Bauwerk

Schlosshotel Velden, Um- und Zubau
Jabornegg & Pálffy - Velden am Wörthersee (A) - 2008
Schlosshotel Velden, Um- und Zubau, Foto: Robert Reck
Schlosshotel Velden, Um- und Zubau, Foto: Robert Reck

Eine vertane Chance

Wie ein vorzügliches Stück Architektur von Kleingeist, Konservativismus und Geschmacklosigkeit zerstört wurde: der Ausbau des Schlosshotels Velden in ein Fünf-Sterne-Hotel.

26. August 2007 - Karin Tschavgova
Der Neuanfang war vielversprechend – sieht man von generellen Zweifeln am wirtschaftlichen Erfolg eines ganzjährigen Hotelbetriebs der Luxuskategorie am Wörthersee ab. Die Rede ist vom Schlosshotel Velden, einst Hauptdarsteller einer quotenträchtigen Fernsehserie, von seinem Besitzer Gunter Sachs in den Jahren danach im Dornröschenschlaf belassen, weil ihm der Wunsch nach der Untertunnelung der Straße zwischen Schloss und Promenade nicht erfüllt wurde.

2004 kaufte die Hypo-Alpe-Adria-Bank das Schloss im 6,5 Hektar großen Park und erhob seinen Ausbau zum Fünf-Sterne-Hotel mit Appartements zu einem touristischen Leitprojekt. Dass mit ungewöhnlicher Architektur ein Imagegewinn zu erzielen ist, wusste man in der Vorstandsetage, seit Thome Mayne die neue Konzernzentrale in Klagenfurt konzipiert hatte. Für Umbau und Erweiterung des 1890 von einem Wiener Industriellen als Replikat auf die 1762 abgebrannte Khevenhüller-Residenz errichteten Schlosses wurde noch im selben Jahr ein geladener Wettbewerb ausgeschrieben, der mit David Chipperfield, Future Systems, Ben van Berkel und Skidmore Owings höchst prominent besetzt war. Vier nationale Büros wurden über ein vorgeschaltetes Bewerbungsverfahren ausgewählt.

Die Jury entschied sich einstimmig für den Wettbewerbsbeitrag der Wiener Architekten Jabornegg und Pálffy, die ihren guten Ruf mit einer Reihe bemerkenswerter, sensibel gesetzter Eingriffe in historische Bausubstanz begründet hatten – erwähnt sei die Generali Foundation und die Schoellerbank in Wien. – In Velden beantwortet ihr Entwurf den Wunsch des Auslobers nach einer neuen, Aufbruch signalisierenden Identität des Ortes mit einem präzise gesetzten Ensemble von neuen Baukörpern in klaren geometrischen Formen, die Ordnungs- und Zeichenfunktion haben. Das Schloss wird mit einem weitläufigen Rahmenbau U-förmig gefasst, seine heterogenen Anbauten späteren Datums werden, in das Karree eingeschrieben, in einen neuen inneren Schlossgarten integriert. Lage und Volumen der gezielt in die weitläufige Parklandschaft gesetzten Appartementhäuser sind im Wesentlichen von der Sichtbeziehung zum See bestimmt.

Ein großer Wellnessbereich auf dem Eingangsniveau des Schlosses ist zentraler Kreuzungspunkt eines unterirdischen Er-schließungsnetzes. Das Spa wird so in die bestehende Topografie eingefügt, dass seine Front eine künstliche Hangkante zum See bildet und sein begrüntes Dach mit Pool ein Teil des Schlossparks bleibt, mit dem der Entspannung Suchende über hofartige Einschnitte in das Gelände in Blickbeziehung treten kann.

Jeder, der plant, weiß, dass ein tieferes Eindringen in die Bauaufgabe zur Modifikation eines Entwurf führt. So auch in Velden. Die Durchmischung von Appartement- und Hotelbereich im Rahmenbau fiel, wodurch dieser auf zwei Geschoße reduziert werden konnte (was ihm gut tat), die Appartementzeile im baumbestandenen Teil des Areals wurde durch vier solitäre Baukörper ersetzt. Das nunmehr typologisch entflochtene, in seiner Reduktion beinahe klösterlich schlichte Konzept von Jabornegg und Pálffy bewahrte seine Qualität – vorerst.

Unter der Voraussetzung, dass Ambition und Professionalität von Architekten und Bauherrn mit baukulturellem Bewusstsein und Vertrauen der Letzteren gepaart ist, entstehen nicht selten durch Feinschliff und Detailarbeit im Planungsprozess noch bessere, passgenaue Lösungen. In Velden wurden unter der „mit der Umsetzung strategisch ausgewählter Leitbetriebe des Kärntner Tourismus“ betrauten Hypo-Tochter KHBAG alle Optionen, dem Hotel und seinem Ort eine spezifische Note zu geben, die es unter den derzeit allerorts entstehenden Luxusresorts unverwechselbar positioniert undhervorgehoben hätte, verspielt. Dabei wäre die Architektur von Jabornegg und Pálffy – in ihrer Eleganz, Transparenz und scheinbaren Schwerelosigkeit den Prämissen der Moderne verwandt – geradezu prädestiniert, sommerliches Lebensgefühl am Wasser in Sonne, Licht und Wind zu verkörpern. Sommerfrische – darunter verstanden die Architekten weniger den etwas exaltierten Reiz einer sonnenumspielten Badewanne hinter einer raumhohen Glasscheibe, sondern ganz simple, essentielle Dinge – lichtdurchflutete Gänge, Sichtachsen und Blickbeziehungen von den Stiegenhäusern in den baumbestandenen Hof.

Die alten Bäume sind weg, zum Opfer gefallen der nicht nachvollziehbaren Verlegung der Tiefgarage vom westlichen Vorfeld unter den neuen Schlossgarten. Die Verbindung von der Lobby in den Garten wurde gestrichen. Tageslicht, das von oben den Hauptverkehrsgang zu den Liften, zum Spa und auch zur unterirdischen Verbindung in den Beachclub hätte belichten sollen: unter der Federführung eines beflissenen Projektsteuerers eingespart, ebenso wie die Oberlichtverglasung im Mittelgang des zweihüftigen Trakts, der sich nun als klaustrophobisch dunkler, mit Teppichbodenstückwerk überspannter Zugang zu den Zimmern darstellt, den man lieber meiden möchte.

Nicht gespart wurde hingegen bei der Innenausstattung des Hotels, mit der die Architekten ebenso wenig betraut wurden wie mit dem Umbau der historischen Substanz. Damit beauftragte man den deutschen Hotelausstatter Peter Silling, der sich angeblich weder einer Ausschreibung noch Kontrollen unterziehen musste. Dieser wühlte ordentlich im Fundus von vermeintlich zum luxuriösen Schlossimage beitragenden „Stilmöbeln“ und richtete alles, einschließlich der Suiten und Zimmer im Neubauteil, mit dunklem schwerem Mobiliar ein, das inklusive exzessiv zur Anwendung gekommener furnierter Wandvertäfelungen aus China stammen soll. Das Resultat solcher Fehlgriffe ist eine Allerweltsausstattung, wie man sie in Düsseldorf oder Miami finden könnte. Sie richtet sich nicht nur gegen eine Architektur der transparenten Fronten und fließenden Raumübergänge, sondern gaukelt dem Gast auch in einfallsloser Retromanier vor, in historischem Ambiente zu sein. Die „gute, alte Zeit“ will sich dabei nicht einstellen.

Seiner baukulturellen Verantwortung für eine derart große bauliche Investition ist der Bauherr trotz guten Starts nicht nachgekommen. Was bleibt, ist die städtebauliche Qualität der großen Form mit ihrer ordnenden Wirkung. Was sich nicht einstellen wird in der heterogenen Umgebung des Ortes, ist ein Mikrokosmos von Luxus. Womit die Architekten rechnen müssen, ist die Frage, warum sie so lange still gehalten und mitgemacht haben und sich ein so wichtiges Werk in ihrer Karriere von Kleingeist, Konservatismus und Geschmacklosigkeit zerstören ließen.

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