Bauwerk

Gartenstadt „Rainer-Siedlung“
Roland Rainer - St. Pölten (A) - 2001

Private Grünräume an der Traisen

Niederösterreichs Landeshauptstadt Sankt Pölten bekommt von Roland Rainer eine Wohnsiedlung à la Puchenau bei Linz.

31. März 2001 - Ute Woltron
Wien - Der Wiener Architekt Roland Rainer ist ein streitbarer Kämpfer für das Recht auf Privatheit, nicht nur für die eigenen vier Wände der Bewohner seiner Architekturen, sondern vor allem auch in den rund um das eigentliche Haus unter freiem Himmel gelegenen Zonen des Wohnens, also den Gärten und begrünten Innenhöfen.

Während in den vergangenen Jahrzehnten allerorten Einfamilienhausteppiche unter großem Platz- und Kommunalkostenverschleiß die Landschaft zu bedecken begannen und die Privatheit auf immer kleineren Häuslbauer-Parzellen quasi in die öffentliche Zur-Schau-Stellung der Vorgärtchen mündete, bewies Rainer mit seinen Gartensiedlungen wiederholt, dass der verdichtete Flachbau, so er klug geplant und angewandt wird, die wohnlicheren, besseren Resultate erzielen kann.

Die bekannteste Siedlung des einflussreichen Wiener Architekten befindet sich mit Puchenau in Linz. Ein ähnliches Konzept wird nun, veranlasst vom Land Niederösterreich, auch in St. Pölten verwirklicht. Auf einem rund 22.000 Quadratmeter großen Grundstück am Ostufer der Traisen entstehen 201 Wohneinheiten, die Bauträger stehen zur Zeit noch nicht fest, demzufolge weiß man auch noch nicht, ob es sich später um Eigentums- oder Mietobjekte handeln wird.

Den Bewohnern der neuen Siedlung werden vier Typen zur Verfügung stehen: Zweigeschossige Einfamilienhäuser, Maisonetten, Gar¸connieren sowie übereinanderliegende Maisonetten, alle zwischen 42 und 82 Quadratmeter groß - beziehungsweise relativ klein, doch wird angeboten, übereinander liegende Wohnungen miteinander zu verbinden, was auf Wunsch ohne besonderen Aufwand geräumigere Residenzen schaffen würde.

Jede Wohnung verfügt über einen von umliegenden Mauern streng privatisierten Frei-und Grünbereich, der sich entweder erdgeschossig oder auf einer Terrasse befindet. Diese geschickte Verflechtung von drinnen und draußen - eine der wichtigsten Qualitäten intelligenten Wohnbaus - kann als eine der Keimzellen Rainerscher Wohn-Architektur bezeichnet werden. Denn was nutzt dem Standardhäuslbauer sein frisierter Grünraum, wenn der aus allen Richtungen eingesehen werden kann.

Roland Rainer meint, es gäbe „in den offen bebauten Gebieten keine Privatheit, zwischen den Drahtzäunen keine geschützten Gärten und Höfe, wie man sie in alten Städten auf kleinem Raum mit bescheidenen Mitteln immer noch findet“. So ähnlich wie diese alten Stadtteile funktioniert haben, funktioniert auch die St. Pöltener Siedlung. Der Architekt gibt den Bewohnern die Straßen und Wege wieder zurück, der Autoverkehr wird am nördlichen sowie südlichen Ende der Siedlung abgefangen, in Garagen geleitet und solchermaßen ausgesperrt, was ein angenehmes, ruhiges und familiäres Kleinbiotop mitten in der Stadt schafft. Zwischen den Wohnhäusern liegen lose eingestreut Spielplätze und öffentliche Grünzonen.

Es werde hier der Versuch unternommen, so Rainer, ein verständliches Modell neuer, progressiver Gedanken für den Wohnungsbau zu entwickeln und zu erproben. Die ersten Experimente, wie besagtes Puchenau in Linz, gingen voll auf: Die Häuser dieser Gartensiedlung werden heute zu großem Teil schon von den Nachfolgegenerationen gerne bewohnt.

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