Die Kunst der Kommunalpolitik besteht darin, den in einem Fachgebiet abgesicherten Stand des Wissens zu einer Planungsmaterie mit dem aus ganz anderen Quellen gespeisten Stand des Bewusstseins der meinungsbildenden Gruppen in der Gemeinde soweit in Einklang zu bringen, dass die Realisierung ohne Gesichtsverlust möglich wird. Die Perspektiven der Planer und der Bürger sind naturgemäß divergent, aber nicht notwendig unvereinbar. Zusammenführbar sind sie durch rechtzeitige Bürgerinformation und -beteiligung. Repräsentative öffentliche Bauten im ländlichen Raum sind die härtesten Prüfsteine gelebter Baukultur.
Die Marktgemeinde Oberalm verdient Anerkennung für den selbstbewussten architektonischen und städtebaulichen Auftritt ihres neuen Gemeinde- und Vereinszentrums. Sie hat sich auf einen EU-weiten Architekturwettbewerb eingelassen, dessen Gewinner mit der Generalplanerleistung beauftragt und die Zweifel der Bürger ausgeräumt bzw. latente Modernitätsängste überwunden. Es war eine bemerkenswerte Leistung des verstorbenen Bürgermeisters Rudolf Schürer, den Baubeschluss herbeizuführen.
Das Bauwerk überzeugt als zentrierendes Element der entlang der Hauptstraße organisierten Gemeinde, es entsteht durch die Baukörperstellung und -durchbildung ein vielfältig aneigenbarer öffentlicher Raum. Es wurde nicht nur ein würdiges Gemeindehaus gebaut, sondern ein starker Ort geschaffen. Die architektonische Gegenwart holt Oberalm mit diesem Bau endlich ein, kontrastiert freilich stark mit den Stilblüten der Nachbarschaft. Am Weg aus provinzieller Enge zu einem vielfältigen, charakteristischen Bauensemble braucht Oberalm noch viele solcher in sich schlüssiger, nichtsdestotrotz kontroversieller Architekturen. (Jurytext Architekturpreis Land Salzburg 2006, Walter M. Chramosta)