Bauwerk

Einfamilienhaus Grabner
projektCC - Graz (A) - 2004

Aus der Norm gehoben

Das Grundstück war extrem steil, dafür günstig. An ein Fertigteilhaus von der Stange war hier nicht zu denken. Zu einem Preis unter der Norm planten Christian Tabernig und Harald Kloiber ein unkonventionelles Hofhaus auf Stützen, das souverän über dem Hang schwebt, Süd-West-Sonne und Ausblick schenkt.

6. August 2005 - Isabella Marboe
Eklatanter Platzmangel zwang das Paar mit zwei Kleinkindern zum Rückzug auf den elterlichen Hof in der Oststeiermark: eine belastende Situation, nach zwei Jahren war endlich an der Grazer Peripherie in Gösting leistbarer Baugrund gefunden. In Fahrraddistanz von seiner Arbeit herrscht am abfallenden Nordhang tiefste Ländlichkeit: durch dichtes Grün späht man über den Teich in Nachbars Garten die enge Talsohle hinab, wo ein Bach fließt. Gegenüber winkt malerisch die Burgruine Gösting vom sonnenbeschienenen Waldhang.

Die Finanzen waren vom Grundkauf ausgedünnt, rasch brauchte die Familie ein preiswertes, ebenerdiges Haus fürs ganze Leben: naturnah, sparsam im Energiebedarf, mit viel Licht und Luft, offenen Kochwohnessraum, Arbeitsplatz und eigenen Schlaf-Gäste-Kinderzimmern. Harald Kloiber und Christian Tabernig fanden eine unkonventionelle Hanglösung unterm Fertigteilpreis: bravourös planten sie ein terrassenflankiertes, L-förmiges Hofhaus, das mit freier Weitsicht auf Stützen überm Gelände schwebt und in sieben Monaten fertig war.

Knapp 30 Meter breit, fast ebenso lang liegt der felsige Grund an einer ansteigenden Strasse im Süden, bis zur Nordbaulinie fällt er fast vier Meter, zur Grundgrenze fast zehn Meter ab. Um den Garten zu wahren und dem Wohnen auf einer Ebene Privatfreiraum zu schaffen, wurde das Fundament als Plattform fürs Leben vier Meter hochgehoben. Wie am Tablett schwebt der klare Baukörper mit Innenhof und Talblick auf elf zarten eingespannten Stahlstützen über Hang und Nachbarn, ohne deren Sicht zu stören. Lasten-kosten- und bauzeitminimierend sind Dach und witterungsexponierte Außenwände des vorgefertigten Holzleichtbaus mit Alwitra- Folie überzogen, dem gedeckten Wohnweichteil um den Hof am Hochplateau genügen die konstruktiven OSB-Platten als schöne, warme Oberfläche. Estrich und Zwischenwände wirken als Speicher, die vordachbeschattete, raumhohe Fixverglasung ist ein Wärme, Süd-Westsonnen- und Blickfänger. Ein horizontales Fensterband am ostflankierenden Schlaftrakt, Eichenparkett, Kamin und Oberlicht schaffen luftig-wohlige Atmosphäre im engen, grünen Bachtal.

Dem nahen Ostnachbarn zeigt der lange Schlaftrakt seine olivgrün schillernde Folienhinterseite, das Haus wirkt wie ein Caravan, der im Wald parkt. Ein Wohnmobil fürs Leben, das mit einem luftigen, lärchengedeckten, breiten Zugangssteg am Südosteck beim Parkplatz vor Anker ging, später wird noch die Baufrauenpraxis andocken. Vordachgeschützt zeigt hier das Hausinnere seine pure, weiche OSBHaut. Hinter Technik und morgenbesonntem Elternschlaf- Schrankraum fängt deckenhohe Verglasung am breiten Spielflur das Westlicht ein, die Kinder können alle Ankommenden sehen oder geschützt vom umlaufenden, blickdurchlässigen Geländer am Steg spielen, der sich zur schwebenden, L-förmigen, südund westbesonnten, gedeckten Terrasse um den Wohnraum auswächst.

Fließend geht der Spielflur in den offenen Arbeitsplatz am Ostfenster über, auch das angrenzende Bad und die Kinderzimmer haben im Liegen vom Hochbett Morgensonne und Kirschbaumblick. Wo sich der Steg zur Terrasse weitet, ist der Eingang mit Garderobe an der Flur- Schnittstelle von individuellem und gemeinsamem Familienleben. Zentrum des langgestreckten Wohnens ist ein gemauerter Kaminsolitär, der selbstverständlich die Raumbereiche definiert. Gesessen wird am Feuer, den offenen Küchenblock mit Regalrücken an der Ostwand erhellt eine Lichtkuppel, lapidar sitzt ein stellflächenbietender Fensterstock zum Durchlüften im großen, nordseitigen Fixglas. Gewohnt wird an der Glasschiebtür zur weiten Terrasse im Südwesteck mit Panoramarahmen ums nachbarliche Hausidyll.

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