Bauwerk

Museum der Moderne
Friedrich Poerschke Zwink Architekten Stadtplaner - Salzburg (A) - 2004

Kiste mit Jägerstüberl innen drin

Das Salzburger Museum der Moderne ist nun auch offiziell eröffnet - Enttäuschung hinter der geraden Linie ...

Das Salzburger Museum der Moderne ist nun auch offiziell eröffnet. Und lädt ein, die Enttäuschung hinter der geraden Linie zu erleben. Und die Depression im Jägerstüberl

23. Oktober 2004 - Markus Mittringer
Am Mönchsberg steht ein Jägerstüberl. Es ist von außen nicht als solches zu erkennen. Weil sich nämlich ein karges Museum über das Jägerstüberl stülpt. Dort, wo einst das Café Winkler stand, befindet sich jetzt das Museum der Moderne. Es ist schon länger offen, eröffnet wurde es aber erst jetzt. Das hängt mit den Festspielen zusammen, die frecherweise im Sommer schon stattfanden.

Und da die Salzburger Festspiele ja allerhand Besucher anlocken, zu welchem Zweck ja Salzburg von der Österreich Werbung erst errichtet wurde, musste das Museum eben schon im Sommer eingeleuchtet werden. Und jetzt, da es sich erst richtig fertig zeigt, will gar nicht recht viel Glamour aufkommen.

Allein ein Faktor ist es schon; und startet daher auch gleich mit der Vision einer Sammlung. Mit der Behauptung also, es hätte keine richtige eigene. Weil das, was an Grundstock so da ist - die Sammlung des Kunsthändlers Friedrich Welz, die später dann ergänzt wurde um Figuratives und Fotografie durch Otto Breicha, um Egon Schiele durch Peter Weiermeier - mag nicht recht in den Zeitgeist passen, für den die Direktorin des Hauses steht.

Der Zeitgeist fordert das internationale Format, und so wurde mit allerhand Leihgaben an einer Vision einer Sammlung gearbeitet, die so international werden will, auf dass man sie bald schon nicht mehr von anderen Sammlungen unterscheiden wird können. Das ist ein weiter Weg, aber mit Vanessa Beecroft ist schon ein guter Anfang gemacht. Die findet sich, samt ihren jeweils unterschiedlich gruppierten Nackerten, nun endlich auch in Salzburg.

Eine Tischgesellschaft stellt die Beecroft diesmal unter Zuhilfenahme tadellos gertenschlanker Models - kritisch wie immer - dar. Und mit allerhand Leihgaben aus den bewährten Sammlerhänden der Familien Batliner oder Thyssen Bornemisza oder Ploil, nebst einer Imi-Knoebel-Schenkung durch Thaddaeus Ropac kommt dann, ergänzt durch die untadelig kühle Architektur des Münchner Büros Klaus Friedrich, Stefan Hoff und Stefan Zwink, kommt dann doch Weltstadtstimmung auf, an der Salzach, die - ganz so weltstädtisch wie Graz - auch schon eine Insel hat. Nur weniger Acconci-mäßig, mehr in Richtung der bewährten Atterseeschifffahrt designt. Zum Museum ist sonst noch zu sagen, dass es lichttechnisch besser funktioniert als die eigentliche Eröffnungsschau - Ein-Leuchten - vermuten ließ.

Die über drei Etagen und 2300 Quadratmeter verteilten Räume bleiben aber bedrückend nieder. Doch wichtiger sind ja heutzutage, wo es vorwiegend darum geht, Einnahmen zu lukrieren, der Shop und das Wirtshaus. Das Wirtshaus ist der schönste Raum des neuen Mönchsbergkomplexes. Leider hat ihn Mattheo Thun verschandelt, weil ihm nichts Besseres eingefallen ist, als seine Installation Lusterweibchen - darunter muss man sich jetzt ein von der Decke schwebendes Band aus ganz vielen Hirschgeweihen vorstellen - mit lila bezogenen und ansonsten blattvergoldeten Sessel zu kombinieren.

Mozartkugel-Würfe

Die übrigen Sitzgelegenheiten sind grün, und man greift intuitiv nach einer vollen Ladung Mozartkugeln, den Meister dorthin zu bomben, wo er auch hingehört: in die 80er-Jahre, in denen man sich unter Design etwas unbedingt Lustiges vorzustellen hatte. Da hilft letztlich nur noch die Zuflucht. Eva Schlegl hat eine Lounge gebaut - so etwas braucht ein Museum heutzutage unbedingt - in der man es echt aushält. Zumal man ja im Shop ein Buch kaufen kann, um abzutauchen.

Salzburg hat nun also auch offiziell ein Museum der Moderne. Es schaut tadellos aus, ist aber voll von Kunstwerken, die gemäß der Vision ausgesucht wurden, es möglichst schnell verwechselbar zu machen. Das ist schade. Weil, wie Tim Noble & Sue Webster in ihrer Neonarbeit so allgemein gültig feststellen: Man hätte so gerne wieder einmal „fucking beautiful“ gesagt und damit nicht nur die Hülle gemeint.

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