Bauwerk

Zubau Haus K.
X ARCHITEKTEN - Linz (A) - 2004

Filigraner Sonnenfänger

Mit einem kleinen, feinen Zubau auf schmalen Stützen schenkten die xarchitekten einem Linzer Einfamilienhaus viel Sonne im Inneren, zwei Balkone, eine Dachterrasse und einen gedeckten Eingang bei freier Garagenzufahrt.

22. Mai 2004 - Isabella Marboe
Wo die Einfahrtsschneise der Mühlkreisautobahn im Osten das Linzer Stadtgebiet klar von der Industriezeile am Hafen trennt, liegt eine schmucke Arbeitersiedlung der Nachkriegszeit. Einfache, zweigeschoßige Häuser mit steilen Dächern und Gärten reihen sich hier aneinander.Mit der Zeit verpassten ihnen die Nutzer mit frischen Anstrichen, Dachgaupen und Vorbauten einen neuen Stil, was der homogenen baulichen Grundstruktur einen patchworkartigen Charakter gibt. Hier teilen sich die Bauherrn die Nordhälfte eines Doppelhauses mit dem Cousin zu ebener Erde und der Tante im ausgebauten Dachgeschoß. Ca. 9,5 m im Quadrat bilden je ein Haus, der Grundriss gehorcht der kargen Ökonomie der Nachkriegszeit: Eine Holztreppe im NO-Eck, ein knapper Flur, ein kleines Fenster belichtet je zwei Räume in West und Ost, nordseitig reihen sich WC, Bad und eine 3 m²-Miniküche aneinander. Das Haus liegt auf ca. 20 m breitem, fast 40 m tiefem Grund, an der Schmalseite im Westen ist die Straße, im Norden der Eingang, es musste saniert werden.

Die Bauherren schlafen gartenseitig im Osten bei offenem Fenster, wollten Frischluft und gleichzeitig Schallschutz vorm Autolärm. Dafür entwickelten die xarchitekten einen intelligenten, ästhetischen Prototyp. Das neue Schallschutzglas sitzt ca. 5 cm vor der Fassade, was Luftzug gewährt. Ein breites, die unteren Frequenzen filterndes Schallschutzschaumstoffband rahmt die Fensteröffnung dahinter. So dringen Motorengeräusche nicht ein, man hört nur noch Vogelgezwitscher. Die verschiebbaren Glasquadrate laufen an einer Aluschiene. Subtil variiert sie das nachbarliche Fensterfaschenthema, der Kellerzugang drunter hat ein neues, zartes Blechdach.

Der Altbau wurde außen gedämmt und vom First zum Boden durchgehend in Orange getaucht, bei geschlossenen Jalousien verschwinden die Fenster in der Farbe. Außerdem wollten die Bauherrn einen multifunktionalen Extraraum mit viel Platz, Licht, Luft, Sonne und Freiraum zumMusikhören, Essen und Entspannen. Die Zufahrt zur alten, nun orangefarbenen Garage im Nordosteck sollte bleiben. DieWidmung ließ nur eine Zubaumöglichkeit offen: in den beschatteten Fluchtlinien des Altbaus im Norden. Die xarchitekten entwarfen ein filigran gefaltetes, aus sechs Stahlrahmen konstruiertes Gebilde, das mit folienverkleideter Schneise ans Treppenpodest der Wohnung im zweiten Stock andockt. Mit unbehandeltem Aluwellblech verkleidet, sitzt es wie ein Baumhaus auf zarten I-Träger-Stelzen. Ungehindert geben sie Gartenblick und Durchgang frei, ihre Untersicht reflektiert das Licht, nachts beleuchten Scheinwerfer den Eingang, dessen dynamisches Flugdach die Variation anMetalloberflächen komplettiert.

Abstrakt verfremdet nimmt der Bauköper den ortsprägenden Haustyp auf. Seine Urform wurde wie eine Schachtel aufgeklappt, sodass sich das �Satteldach� zur Sonne öffnet. Es wirkt wie eine Parabolantenne als Lichtfänger, der Sonnenstrahlen über eine Glasfläche am Dach in den Raum lenkt. Von oben uneinsehbar, fallen sie durch den Luftraum zwischen den Stahlskelettträgern ins Innere, wo sie die schräge untere Wandfläche nach oben reflektiert. Eine Neonröhre an der Deckenkante setzt das Lichtspiel nachts fort. In Ost undWest öffnet sich die Zubaufaltung mit raumhohem Glas und Schiebetür zu zwei Balkonen, zarteMetallsteher mit rudimentären Netzen bilden das Geländer, man blickt durchs Blätterdach der schönen Magnolie an der Straße über die Siedlung. Am Dach hat die Tante auf einer Ebene mit ihrer Wohnung eine Terrasse mit weitem Linzpanorama.

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