Bauwerk

Kornhaus - Umbau
SAM ARCHITEKTEN AG, Claudio Silvestrin, Grego und Smolenicky - Bern (CH) - 1999

Haus der Architekturen

Das Berner Kornhaus in neuem Glanz

6. November 1999 - Roderick Hönig
Das Kornhaus in Bern erzählt eine wechselvolle Baugeschichte. Der ehemalige Kornspeicher wurde 1711 bis 1718 errichtet. 1895 bis 1898 baute der Architekt Adolf Tièche das gedrungene Haus am heutigen Kornhausplatz in ein stattliches Gewerbemuseum mit einem luftigen zweigeschossigen Ausstellungssaal um. Dafür vergrösserte er die schmalen Lüftungsschlitze an der Fassade in lichte Fenster und ersetzte im ersten und zweiten Obergeschoss die hölzerne Tragkonstruktion durch genietete Eisenstützen mit elegant geschwungenen Fachwerkträgern. Aus Anlass des europäischen Jahres für Heimatschutz und Denkmalpflege haben dann die Architekten Hans Haltmeyer und Ulrich Stucky den Bau 1975 bis 1980 restauriert und die Fassaden wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt. Das ist heute schwer zu verstehen, denn aus dem ehemaligen Tageslichtmuseum ist dabei wieder ein dunkler Kunstgewerbespeicher geworden.

Im Jahr 1987 entwickelte die Stadt dann ein neues Konzept für eine Nutzung des geduldigen Baus: Schwerpunkt des neuen Kornhauses sollte das Forum für Medien und Gestaltung werden. Letztes Jahr ist nun dieses kleine Centre Pompidou nach gut einjähriger Bauzeit eröffnet worden. Für den 15 Millionen Franken teuren Umbau waren sam Architekten aus Zürich verantwortlich. Kern des neuen Kornhauses ist der öffentlichen Stadtsaal, den zwei Kuratoren des Forums für Medien und Gestaltung mit vier bis sechs Ausstellungen pro Jahr bespielen. Zwischendurch ist der Raum auch Heimat des Architekturforums Bern. Darum herum gliederten die Architekten die Regionalbibliothek Bern mit ihrer Abteilung für Gestaltung. Unter das Dach des viergeschossigen Baus placierten sie dann noch das Kornhaustheater, die Kammerbühne des benachbarten Stadttheaters. Der Auftrag für das Café im Erdgeschoss hingegen ging an den italienischen Designer Claudio Silvestrin. Er kleidete die Halle unter den Arkaden mit etwas schwerfälligen Glaswänden ein und machte aus dem ursprünglichen Aussenraum ein elegantes sandfarbenes Designer-Café mit urbanem Flair.

Das letzte Umbauvorhaben, das Restaurant im Keller, gestaltete das Zürcher Architektenduo Grego und Smolenicky. Das monumentale Gewölbe des traditionsreichen Restaurantkellers mit seinen geschützten üppigen Fresken von Rudolf Münger liess jedoch keine grosse Geste zu. Die Architekten respektierten wohl oder übel die folkloristische Festlichkeit und setzten ihr schlichte Formen und Materialien gegenüber. Nun ist jeglicher Zeughauskeller-Mief verweht, und es ist ein elegantes Restaurant mit grossen stilvollen Lounges auf der Galerie entstanden. Mit der Wiedereröffnung des renovierten und umgebauten Kornhauskellers am vergangenen Sonntag ist das vorerst letzte der vielen Um- und Rückbaukapitel des Baudenkmals abgeschlossen worden. Bern besitzt mit dem Kornhaus nun nicht nur einen vielfältigen und lebendigen Kulturbau, sondern auch ein ein Haus der unterschiedlichsten Architekturen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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