Bauwerk

Vertriebs- und Service Centre
Barkow Leibinger - Ditzingen (D) - 2003
Vertriebs- und Service Centre, Foto: Margherita Spiluttini

Neue Arbeitswelten

Ein Vertriebszentrum in Stuttgart von Barkow Leibinger

9. Januar 2004 - Andres Lepik
Die Werkzeugmaschinen- und Laserfabrik Trumpf in Stuttgart-Ditzingen gehört zu den Vorzeigefirmen Baden-Württembergs. Durch die beständige Expansion der Betriebsanlagen, auch in Amerika und Asien, werden regelmässig räumliche Erweiterungen für die Produktion und Verwaltung notwendig. Das in Berlin tätige Architektenpaar Frank Barkow und Regine Leibinger erhielt dazu in der Vergangenheit mehrfach Aufträge und hat neben Firmenbauten in den USA auch den Erweiterungsbau der Laserfabrik und des Logistikzentrums am Stammsitz sowie den Neubau eines Gründerzentrums in Grüsch im Prättigau (NZZ 5. 11. 01) realisiert. Ihr jüngster Auftrag galt der Planung eines Vertriebs- und Servicezentrums auf dem Firmengelände in Stuttgart.

Funktionale Vorgabe des Neubaus war die Bereitstellung von flexibel nutzbaren Büroflächen für die Vertriebsabteilung mit rund 300 Mitarbeitern sowie eines Informations- und Ausstellungsbereichs für Kunden und Besucher. Obwohl die von Barkow Leibinger an diesem Standort bereits früher fertiggestellten Erweiterungen nach Westen führten, entschieden sie sich, das neue Projekt an den Südostrand des Firmengeländes und in unmittelbare Beziehung zu den Verwaltungsbauten der siebziger Jahre zu placieren. Der Ende 2003 fertiggestellte Bau liegt parallel zur benachbarten Autobahn und ist von der Eingangsseite her als ein quer gestreckter, transparenter Körper erkennbar, der auf einem nach vorne ausgreifenden Sockelbau ruht. Mit den älteren Firmenbauten zusammen formt er eine neue Platzsituation. Seine zu dieser Seite hin aufgefächerte Basis, in der die Informations- und Ausstellungsbereiche sowie ein Auditorium untergebracht sind, ist deutlich von dem darüber liegenden Bürobau getrennt. Der Unterbau formiert sich aus prismenförmigen Betonstelen, der obere aus zwei gegeneinander verschobenen Scheiben mit filigran gerahmter, rhythmisierter Doppelfassade.

Auch in der Konstruktion sind beide Bereiche klar voneinander unterschieden: Der Bürotrakt schwebt als Brückenbau über dem Sockelgeschoss. Im Inneren öffnet sich in einem weiten Entrée ein vielschichtiges Raumkonzept durch das Split-Level-System: Während die zur Eingangsseite hin liegende Büroscheibe vier Geschosse hat, besteht die andere, zur Autobahn hin liegende und leicht nach Westen versetzte aus fünf Geschossen. Beide sind miteinander durch offene, schräg versetzt laufende Treppen verbunden, so dass sich im Inneren ein räumliches Kontinuum ergibt, das wie eine Kaskade von Ebene zu Ebene fliesst.

Die Innenräume des Bürotrakts sind der Länge nach stützenfrei, auf der jeweils einen Langseite öffnen sie den Panoramablick auf das Firmengelände oder über die Autobahn hinweg auf die schwäbische Landschaft. Der weite Innenraum ermöglicht auf jeder Ebene ein Optimum an Flexibilität und Kommunikation der Mitarbeiter und wirkt dabei doch von beruhigender Verhältnismässigkeit. Ein spezielles Büromöbelsystem wurde von Barkow Leibinger in Zusammenarbeit mit der Firma Vitra entwickelt, bei dem durch seitlich zum Arbeitsplatz ausziehbare Schränke räumliche Trennungen entstehen. Nur den Bereichsleitern stehen jeweils am Kopfende des offenen Raumes durch Glaswände abgeschirmte Räume zur Verfügung, für vertrauliche Besprechungen gibt es zudem geschlossene Konferenzräume.

Der Neubau setzt mit seinem konstruktiven System, der räumlich abwechslungsreichen und doch in sich klaren Gliederung konsequent die eingeschlagene Linie der vorangegangenen Firmenbauten von Barkow Leibinger für Trumpf fort. Wie schon die Werkshallen und das Gründerzentrum ist auch der Büroneubau eine ebenso individuelle wie präzise, beispielgebende Antwort auf die komplexen Fragestellungen einer hoch spezialisierten Maschinenfabrik und ihrer sich immer weiter differenzierenden Raumbedürfnisse. In einigen Details wie etwa Wand- und Deckenverkleidungen oder auch den Handläufen aus Edelstahl werden Technologien der Firma diskret, aber wirkungsvoll in der Architektur zum Einsatz gebracht. Andere Materialien wie Sichtbeton und dunkles Eichenparkett, Stahl und Glas runden die zurückhaltende Raumgestaltung ab. Ein effizientes Klimakonzept und die weitgehend natürliche Belichtung und Belüftung folgen den heutigen Anforderungen an effiziente Arbeitsplätze. Das Gebäude weist qualitativ weit über jene Bauten hinaus, mit denen sich üblicherweise Firmen in Gewerbegebieten zufriedengeben. Die Maschinenbau- und Laserfabrik kann damit ihren hohen Anspruch weithin sichtbar auch über ihre Bauten verdeutlichen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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