Bauwerk

AHS Heustadelgasse
Henke Schreieck Architekten - Wien (A) - 2002
AHS Heustadelgasse, Foto: Margherita Spiluttini
AHS Heustadelgasse, Foto: Margherita Spiluttini
2. August 2003 - Az W
Zwischen Einfamilien- und Reihenhäusern, Gewächshäusern und Feldern, inmitten eines typisch vorstädtischen Milieus mit niedriger, offener Bebauungstruktur steht (oder sollte man nicht besser sagen liegt?) das grosse gläserne Geviert der neuen Schule. An der Ecke Biberhaufenweg-Heustadelgasse ist sie (die mit ihren 30 Klassen doch ein wahres Ungetüm sein müsste!) noch kaum zu erkennen. Sie ragt nicht heraus, türmt sich nicht auf, macht sich nicht wichtig. Sie hält die Höhe der umgebenden Bebauung, öffnet sich zu ihr, geht in die Breite und Tiefe des Grundstücks und definiert ihren eigenständigen Ort. Sie schafft sich - gleichermassen durchlässig wie in sich gekehrt - ihre eigene Umgebung und ihr eigenes Zentrum.

Ein- und zweigeschossige Riegel umschließen ein gegenüber dem Strassenniveau um 1 Meter angehobenes Atrium, das räumlich an den an der Heustadelgasse liegenden Erdgeschoss-Vorplatz und die rückwärtige (zweigeschossig verglaste) Aula sowie an den transparenten, teilweise ins Gelände gesenkten Turnsaal anschließt. Die grosszügige Atmosphäre des offenen, mit dunkelgrauen Betonplatten ausgelegten Innenhofs wird durch ungebrochene Sichtachsen verstärkt, so dass man schon vom gedeckten Vorplatz aus einen Blick auf die Basketballkörbe der Dreifachturnhalle und sogar ins dahinter liegende Grünland werfen kann.

Die räumliche Gliederung des Gymnasiums könnte klarer nicht sein: Schüler-Entree und Verwaltungszugang sind eindeutig separiert, Mehrzweck- bzw. Serviceräume, der Speisesaal und die Lehrerzimmer sind im Ostteil des Erdgeschosses untergebracht, die Klassenräume im Westen sind direkt an die Sonderunterrichtsräume im Untergeschoss angebunden. Die Klassen im Obergeschoss sind in ihrer ringförmigen Anordnung nord-ost-westseitig zum umgebenden Aussenraum geöffnet. Breite Erschließungszonen mit Blickbezug zum Innenhof dienen sowohl als Pausenraum als auch als Garderobe. Den nördlichen Abschluss der Raumfolge bildet die an der Aula situierte Bibliothek mit herrlicher Terrasse auf dem Dach des Turnsaals.

Auch in der materiellen Umsetzung macht sich die Erfahrung (mehr als „mittlere Reife“!) der Architekten im Schulbau bemerkbar. Die grossflächigen Verglasungen der Klassen, die Sichtbetonflanken der Erschließung, die holzbekleideten Untersichten der Baukörper, die lattenbelegten Wege und Terrassen, die Lamellenvordächer und die homogene Fläche des Atriums skandieren das weitläufige Gefüge auf unaufdringliche Weise in überschaubare Einheiten, lassen dabei aber zahlreiche Zonen frei, lose und undefiniert. Gerade jene unentbehrlichen „Lümmel-Punkte“, die von den Schülern sicherlich mühelos in Beschlag genommen werden, können ein Schulgebäude von der Lernanstalt in einen belebten Ort verwandeln. Natürlich nur, wenn die räumliche Offenheit auch vom sogenannten Lehrkörper mitgetragen wird... (Text: Gabriele Kaiser)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

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