Bauwerk

Hypo Tirol Bank – Zentrale
Schlögl & Süß Architekten - Innsbruck (A) - 2008
Hypo Tirol Bank – Zentrale, Foto: Markus Bstieler
Hypo Tirol Bank – Zentrale, Foto: Markus Bstieler

Alt an Neu, dicht an dicht

Innsbruck ist, wieder einmal, eine Architektur-Reise wert: Das Landhaus wurde erweitert, die Hypo-Bank-Zentrale neu gebaut. Ein großartiges Ensemble – mit dem schönsten Glas-Trennwand-System der Welt.

11. Januar 2009 - Liesbeth Waechter-Böhm
Innsbruck, man muss es wirklich sagen, ist eine Architekturreise wert. Schon länger, aber immer mehr. Und die internationalen Namen – Perrault, Hadid, bald auch Chipperfield – fungieren bestenfalls als Schaumkrönchen im konstanten Rhythmus der Wellen, die die eigenen, einheimischen Architekten produzieren.

So lohnt sich neuerdings etwa ein Blick darauf, was im Landhauskomplex entstanden ist. Der war bisher vor allem durch den denkmalgeschützten Altbestand geprägt, das hat sich mit dem Neubau der Hypo-Bank-Zentrale und einer Erweiterung des Landhauses an der Hofseite wirkungsvoll geändert. Diese sehr urbanen und signifikanten Interventionen von Schlögl & Süß Architekten, beim Landhaus in Zusammenarbeit mit Johann Obermoser, stellen in mehrfacher Hinsicht einen Gewinn dar. Für die Nutzer sowieso, weil sie eine funktionelle Verbesserung der Arbeitssituation und des Kundenverkehrs bedeuten. Vor allem tragen sie aber zur städtebaulichen Klärung und Aufwertung im öffentlichen Raum bei.

Das wirkt sich einerseits auf den Bozener Platz aus, dessen (gerundete) Ecke jetzt sehr markant definiert ist. Man möchte hoffen, dass dieser Neubau vielleicht auch zur Initialzündung für eine gestalterische Bearbeitung des gesamten Platzes wird, der ein wichtiger Raum in der Innsbrucker Innenstadt, aber nicht sehr attraktiv ist. Und es wirkt sich andererseits auf den öffentlich zugänglichen Innenhofbereich hinter Hypo undLandhaus aus. Der war vorher nämlich nichtsehenswert, sondern durch ein Stöckelgebäude verstellt, dessen Substanz so schlecht war, dass man es nur abreißen konnte.

Hanno Schlögl und Daniel Süß haben zusammen mit Johann Obermoser unter diesen – stark vom Denkmalschutz bestimmten – Rahmenbedingungen ein ausgesprochen spannendes Konzept für das Landhaus entwickelt. Da kommt es zwischen Alt und Neu zu Momenten, wo es dicht an dicht zugeht, als Kontrapunkt zur ungemein großzügigen Hoffläche stellt das aber einen ganz eigenen Reiz dar. Natürlich tritt die Hypo-Zentrale, da sie die Ecke eines prominenten Innsbrucker Platzes definiert, mit größerer öffentlicher Wirksamkeit auf, als es die betont geometrisch gerasterte Stahl-Glas-Fassade des Landhaus-Neubaus im Hof tut. Man könnte auch sagen, das „Gefieder“ der Beschattungslamellen plustert sich ein wenig auf, aber das ist hier keineswegs von Nachteil.

Und aus Wien kommend, fällt einem auf Anhieb etwas Zweites auf: Das Gebäude ist ein naher Verwandter von „K 47“, dem Haus, das Henke/Schreieck am Donaukanal gebaut haben. Damit soll keinerlei Unterstellung angedeutet werden, Schlögl & Süß Architekten sind viel zu profiliert, um Anleihen zu nehmen. Aber es ist nicht uninteressant, dass ähnliche architektonische Lösungen zustande kommen können, wenn die Randbedingungen im Vorfeld der Konzeptentwicklung annähernd gleich sind.

In Innsbruck stand an dieser Ecke die alte Hypo-Zentrale. Ein Gründerzeitbau, der infolge eines Bombenschadens mehrfach umgebaut wurde – zuletzt von Horst Parsson. Es war keineswegs ein schlechtes Haus. Es hatte nur einen Nachteil: Es war nicht behindertengerecht. Und dieser Nachteil konnte nicht korrigiert werden, weil der sehr massive Tresorraum, auf dem das Haus teilweise stand, über das Erdgeschoßniveau hinausragte. Um einzutreten, musste man mehrere Stufen überwinden.

Also Abbruch und Neubau. Und Neubau unter den heutigen Voraussetzungen, das heißt dem enormen Wert des Grundstücks musste durch eine maximale Ausnutzung Rechnung getragen werden. Und das führte zur jetzigen Figur des Gebäudes: mit einer transparenten Sockelzone, vier Regelgeschoßen und einer Dachlandschaft, die auf Grund der Bauvorschriften zurückrücken musste, aber immerhin noch einen penthouseartigen Aufbau gestattete.

Diese Dachfigur ist nicht nur ein formales Plus. Es beherbergt ein richtiges Restaurant für die Mitarbeiter, mit ausladender Terrasse. Das Penthouse darüber mit Konferenzraum und drei Büros für die Vorstände kragt vier Meter aus und überdacht damit einen (beheizbaren) Teil der Terrasse. Ein Reservat für Raucher. Den Architekten sei es gedankt.

Unten haben die Architekten einen geradezu luftigen Bereich geschaffen, der für den täglichen Kundenstrom einen qualitativen Mehrwert bedeutet. Da sind nicht nur die Nachtautomaten räumlich so positioniert, dass man nicht alle Zustände bekommt, weil es so muffig und grausig zugeht wie in vielen Bankfilialen in Wien; da gibt es eine Art Marktplatz, wo im zweigeschoßigen Raum auch etwas stattfinden kann, das nichts mit der Bank zu tun hat. Und vor allem gibt es ein Café, sehr elegant und zu jeder Zeit öffentlich zugänglich.

Auf einer theoretischen Ebene ist es noch gar nicht aufgearbeitet, trotzdem ist es eine Tatsache, dass sich Banken typologisch in den letzten zehn oder 15 Jahren entscheidend verändert haben. Das gibt es alles nur noch im „Altbestand“, die Kassen, die Theken, an denen besprochen oder beraten wird. Ich war in einer architektonisch sehr gelungenen, kleinen Filiale der Hypo-Bank, die von Mario Ramoni im Namen von Riccione Architekten ganz und gar umgebaut wurde. Da geht es nur noch um den Automatenbereich – und um diskrete Beratungsräume. Das ist heute eine Bank.

Nicht anders bei der Hypo-Zentrale. Die Regelgeschoße beinhalten ausschließlich jeweils einen kleinen Empfangsbereich, Beratungszellen und kleinere Großraumbüros, in denen die Mitarbeiter auch einmal zusammenkommen können. Den Architekten ist beim Innenausbau allerdings etwas Grandioses gelungen: Sie haben ein völlig flexibles Glas-Trennwand-System verwendet, bei dem alles bündig in einer Fläche sitzt, auch die Türen – rahmenlos –, es gibt auf der ganzen Welt kein schöneres, eleganteres System. Ein Prototyp, speziell für dieses Haus entwickelt. Aber das Drama folgt auf dem Fuß: Genau die Bank, die dieses System eingesetzt hat, hat den Entwickler in den Bankrott geführt. Er kann nicht mehr weitermachen.

Es ist ein großartiges Ensemble, das Hanno Schlögl, Daniel Süß und Johann Obermoser im Landhauskomplex realisiert haben. Der Altbestand wurde mit enormem Aufwand – er war in sehr schlechter Verfassung – instand gesetzt. Sicher lag der Gedanke nahe, das alles einfach abzureißen. Es wäre ein Fehler gewesen. Die jetzige Intervention bringt unheimlich viel. Genauso muss es sein, wenn Architekten heute in die historische Substanz eingreifen. Etwas Besseres kann man nicht sagen.

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