokument Größen und Mengen markiert. Auf dieses Dokument hatten auch die Handwerker Zugriff, um zu wissen, welches Material wir noch suchen. Wir wollten aus den alten Materialien etwas Besonderes schaffen, das nicht wie Secondhand ausschaut. Da kommen unterschiedliche Farben, unterschiedliche Charaktere zusammen. Ich finde, das passt gut zum Impact Hub. Es ist eine neue Ästhetik, die für uns auch ein neues Zeitalter widerspiegelt. So haben wir für die Bauwende ein erstes Bild geschaffen.

Das Projekt hat unglaublich viel Spaß gemacht, wir haben viel gearbeitet. Danach zieht man Resümee und überlegt sich: Was ist jetzt eigentlich die Aufgabe einer Architektin? Müssen wir jetzt auch noch das Material suchen? Ich möchte das mit einem klaren Nein beantworten. Für uns aber war es wichtig, den Prozess zu verstehen. Was ist aufwendig, was nicht? Nach welchen Materialien sucht man und wie arbeitet man sie auf? Dennoch sehe ich die Materialbeschaffung nicht als unsere Aufgabe an und bin sehr froh, dass es Bauteilbörsen wie Concular und andere gibt. Ich hoffe, dass es in Zukunft auch durch die Bauteilpässe – noch leichter wird. Ich glaube auch, dass in Zukunft Hersteller ihre Materialien zurücknehmen werden.

Es war ein schöner Prozess, vom linearen zum zirkulären Bauprozess zu kommen. Für uns hat sich viel verändert: Wie wir entwerfen, wie wir über Materialien nachdenken, wie wir einen Entwurf starten. Ich möchte gerne alle dazu motivieren, zirkulär und nachhaltiger zu bauen. Es muss ja nicht alles auf einmal sein“.

LXSY Architekten ist ein Architekturbüro in Berlin, das 2015 von Kim Le Roux und Margit Sichrovsky gegründet wurde. Der Name des Büros ist eng mit dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft verbunden, spätestens seit dem Bau des Coworking-Space im CRCLR Haus in Berlin. Dieser Innenausbau ist schon mehrfach ausgezeichnet und zuletzt für den DAM Preis 2024 nominiert worden.
»nextroom fragt« Architekt:innen, Bauherr:innen und Expert:innen. Die Gesprächsreihe zum nachhaltigen Bauen wird konzipiert und betreut von Anne Isopp. Im Gespräch werden unterschiedliche Dimensionen des nachhaltigen Bauens eingefangen, auf konkrete Bauten Bezug genommen und individuelle Sichtweisen abgefragt. Einige der Gespräche sind als Podcast auf morgenbau.at zu hören.

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