Bauwerk

Neubau Einfamilienhaus
Jürgen Radatz - Klosterneuburg (A) - 2007

Der Sonne hinterher

Zwischen Klosterneuburger Luxusvillen setzte Architekt Jürgen Radatz einen weiß verputzten Neubau. Innen und außen besticht das Haus durch die Eleganz der klassischen Moderne. Die Fenster sind so angeordnet, dass man die Sonne niemals aus den Augen verliert.

13. Oktober 2007 - Isabella Marboe
„Wo geht die Sonne auf?“ Das ist das Erste, was sich Architekt Jürgen Radatz fragt, wenn er auf potenziellem Bauland steht. Viele Grundstücke hatte er mit den Bauherren bereits besichtigt. „Wir dachten schon, wir finden gar nichts mehr“, blickt die Baufrau zurück. Doch dann kam der entscheidende Tag. Auf dem Hanggrund in Klosterneuburg wusste sie im ersten Augenblick: Das ist es.

Hübsche Villen mit Mansardendach lauern hinter hohen Mauern und prägen die Gegend. Die Atmosphäre gefiel auf Anhieb. Die uralte Villa aber, die hier stand, kam für sie nicht infrage. „Wir wollten ein modernes Haus mit kubischen Formen, das zur Straße geschlossen und zum Garten offen ist.“ Man lechzte nach Architektur, diesmal wurde was aus dem Neubau.

„Meine erste Idee war ein Gartenmauersockel, auf dem dann das Haus steht“, sagt Radatz, „wichtig war auch das richtige Eingehen auf die umliegenden Villen. Das Haus sollte zwar einen modernen Kontrapunkt bieten, gleichzeitig aber musste es sich hinsichtlich Maßstab und Materialität der Umgebung fügen.“

Stille hinter Mauern

Eine Stützmauer aus Sichtbeton schirmt nun das Haus von der Außenwelt ab. Sie schützt nicht nur den Hang vorm Abrutschen, sondern bildet einen ruppigen Kontrast zu dem weiß verputzten Wänden des Hauses - verschalt wurde sie nämlich mit sägerauen Holzbrettern. Längst ist die Betonmauer mit Gräsern und Schilf bewachsen und ist ein integrativer Bestand-teil der Gartenlandschaft. Viele Beete mit süßen Beeren setzten die Grünraumplaner stalzer lutz zwischen Kirschlorbeer und Lavendel. Unmerklich geht das begrünte Flachdach der Garage in den glatten Rasen über.

Entlang des Hauses führt eine Treppe hinauf in den Garten. Hier im geschützten und ruhigen Privatbereich kehrt Ruhe ein. Im Nichtstun lässt sich die Architektur mit ihren Licht- und Schattenspielen erkundschaften. Einmal wird ein Kubus addiert, dann wieder subtrahiert. Über der Tür schwebt der Erker mit dem Gästeraum, das Flachdach darüber wird zur Terrasse des Schlafzimmers. Radatz: „Die Fassaden des gesamten Hauses sollten plastisch wirken. Die Vor- und Rücksprünge ergeben ein wunderbares Licht- und Schattenspiel.“

Der Loos'sche Raumplan hat immer Saison: Mit einem Über-Eck-Fenster buchtet sich die weiße, lackbeschichtete Küche aus dem 2,75 Meter hohen Essbereich. Gegessen wird direkt an der Glasfassade, die ebenfalls ums Eck knickt. Über breite Schiebetüren kann man an schönen Tagen die Frühstücks-Utensilien auf die Terrasse hinaustragen. Je nach Himmelsrichtung, Nutzung und Sonnenstand folgen auch die restlichen Fenster diesem System: einmal schmal, einmal hoch, dann wieder breit und immer wieder gern ums Eck. Vom Morgen bis zum Abend verliert man die Sonne niemals aus den Augen.

Himmel in der Wanne

Dramatisch bahnt sich die Treppe ihren Weg durch den Raum. Durch ein Oberlicht fällt der Himmel ins Stiegenhaus, das sich um eine Wandscheibe dem ersten Stock entgegenwindet. Vom Zwischenpodest zweigt ein Gang mit Bestblick über die Frühstücksgesellschaft ab und führt zum Gästezimmer.

Wohnkomfort am Rande: Die Terrasse liegt direkt vorm Bad und wartet auf das Öffnen der Glastüren. Mit seinen weiß beschichteten Wänden, weißen Corian-Waschbecken und den Ruheliegen wird der Sanitärraum zur Wellness-Oase. Vor der Saunakabine liegt man in der Badewanne und schaut in den Sternenhimmel hoch.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Tragwerksplanung