Bauwerk

Umbau eines Bauernhofes
DREER2 - Großrußbach (A) - 2006

Perle im Straßendorf

Mit geringem Budget und wenigen Eingriffen machten die DREER2-Architekten einen alten Streckhof im Weinviertel zur neuen Wohnstatt einer Wiener Familie. Mit gezielter Planung konnten die Bauherren damit einem Szenario à la „Hinterholz 8“ aus dem Wege gehen.

17. Februar 2007 - Isabella Marboe
„Unsere Toskana-Woche ist legendär“, sagt der Bauherr. Gemeinsam mit seiner Frau arbeitet er in der freien Theaterszene und fährt mitsamt Team jedes Jahr dorthin, um neue Energien zu tanken. Zurück in Wien, hatten beide eine nachhaltige Sehnsucht und beschlossen, dem anhaltenden Toskana-Gefühl mit eigenem Haus und Hof Rechnung zu tragen. Also suchte man in der Umgebung Korneuburgs ein leistbares Landdomizil mit geschlossenem Innenhof. „Privat für sich unter der Weite des freien Himmels zu sein war für uns Stadtmenschen eine tolle Erfahrung. In diesen gesichtslosen Straßendörfern liegen wahre Perlen verborgen“, erklären die Bauherren.

Die ihrige fanden sie im winzigen Ort Weinsteig: ein eingeschoßiger Streckhof aus dem Jahr 1870 mit gelb verputzter Straßenfassade, großem Tor und einem lauschigen langen Innenhof. Im Osten lag die hohe Mauer des Nachbarn, an die Westflanke des L-förmigen Urhauses wurde in den Achtzigerjahren angebaut.

Das Haus war ein klarer Sanierungsfall. Da man einem etwaigen Abenteuer à la „Hinterholz 8“ aus dem Weg gehen wollte, zog man vor dem Kauf Architekt Andreas Dreer zurate. „Die Böden waren teilweise rausgefault, die Wände schimmlig, die Leitungen veraltet, aber die Substanz sehr brauchbar“, erklärt der Architekt im Rückblick, „die ganze Installation musste erneuert werden, doch der Kostenrahmen war sehr knapp.“

Effizient geplant

Die Strategie war klar: möglichst viel Erhaltenswertes nutzen und wenige, effektive Eingriffe setzen. Im Keller ist nun die gesamte Heiztechnik untergebracht, das Dach ist für spätere Zeiten zum Ausbau gerüstet, zu ebener Erde lebt man schon jetzt hochkomfortabel: Das wachgeküsste Wohnpotenzial der einstigen Traktorwerkstatt ließ den Bestand zur ausgedehnten Raumflucht anwachsen, die erst auf der Terrasse unterm Scheunendach am Hof endet.

Die alten Fliesen im mittigen Flur blieben erhalten, eine neue Nebenwand und zwei Durchbrüche schufen in der einstigen Kammer an der Toreinfahrt Platz für ein Gästezimmer mit Schrankwand, Toilette, Dusche und Bad. Gelebt wird im sanierten Westtrakt. Den Schiffboden in der guten Stube wollte man beibehalten, die dunkle Holzvertäfelung wurde entfernt - schon hatten die Kinder ein großes Südzimmer an der Straße.

Die frühere Küche dahinter teilen sich nun Lager und Garderobe, auf dunklem Nussholzparkett hebt die neue Weitläufigkeit an. Lässig gleitet die Werkbank zum Kochen mit Abwasch und Herd an den Fenstern vorbei, das flexibel steckbare Industrieregalsystem an der Rückwand mitsamt seinem vorstehenden Holzbord hat beachtliches Barpotenzial. Vom großen Tisch in der Raummitte blickt man durch einen Mauerdurchbruch bis zur Scheune.

Wie eine Bühne treppt sich die gemauerte Stiege aufs tiefere Bodenniveau des 3,80 Meter hohen Raumes hinab. Seitlich weiten sich ihre Holzstufen zur tiefen Sitzbank am Kamin. Zwei große Fenstertüren lassen ein Raumeck ins Freie ausfließen. Ins andere Eck wurde als konsequenter Raumabschluss eine kleine, puristische Schlafbox zur ungestörten Nachtruhe gemauert. Eine Tür führt auf die Morgenterrasse hinaus, nahtlos fließt diese in den weiten Freiraum unterm hohen Holzdachstuhl. Gleich dahinter liegt das Paradies: Zwetschken, Äpfel und Birnen erntete man im Garten schon in alten Zeiten, als hier noch der alte Stadel stand. „Es ist eine echte Oase. Hier kann man sich austoben und mit den Kindern Fußball spielen.“

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