Bauwerk

Grosses Nationaltheater
Paul Andreu - Peking (VRC) - 2007
Grosses Nationaltheater, Foto: Christian Richters / ARTUR IMAGES
Grosses Nationaltheater, Foto: Christian Richters / ARTUR IMAGES
Grosses Nationaltheater, Foto: Christian Richters / ARTUR IMAGES

Halb Ufo und halb Seifenblase

Eine Nationaloper von Paul Andreu für Peking

1. Oktober 1999 - Roman Hollenstein
Peking ist heute - 50 Jahre nach der Gründung der Volksrepublik China - nicht mehr die verschlossene Metropole von einst. Die Öffnung der letzten Jahre manifestiert sich zunehmend auch in der Architektur. Vor drei Monaten fand in der Grossen Halle des Volkes am Platz des Himmlischen Friedens ein internationaler Architektenkongress statt, an dem Stars aus aller Welt über die Stadt der Zukunft debattierten. Und nun wurde rechtzeitig auf den 1. Oktober bekanntgegeben, dass an diesem Platz der Neubau der Chinesischen Nationaloper errichtet werden soll.

Die schon kurz nach der Schaffung des Tiananmen-Platzes diskutierte Idee eines neuen Opernhauses war von der Regierung 1997 wieder aufgenommen worden. Im vergangenen Jahr schrieb sie einen international geladenen Wettbewerb aus, an dem sich etwa gleich viele chinesische wie ausländische Architekten beteiligten. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, heisst - sehr zur Überraschung der vor der Entscheidungsfindung der Jury siegessicheren chinesischen Architektenschaft - der Preisträger Paul Andreu. Der 1938 in Bordeaux geborene Pariser Architekt, der bisher weniger als Vordenker, denn als Macher aufgefallen ist, zählt zwar nicht zu den Stars der französischen Baukunst, doch hat er sich mit seinen Bauten für den Flughafen Charles-de-Gaulle - etwa den TGV-Bahnhof - und als Partner von Spreckelsen an der Grande Arche einen Namen als Realisator grosser Bauten gemacht.

Diese Erfahrung wird ihm in Peking zweifellos zugute kommen. Denn das von ihm entworfene Projekt einer flach in einem künstlichen See gelegenen Schale aus Titan und Glas - halb Ufo und halb Seifenblase - hat gigantische Dimensionen. Der auf rund 500 Millionen Franken veranschlagte Neubau, der eine Oper, einen Konzertsaal und zwei kleinere Theater umfasst, soll dank einem Bautempo, wie man es bisher nur von Hongkong und Schanghai her kannte, bereits im Jahr 2002 eingeweiht werden. Dann wird dieser erste westlich inspirierte Monumentalbau Pekings im chinesisch-konservativ geprägten Ambiente zwischen der Grossen Halle des Volkes und den Mauern der verbotenen Stadt am Tiananmen zum Symbol der Öffnung, der Internationalisierung und einer an westlichen Vorbildern inspirierten Modernisierung einer lange auf chinesische Werte verpflichteten Gesellschaft.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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