Bauwerk

Kunsthaus Zürich - Erweiterungsbau
David Chipperfield - Zürich (CH) - 2020
Kunsthaus Zürich - Erweiterungsbau, Foto: NOSHE
Kunsthaus Zürich - Erweiterungsbau, Foto: NOSHE

Schnörkelloser Kunstpalazzo

Erster Eindruck vom Erweiterungsbau für das Zürcher Kunsthaus von David Chipperfield

Der englische Architekt David Chipperfield hat den Wettbewerb für den Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich gewonnen, wie am Freitag bekannt wurde. Ein am Wochenende vorzeitig veröffentlichter Computer-Entwurf des Bauprojekts vermittelt einen ersten Eindruck davon, wie der Heimplatz in Zukunft aussehen könnte.

10. November 2008
phi. Understatement mag zwar eine britische Tugend sein, gewiss aber ist sie auch eine zürcherische. So gibt sich der am Freitag bekanntgewordene Sieger-Entwurf des Londoner Architekten David Chipperfield für den geplanten Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich ganz ohne Stararchitektur-Allüren. Vielmehr zeichnet sich der helle, steinerne Quader durch geradezu protestantische Schlichtheit, Strenge und Bescheidenheit aus – alles Eigenschaften, die in der Zwinglistadt, wo man zwar vielleicht manchmal klotzt, aber doch auf keinen Fall protzt, geschätzt werden.

Entfernt erinnert der Steinquader mit seinen grossen, von Stabwerk verkleideten Fensteröffnungen an einen Renaissance-Palazzo mit archaisierenden Zügen. Trotz solchen architekturhistorischen Rückgriffen dekliniert der eigenständige Bau aber das Bestehende fort in die Zukunft: Der minimalistische Monolith nimmt nämlich in der Farbe des Gesteins wie in der Fassadenstruktur Elemente des jetzigen Kunsthauskomplexes, mit dem er unterirdisch verbunden werden soll, auf. Dadurch tritt er in einen Dialog mit den dominierenden Bauten am Heimplatz und verhilft diesem zu einer gewissen urbanen Geschlossenheit.

Der Platz würde zum Platz

Mit dem Schauspielhaus im Osten, dem Moser-Bau im Süden und dem Bührle-Balken im Westen, der ein Tor zur Altstadt bildet, fehlte dem Platz bisher nämlich eine klarere Struktur allein gegen Norden hin. Dort macht jetzt der Heimplatz durch das Areal der Kantonsschule und ihre Turnhallen und Baracken einen etwas provisorischen Eindruck. Dies, obwohl die beiden vor kurzem aus dem Schutzinventar entlassenen Hallen aus den Jahren 1881 und 1902 ihrerseits ein stimmiges Ensemble mit dem weiter nördlich am Hang gelegenen Gebäude der Alten Kantonsschule bilden.

Chipperfield setzte denn wohl bewusst auf einen städtischen Ort am Heimplatz und bietet mit seinem Entwurf auch durchaus Hand für eine allfällige zukünftige Gestaltung eines öffentlichen Platzes. So zeigt es jedenfalls das computersimulierte Bild des Architekten: Dort ist die Strasse vor dem Kunsthaus verschwunden und durch einen durchgehenden Platz ersetzt worden, der auch die Pavillon-Insel einbezieht.

Noch liegt dies aber in ferner Zukunft. Die Vorgaben für den Wettbewerb verlangten explizit einen Entwurf, der ohne Veränderungen der bestehenden Verkehrssituation realisierbar sein sollte. An einer Pressekonferenz am 15. Dezember werden neben Chipperfields Sieger-Entwurf schliesslich auch alle anderen 20 Projekte der Öffentlichkeit vorgestellt. Dann erst kann auch Chipperfields offenbar mit grosser Mehrheit ausgewähltes Projekt genauer beurteilt werden. Die Stadt ihrerseits sei jedenfalls vom Entwurf fürs Erste überzeugt, wie Urs Spinner vom Städtischen Hochbaudepartement bestätigt.

Noch lange nicht gebaut

Bis zur Realisierung im Jahr 2015, dem Jahr, in dem der Neubau bezogen werden soll, ist es aber noch ein rechtes Wegstück. Die Planung fürs Kunsthaus ist zwar bereits im Richtplan eingetragen. Es kann aber gut sein, dass sich der Stadtzürcher Heimatschutz nochmals gegen das Erweiterungsprojekt stemmt und eine Instanz weiterzieht, auch wenn die Baurekurskommission seine Einsprache im September abgelehnt hat. Und dann müssen schliesslich noch die Stimmberechtigten über die Kunsthaus-Erweiterung abstimmen. Von den rund 150 Millionen Franken soll immerhin die Hälfte durch die öffentliche Hand (Stadt und Kanton) beigesteuert werden, die andere Hälfte will man von privater Seite her finanzieren. Wie generös aber im Klima der gegenwärtigen Wirtschaftskrise Banken und Versicherungen noch sein werden, die Museumsdirektor Christoph Becker im vergangenen Sommer bereits im Boot zu haben glaubte, wird sich auch noch weisen müssen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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