Bauwerk

Kindergarten Schukowitzgasse I
Georg W. Reinberg - Wien (A) - 2006

Kinder, Sonne, Wärmetank

Wien-Breitenlee erfreut sich regen Zuzugs und vieler Kinder. Neben die Volksschule setzte ihnen Architekt Georg Reinberg ein Kindertagesheim in Passivbauweise in die Wiese.

3. März 2007 - Isabella Marboe
Kindergärten haben im roten Wien eine lange Tradition, einige Bauten waren wegweisend. Den Architekten Friedl Dicker und Franz Singer glückte im Kindergarten des Goethe-Hofs eine Symbiose aus Raum und Montessori-Pädagogik. Doch auch in neueren Tagen ist der Kindergarten eine gern gesehene Aufgabe unter Architekten.

In Breitenlee war ein neues Kindertagesheim dringend nötig. Die Gemeinde Wien schrieb daher einen geladenen Wettbewerb im Niedrigenergiestandard aus. Nach Süden ist das Grundstück offen. „Mit Solarmaßnahmen kamen wir auf Passivhaus-Standard“, erklärt Architekt Georg Reinberg.

Der Extrabedarf an Warmwasser für Windeln und Geschirr wird von Warmwasserkollektoren abgedeckt. Das dunkle, schmale Band, das aktiv und passiv die Solarenergie nutzt, fasst die Nurglasfront im Süden. Hier liegen die Gruppenräume am Garten.

„Die Kinder sollen die Kraft der Sonne im Haus erleben. Alle Leitungen sind frei geführt, im Innenatrium steht der Wärmetank. Am Thermometer sehen die Kinder die Energie regelrecht fließen.“ Vornehm gleitet der kompakte, ebenerdige Baukörper als neuer Kopf im Süden vor die Schule, schafft im Westen einen sicheren Durchstich zum grünen Breitenleer Siedlungsteppich und schließt den einstigen Vorplatz zum geschützten Innenhof. Die hier anschließende Halle ist das soziale Herz des Kindertagesheims.

Raum für Bewegung

Tische und Sessel stehen um den Wärmetank, von den Lüftungsrohren hängen Industrielampen herab, durchs schräge Atriumglas winkt der Himmel. „Wir sind eine Riesenfamilie mit 140 Kindern von null bis zehn Jahren“, sagt Leiterin Ulrike Schwarzkopf, „Bewegung und das Erlernen von Sprache hängen eng miteinander zusammen, der weite Gang gibt uns die Möglichkeit, alle optimal zu unterstützen.“ Hier wagen die Kinder erste Schritte in Gemeinschaft und Selbstständigkeit und lernen ihre Grenzen und Bedürfnisse kennen. Mittels einer Rampe gleitet die offene Mitte zum Laufen, Essen und Spielen in den hohen Bewegungsraum im Osten herab.

In der Garderobe für die Minis steht ein Birkenholzmöbel, wo Erwachsene den Kindern beim An-und Ausziehen helfen können. Jeder Gruppenraum hat einen Sanitärblock in seiner eigenen Farbe und eine intime Nische mit Fenster zum Gang. Da türmen sich Bauklötze, dort liegt eine textilumhangene Matratze. „Die Kinder können sich aufhalten, wo sie sich am wohlsten fühlen“, erklärt Schwarzkopf.

Durch feine Lamellen fällt Streiflicht auf den sonnengelben Kautschukboden, durchs Glas strömen Sonne und Natur in den Raum. Die schallschluckenden Heraklithplatten ziehen feine Bahnen über die Betondecke. Sind die Garderobentüren zwischen den Gruppen offen, entsteht eine fließende Verbindung, in der sich die Kinder frei bewegen.

„Ein Kindergarten wird intensiv beansprucht“, sagt Architekt Reinberg, „entweder sind ganz viele Menschen drinnen - oder keiner.“ Die ständige Bewegung produziere viel Energie, erfordere aber massives Lüften. Die Speichermasse der Betondecke gleicht die Spitzen aus, hohe Dämmung und eine Lüftungsanlage hält die Wärmeverluste gering und den Komfort hoch.

Normalerweise dürfen Kindergartenfenster laut Regelwerk nicht zum Boden reichen, weil die Scheiben zu kalt sind. Hier liegen die Kleinen bei Schlechtwetter am warmen Isolierglas und sehen fasziniert zu, wie der Regen ins Gras fällt. Ihr Kindergarten kostete nicht mehr als andere.

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