Bauwerk

Einfamilienhaus M.
Holzbox - Tirol - 2007
Einfamilienhaus M., Foto: Norbert Freudenthaler
Einfamilienhaus M., Foto: Norbert Freudenthaler

Betonhaus mit Subtraktionen

Das schlichte Betonhaus auf den Hügeln um Innsbruck kommt ganz ohne herkömmliche Fenster aus. Große Einschnitte und hineinversetzte Glasflächen lassen im Inneren des Hauses überraschende Außenräume zu.

26. September 2009 - Martina Pfeifer Steiner
Die Vorgeschichte zum erfolgreichen Hausbau war lang. Das beliebte Wohngebiet auf den Anhöhen um Innsbruck, nicht weit von der Hungerburg entfernt, hatte es Familie M. angetan. Als das Traumgrundstück endlich gefunden war, wurde man konkret. „Wir wollten das Material Beton ausgiebig verwenden. Eine weitere wichtige Vorgabe war, viele überdeckte Freibereiche zu schaffen“, erinnert sich der Bauherr.

Bei Architekt Erich Strolz von Holzbox Tirol, einem guten und langjährigen Freund, fanden die Bauherren für ihr Anliegen ein offenes Ohr. Am idyllischen Hanggrundstück präsentiert sich der fertige Bau schließlich als schlichter Betonquader mit abstrakt wirkenden Einschnitten, die mit Leichtbauelementen und viel Glas ausgefüllt sind.

„Wir haben alles, was im Bebauungsplan vorgeschlagen war, umgedreht“, erklärt Strolz. „Wir haben das Gebäude so weit wie möglich an die Grundgrenze im Westen gerückt, Zufahrt und Autoabstellplätze befinden sich nun ganz oben, und die Terrasse liegt im Osten.“ Die drei Ebenen, die teilweise im Hang stecken, sind klar formuliert: Im Mittelgeschoß kommt man an, oben wohnen die Eltern und unten die beiden Kinder. Versammlungsort und Schaltstelle zwischen den Generationen ist das Wohngeschoß dazwischen.

Über einen gedeckten Bereich, der als Carport für zwei Fahrzeuge und als hybrider Raum zwischen innen und außen dient, betritt man das Haus. Der Garderobenschlauch wirkt kompakt, die Aufmerksamkeit zieht stattdessen die großzügige Küche auf sich, in welcher der Besucher unvermittelt steht. Über den Essplatz hinweg gleitet der Blick wieder ins Freie. Große Terrassentüren öffnen das Gebäude an allen Seiten. „Das ist der zentrale Punkt des Hauses und jener Ort, an dem wir die Besucher empfangen“, sagt der Familienvater, „hier wird gekocht, gegessen und relaxt.“

Die Ausgangstüre führt auf die große hölzerne Terrasse. Abenteuerlich steckt das lange, schmale Betonbecken im Gelände, abgegrenzt mit einem umlaufenden Rand in Sitzhöhe. Wie bei einem künstlich angelegten Gebirgsbach stürzt das Wasser drei Meter in die Tiefe, hinein ins nächste Becken. Es eröffnet sich ein Blick in die Bergwelt, ganz so, als säße man auf der Mittelstation einer Bergbahn. Spätestens jetzt ist klar, warum die unruhige, rege verbaute Seite im Westen des Grundstücks vernachlässigt wird.

Umlaufendes Terrassenband

Noch intensiver wird der Bezug zur wilden Natur auf der Dachterrasse. Sie ist, wie auch das gesamte obere Stockwerk, den Eltern vorbehalten. Auch hier werden die Funktionen mit gutem Grund unerwartet zugeteilt. Den Schlafbereich erreichen die Eltern über das Bad, das einer genaueren Betrachtung würdig ist. Hinter zwei Wandscheiben, an denen je ein Waschbecken hängt, liegt auf der einen Seite die Toilette, auf der anderen Seite die Dusche verborgen. Dazwischen steckt die Badewanne. Der Holzboden und die raumhohen Glasschiebetüren zum gedeckten Terrassenumgang wirken ungewohnt großzügig. „Wir wollten eben mit Socken herumlaufen können“, sagt der Bauherr, „egal, ob drinnen oder draußen.“

Eine besondere Qualität dieses Lebensbereichs ist der Ausblick nach Süden. Doch wieso blickt das Wohnzimmer ausgerechnet nach Norden? „Ganz einfach: Von hier aus beobachten wir Ameisenhügel, Fuchs und Rehe.“ Nach einem anstrengenden Arbeitstag dient dieser Ort der Entspannung, Meditation und Regeneration. Das diffuse Nordlicht tut das Seinige dazu.

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