Bauwerk

EFH Gugler
HERTL.ARCHITEKTEN - Scharten (A) - 2008

Wohnglück beim dritten Anlauf

Mit der Umgebung und den Nachbarn hat's einfach nicht geklappt. Beim dritten Einfamilienhaus innerhalb von sieben Jahren ist alles anders: Familie Gugler wohnt glücklich und abgeschieden inmitten der Natur.

12. Dezember 2009 - Wojciech Czaja
Wolfgang und Karin Gugler sind mittlerweile Meister ihres Fachs. Innerhalb von sieben Jahren schaffte es das Ehepaar auf nicht weniger als drei gebaute Einfamilienhäuser. „Das erste Haus war großartig, aber wir konnten uns mit der Umgebung nicht arrangieren. Die Nachbarn haben uns direkt ins Kaffeehäferl geschaut“, erinnert sich Wolfgang Gugler, „und so haben wir beschlossen, das Haus zu verkaufen und ein neues zu bauen.“ Auch das zweite Domizil gefiel auf Anhieb, allerdings hatten die beiden ihr Bedürfnis nach Intimsphäre abermals unterschätzt. Und so wurde auch dieses Haus verkauft.

Aus Fehlern wird man klug. Mit einer detaillierten Liste an Dos and Don'ts tanzten Wolfgang und Karin schließlich beim Steyrer Architekten Gernot Hertl an und legten ihre Wünsche dar. Diesmal sollte es ein Haus werden, das sich von seiner Umgebung weitestgehend abschottet. Obwohl das hügelige Grundstück am Rande von Scharten von Wiesen und Wäldern umgeben ist, sehnten sich die Auftraggeber nach einem intimen und introvertierten Atriumhaus.

„Ein Atriumhaus mitten in der Natur mag für einen Außenstehenden eigenartig wirken, denn üblicherweise kennt man diese Typologie aus der Stadt, wo die Leute einander ins Fenster blicken“, sagt Architekt Hertl. „In diesem Fall waren die Bauherren allerdings so überzeugt von ihrem Wunsch, dass ich an diesem Auftrag sofort Gefallen gefunden habe.“

Eifrig machte sich der Architekt ans Werk und präsentierte seinen Kunden schließlich ein Haus, das einzig und allein über zwei Atrien belichtet wird. Nach außen gab es weit und breit kein Fenster, nichts als Putz.

„Als uns Hertl groß angeschaut und gefragt hat, ob wir denn nicht völlig entsetzt seien, wussten wir, dass es noch genügend Spielraum für Kompromisse gibt.“ Ausgereizt wurde dieser jedenfalls nicht. Lediglich das eine oder andere zusätzliche Fenster in der Außenwand wurde nachträglich in den Plan geritzt.

Wie eine massive Lehmburg ragt das vieleckige Gebilde auf der Hügelkuppe nun in die Höhe. Die Assoziation ist durchaus gewollt, denn die Außenwände bestehen aus 50 Zentimeter dicken Hohllochziegeln. Dank der thermischen Eigenschaft des Baustoffs kommt das Haus ohne zusätzliche Wärmedämmung aus. Die ungewöhnliche Bauweise brachte dem Projekt in der Kategorie Einfamilienhaus den 2. Preis beim diesjährigen Austrian Brick & Roof Award ein.

Haus ohne Wärmedämmung

„Wo es möglich war, wollten wir künstliche Dämmstoffe und Isolierungen vermeiden“, sagen Karin und Wolfgang Gugler, „das hat weniger mit Ökologie zu tun als vielmehr damit, dass wir in einem atmungsaktiven und simpel aufgebauten Haus leben wollten.“

Einfachheit ist auch das Motto der Innenräume. Bis auf die zwei Zimmer des dreijährigen Theo und der siebenjährigen Helena, die in die grüne Landschaft hinausblicken, sind sämtliche Aufenthaltsbereiche von der Wohnküche bis zum Schlafzimmer ins Atrium orientiert. „Die Fenster sind so groß, dass wir manchmal das Gefühl haben, im Freien zu sitzen“, sagt Gugler, „im Sommer ist das tatsächlich der Fall, denn durch die breiten Schiebetüren verschmelzen die 80 Quadratmeter große Wohnküche und die rund 50 Quadratmeter große Terrasse zu einem Raum.“

Weiße Wände, Stabparkett und schwarzer Schiefer. „Ein hübsches Haus, aber wie um Himmels willen wollt ihr euch denn einrichten?“, hatten die Freunde am Anfang gefragt, verdutzt über die vielen schiefen Winkel im Haus. „Alles kein Problem“, sagt Karin Gugler. „Aus den beiden Einfamilienhäusern zuvor haben wir bereits unsere Lehre gezogen. Bis auf die Küche gibt es kein einziges Maßmöbel, alles steht frei im Raum.“ Trotz der flexiblen Einrichtung wissen die beiden allerdings: „Wir sind nun endlich angekommen. Nochmal umziehen und Haus bauen kommt nicht infrage.“

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