Bauwerk
Bildhafte Abstraktion
Die bestehenden Schulbauten mit Werkhallen und Lagerschuppen der Hochschule in Biel sollten erweitert werden. Die Architekten Conzett, Bronzini, Gartmann fügten südlich des Areals die neuen Werkhallen direkt an den Bestand an. Als Gegenpol entstand ein viergeschoßiges, kubisches Lehrgebäude. Der 94 m lange und 17 m hohe Holzbau hebt sich von den flachen Nachbarbauten als markantes Zeichen ab. Das Flachdach kragt weit aus und bildet den Wetterschutz der Holzkonstruktion und der vorgehängten Eichenholzfassade. Der Erschließungskern wurde in Beton ausgeführt, die Schuleinheiten sind als selbsttragende Holzkonstruktion ausgeführt. In den Klassenzimmern sind verschiedene Holzarten für die Oberflächen verwendet worden. Bei allen Gebäudeteilen wurden Holz und Beton je nach konstruktiver Eigenschaft optimal zusammengefügt.
Die Hochschule für Holzwirtschaft wurde mit dem »Prix Lignum 1999« ausgezeichnet.
Das dominante, weit auskragende Flachdach ist nicht nur eine formale Spielerei, sondern entscheidend für den Wetterschutz der Holzkonstruktion. Das Attikageschoß ist auf den Längsseiten um die Balkonschicht zurückversetzt. In den unteren drei Geschoßen durchbrechen auf beiden Hauptfassaden des Gebäudes eingezogene Terrassen die mit Fenstern horizontal strukturierten Wände und lassen das Tageslicht bis in die Erschließungszonen vordringen. In umgekehrter Richtung entstanden so Beziehungen aus dem Gebäude heraus in die Landschaft. Auf Kontraste als Kunstgriff setzen die Architekten im Inneren des neuen Lehrgebäudes. Auf der Ebene der Materialisierung tritt der rohe Beton der Korridore und Treppenhäuser in ein faszinierendes Wechselspiel mit den aus unterschiedlichen Holzarten gebildeten Oberflächen der Klassenzimmer und der übrigen Räume. Die Freude an Proportionen und präzisen Details bestimmt das ganze Gebäude.
Das von den Ingenieuren Conzett, Bronzini, Gartmann aus Chur erarbeitete konstruktive Konzept nutzt beide Materialien, Holz und Beton, optimal. So wurden etwa die den Baukern umgebenden Schuleinheiten als selbsttragende Holzkonstruktion ausgebildet. Dadurch werden die Betondecken des Erschließungskerns nicht durch die Vertikallasten des Holzbaus belastet. Sie tragen primär sich selbst und wurden deshalb als vorgespannte Flachdecken mit großen Spannweiten erstellt. Das Lehrgebäude und die Werkhallen der Hochschule für die Holzwirtschaft sind sichtbarer Beleg dafür, dass ein Bau aus Holz auch im städtischen Kontext bestehen kann. (1)
Die konstruktiven Entscheidungen folgen nicht apriorischen Vorstellungen über neue Arten, mit Holz zu bauen, die verschiedenen Konstruktionen sind vielmehr nach ihrer Zweckmäßigkeit verwendet, pragmatisch, von Fall zu Fall, nicht dogmatisch. Die Architekten haben nicht konstruktive Einheitlichkeit angestrebt: Sie hätte sie zu Entscheidungen geführt, die nicht nur in der Wirklichkeit einer Konstruktion begründet sind. Wenn es trotzdem eine Einheitlichkeit gibt, so liegt sie in der Art, die Konstruktion zu denken, nicht in der Konstruktion selber, die sich daraus von Fall zu Fall ergibt. (2)
Für den bis ins Detail klugen Einsatz des Baustoffes Holz wurde die Schweizerische Hochschule für die Holzwirtschaft mit dem »Prix Lignum 1999« ausgezeichnet.
(2) Martin Steinmann aus: Schweizerische Hochschule für die Holzwirtschaft, Biel Marcel Meili, Markus Peter mit Zeno Vogel Verlag Niggli AG, 2000
Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt
Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifel
Akteure
ArchitekturTragwerksplanung
Fotografie