Bauwerk

Haus Dür
bernardo bader architekten - Schwarzach (A) - 2007
Haus Dür, Foto: Adolf Bereuter
Haus Dür, Foto: Adolf Bereuter

Raumgespür statt Raumprogramm

Wer wagt, gewinnt. Die außergewöhnliche Form des Einfamilienhauses in Vorarlberg hat ganz eng mit den Wünschen seiner Bewohner zu tun. Architekt Bernardo Bader baute ein Haus mit vielen Emotionen.

Familie Dür hatte ein Traumgrundstück geerbt. Die Parzelle liegt oberhalb des Dorfplatzes von Schwarzach, der westliche Weitblick reicht bis zum Bodensee. Mit Bernardo Bader fand sich ein junger und engagierter Architekt, der sogleich einen Entwurf für die besondere Lage anfertigte. „Ich muss gestehen, dass ich die Bauherren am Anfang etwas unterschätzt habe. Sie waren viel mutiger, als ich gedacht hätte“, sagt Bader. Anstatt ihr Wohnbedürfnis in einer Auflistung der benötigten Zimmer festzulegen, stellten sich Daniela und Mathias Dür in ihren Gedanken zum Neubau lieber das Raumgefühl vor.

Um die Lichtverhältnisse zu erkunden und die Lieblingsplätze zu entdecken, verbrachten sie viel Zeit auf dem Baugrundstück. Klar formuliert wurde etwa das Bedürfnis nach einem offenen Wohn-EssRaum. Deutlichster Wunsch: „Ja nichts Überflüssiges!“ Es sollte ein Haus für eine kleine Familie sein, in dem alle Räume großzügig genutzt und die Budgetvorstellungen eingehalten werden.

Aus den Vorgaben heraus entwickelte Bader schließlich einen Baukörper, der den Innenraum außen eindeutig ablesbar macht. Auf Eingangsebene beginnt die Raumabfolge mit der Küche, die ostseitig im niedrigsten Teil des Gebäudes untergebracht ist. Sonne am Morgen und Sicht auf Entree und Zufahrt sind die Vorzüge dieses Bereichs. Zum Essplatz hin spannt sich eine Art Zelt auf. Auf der Südseite ist in den Baukörper eine Terrasse eingeschnitten, die gleichzeitig als Balkon auskragt. Der sich ergebende Dachvorsprung fokussiert die Aussicht auf den Kirchturm und erzeugt einen geborgenen Außenraum.

Das asymmetrisch ansteigende Dach erreicht im Wohnzimmer seinen Höhepunkt. Mit viereinhalb Meter Raumhöhe ist es das Zentrum des Hauses. Hier schweifen die Blicke weit in die Ferne, wo irgendwo am Horizont die Sonne im Bodensee versinkt. Bewegt man sich im Raum, eröffnen sich einem immer wieder neue Panoramaausschnitte. Dieser Erlebnisreichtum ist wahrer Luxus. „Wenn das, was wir täglich benützen, so viel Wohlbefinden beinhaltet“, meinen die Dürs zufrieden, „dann verzichten wir gern auf Wellnesszone und Einliegerwohnung.“

Im unteren Stockwerk, das aufgrund der Hanglage ebenfalls ebenerdig liegt, beginnt der massive Hauskern. Hier liegen die Schlafzimmer, das Bad und ein kleiner Keller. Das konsequente Farb- und Materialkonzept in den Innenräumen verstärkt das besondere Wohngefühl. Während der massive Kern mitsamt Treppe weiß verputzt ist, kommt im Wohnzimmer durchgängig Holz zum Einsatz. Der Eichenboden und die Vertäfelung der Wände mittels ausgesuchter Weißtannenbretter bilden eine hölzerne Schale.

Ein Schindelkleid aus Holz

Diese setzt sich außen nahtlos fort: Über die gesamte Gebäude-skulptur wird ein Kleid aus Holzschindeln gestülpt. An den Wänden wird Weißtanne verwendet, am Dach äußerst haltbare Alaska-Weißzeder. Es ist eine Frage der Zeit, bis das Haus im silbrig dunklen Glanz mit der Natur verwachsen sein wird. Dazu zählt auch die große, natürlich angelegte Wiese unter dem Haus, die nur über eine Freitreppe erreichbar ist. Das war der Preis für die weite Aussicht.

Nach zwei Jahren Planungszeit gibt Bernardo Bader seiner Baufamilie das Prädikat der „intensivsten Bauherren aller Zeiten“. Im Gegenzug entlohnen sie ihn mit den Worten: „Seit unserem Hausbau interessieren wir uns brennend für Architektur. Wir haben nun eine andere Sicht auf die gebaute Umwelt.“ Zu verdanken ist dies dem Mut und der Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Das Resultat ist ein Haus, das aufs Lebensgefühl der Familie Dür maßgeschneidert und somit unverwechselbar ist.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Daniela Dür
Mathias Dür

Tragwerksplanung

Fotografie