Bauwerk

Umbau Parkhotel Bellevue
Buchner Bründler - Adelboden (CH) - 2006

Neues Innenleben für alte Häuser

Hotelerneuerung am Beispiel des Parkhotels «Bellevue» in Adelboden

Umbauten von Hotels sind derzeit bei Architekten beliebt. Davon zeugt die Erweiterung des Hotels «Tschuggen» durch Mario Botta in Arosa ebenso wie jene des «Dolder» in Zürich durch Norman Foster. Stellvertretend für all diese Erneuerungen soll hier das von Buchner Bründler revitalisierte Parkhotel «Bellevue» in Adelboden betrachtet werden.

5. Januar 2007 - Brigitte Selden
Die schweizerische Hotelszene ist im Umbruch. Nach jahrelanger Zurückhaltung haben die Hoteliers die Architektur als Zugpferd entdeckt. Eine Vorreiterrolle kam Peter Zumthors Therme in Vals zu; und gerade konnte der von Mario Botta gestaltete Wellnessbereich des Hotels «Tschuggen» in Arosa eröffnet werden. Die meisten Interventionen betreffen bestehende Bauten. Denn historische Hotels sind seit einiger Zeit beim Publikum wieder beliebt. Doch entsprechen viele dieser baulichen Zeitzeugen nicht mehr den räumlichen und technischen Anforderungen. Hier sind kreative Architekten gefragt. So baute etwa Ben van Berkel einen Teil des Hotels «Castell» in Zuoz in einen Fifties-Revival um, während der andere vom St. Moritzer Architekten Hans- Jörg Ruch in einem Arvenholz-Minimalismus gestaltet wurde. Schon zuvor hatten Quintus Miller und Paola Maranta das Erdgeschoss des «Waldhauses» in Sils Maria einer sensiblen Renovierung unterzogen. Diener & Diener verhalfen dem ehrwürdigen «Schweizerhof» in Luzern zu einem zeitgemässen Auftritt, dieweil Franz Romero und Markus Schaefle das Zürcher Hotel «Greulich» in eine innerstädtische Oase verwandelten.

Bildhaftigkeit

Jüngstes Beispiel für einen gelungenen architektonischen Eingriff in einen traditionsreichen Hotelkomplex ist das Parkhotel «Bellevue» in Adelboden. Das Haupthaus wurde 1931 in der Formensprache der Moderne von den Interlakner Architekten Urfer & Stähli gebaut. Über die Jahrzehnte hinweg wurde das Gebäude erweitert und in seinem ursprünglichen Charakter verändert. Für den jüngst realisierten Umbau zeichnen Daniel Buchner und Andreas Bründler verantwortlich. Die beiden jungen Basler Architekten haben bis anhin vor allem Wohnbauten realisiert - etwa das Lofthaus an der Colmarerstrasse in Basel, für das sie 2002 die «Auszeichnung für gutes Bauen» erhielten. Die Projekte spiegeln das Interesse der beiden Architekten am freien Modellieren von Baukörpern in vielfältigen Formen und Materialien. Die Faszination für plastische Gestaltung wird auch in Adelboden spürbar.

Der Umbau umfasst den Restaurant- und Lounge-Bereich im Erdgeschoss sowie neun Doppelzimmer und drei Juniorsuiten. Die Schwierigkeit des Auftrags bestand darin, eine Allgemeingültigkeit für den heterogenen Hotelkomplex zu schaffen. Die Räume sollten wieder eine klare Linienführung und Bildhaftigkeit erhalten. Als Referenz wählten die Architekten das Haupthaus und seine Geschichte. Bei der Gestaltung und Möblierung der Räume wurde die Nähe zu den dreissiger Jahren gesucht, aber auch zur Verspieltheit und Üppigkeit des Art déco.

Nach der Neugestaltung wirkt das Treppenhaus nun offen und luftig. Dadurch dass die Korridore bis in den Gartenflügel vereinheitlicht und begradigt wurden, hat das Hotel ein neues Rückgrat erhalten. Grundrissveränderungen im Erdgeschoss führten zu einer neuen Grosszügigkeit. Vor dem Umbau bestand dieser Bereich aus drei unterschiedlichen Räumen. Jetzt sind es nur noch zwei: die Eingangshalle mit Speisesaal, die in den neunziger Jahren umgebaut worden war, sowie das von Buchner Bründler gestaltete Restaurant mit Bar und Lounge. Dieses öffnet sich jetzt mit grossen Panoramafenstern zum Garten und zu den Bergen hin.

Für die Innenraumgestaltung suchten die Architekten einen Bezug zur Natur und setzten Hölzer ein sowie die Naturfarben Grün und Braun. Das Alpine thematisierten sie aber auch auf einer bildhaft abstrakten Ebene. Ausgehend von der Idee der Waldlichtung, schufen sie eine aus beleuchteten Holzästen konstruierte Wand in der Lounge, die Ein- und Ausblicke gewährt. Im Restaurant sorgt eine abgehängte Holzdecke mit ihren zu Ornamenten arrangierten, hinterleuchteten Öffnungen für ein Licht-und-Schatten- Spiel, das wie ein Blick in eine Baumkrone wirkt. Die Bar, ein leuchtender Korpus aus brüniertem Messing, Glas und Mooreiche, dient als Scharnier zwischen Restaurant und Lounge. In der Lounge dominieren Rot- und Brauntöne, die eine abendlich feierliche Stimmung signalisieren sollen.

Poesie des Ortes

Die neugestalteten Gästezimmer wollen durch die teilweise von zwei Seiten begehbaren Bäder möglichst grosszügig erscheinen. In der Wand zwischen Bad und Zimmer ist jeweils ein rotes Glasfenster mit Reliefarbeiten eingelassen, das den Hausberg in Adelboden, den Wildstrubel, zeigt. Schliffscheiben genannte Glasarbeiten aus dem Engstligental inspirierten die Architekten zu sandgestrahlten Reliefarbeiten. Auch das Naturthema wird in den Zimmern farblich und in der Materialwahl weitergezogen. Dabei sind die mit italienischen Möbeln sehr modern gehaltenen Juniorsuiten weniger der Poesie und Materialität des Ortes verbunden als die vor allem mit dänischen Möbelklassikern von Hans J. Wegner ausgestatteten Doppelzimmer. Auch in diesen handwerklich präzise gearbeiteten Stücken mit ihrer schlichten, innovativen Formensprache, die Ruhe und Zeitlosigkeit ausdrückt, sehen die Architekten einen Bezug zu den Bergen, wo Handarbeit und Handwerk immer noch verbreitet sind.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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