Bauwerk

Haus am Ruckerlberg
Szyszkowitz · Kowalski - Graz (A) - 2001

Ein Haus aus lauter runden Ecken

Im linsenförmig zugespitzten Baukörper fanden Szyszkowitz-Kowalski am Grazer Ruckerlberg die Form, die dem fließenden Lebensgefühl der Bauherrenfamilie entspricht.

25. Februar 2006 - Isabella Marboe
Eine Linse, die sich an beiden Enden zur Kante zuspitzt, gab dem Haus am Ruckerlberg von Szyszkowitz-Kowalski seine Gestalt. Sie lässt sich nicht aufs prägnante Bild verknappen, entzieht sich der Kameralinse, um beiderseits in sanftem, viel Wandfläche bietendem Bogen zu entgleiten. Bewegung ist der Schlüssel zu diesem Haus, das umrundet, begangen, in seiner inneren Weite erlebt sein will.

Nach 26 Jahren in der Grazer Startwohnung war für den Bauherrn die Zeit reif zum Haus fürs Leben. Er war am Land aufgewachsen, seine Frau malt, beide wollten die Natur im Tagesverlauf erleben. Zwei Jahre suchten sie, bis sie den Traumgrund am Ruckerlberg fanden. Umgeben von Einfamilienhäusern im Grünen, liegt die fast quadratische, ca. 34 Meter breite Parzelle am Hang, der von der ansteigenden Straße im Osten stark abfällt und mit Alpenbogen-Panorama lohnt.

Ein Architekt muss her

Der Bauherr ist Statiker, doch dem Eigenentwurf fehlte die spezielle Komponente, um sein Lebensgefühl auszudrücken - ein Architekt musste her. Szyszkowitz-Kowalski kannte er von häufiger Zusammenarbeit, sie planten sein Haus, die Bauleitung übernahm er selbst.

Vernünftig sollte es sein, ökonomisch, aus Ziegeln, nach außen verschlossen, innen so weit und offen wie die Familie lebt. Einen großen, gastlichen Raum zum Lesen, Fernsehen, für das tägliche gemeinsame Kochen und Essen sollte es haben. Außerdem ein geräumiges Zimmer für die Tochter, ein helles Malatelier für sie, einen Arbeitsraum und einen Platz unter freiem Himmel für ihn.

Sonne und Weite

Die paradoxe Linsengeometrie schafft eine fließende Grenze, umschreibt einen Raumbogen, der sich in alle Richtungen umfassend öffnet und ein Maximum an Panorama, Sonne und Weite einfängt. An ihren Enden aber tritt sie kaum in Erscheinung: Der Straße zeigt das Haus seine schmale Südost-Kante, um sich mit der Nordwest-Breitseite zum Garten aufzufächern.

Ein Glasschlitz steigert die Neugier aufs Dahinter. Effektvoll erhellt er die Innenstiege an der Wandwölbung und adelt sie zum Raum. Sie führt auf den Dachgarten, wo der Hausherr oft liegt und den blitzblauen Himmelsblick genießt. Turmartig schraubt sich das Haus vom straßenseitigen Entree mit Terrasse in den Nordwest-Hang zum Wintergarten, wo sich das alpine Vollpanorama von Kleinalm bis Schöckl entfaltet.

Der Wintergarten liegt am tiefsten Linsenpunkt und bildet den intimen Gegenpol zur Eingangsspitze. Vollverglast und rechteckig, wird er mit Wendeltreppe, Terrasse und Schwimmbiotop zum lichten, grünen Kern des Untergeschoßes. Seine zwei Innenseiten schneiden ein transparentes Eck in den Linsenfluss, schaffen so in einem Raum zwei getrennte Bereiche: Im Westen hat die Baufrau ihr Atelier mit Biotopblick, im Norden arbeitet der Bauherr bei Voralpenperspektive.

Wie eine schützende Zwiebelschale wölbt sich die Nordost-Breitseite um Schlaf-, Ankleide- und Kinderzimmer, um sich hinter der Carport-Sichtbetonwand mit großer Mattglasscheibe und Klapptür für die Katze vorsichtig zum Eingang zu öffnen.

Breitseite auf die Alpen

Luxuriös zelebriert das Innere an der gewölbten Südwest-Breitseite in transparenter Weite das Rundpanorama am Hang. Bequem parkplatznah, liegt die Küche in der äußersten, vom Fensterband überm Herd geschlitzten Zwiebelschale, die sich mit einer Glastür auf die oberste Terrasse öffnet und in der leicht verengten Glasbogenfront des nahtlos anschließenden Wohnraums fortsetzt. 4,40 Meter hoch, sonnenhell, mit Kamin und effektvoll von oben belichteter Wandscheibe, vor der das patinabehaftete Startwohnungsledersofa steht, fließt der Zentralraum sanft im Norden in der Bibliothek am Wintergarten aus. Hier hat man nicht nur den Ausblick, sondern via Wendeltreppe auch den Einstieg ins Grüne.

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