Bauwerk

Haus F.
Gerhard Mitterberger - St. Radegund bei Graz (A) - 2008
Haus F., Foto: Zita Oberwalder
Haus F., Foto: Zita Oberwalder
Haus F., Foto: Zita Oberwalder
Haus F., Foto: Zita Oberwalder

Landschaft, erste Reihe fußfrei

Haus F. ist wie ein Fernseher mit Blick ins Murtal. Über eine elf Meter breite Front fließt die Natur in den Innenraum. Und das Schönste: Der Planungsprozess beflügelte die Bauherren zu ungeahnter Courage.

19. September 2009 - Sabine Lintschinger
Eigentlich waren die beiden ja auf der Suche nach einem anlagetauglichen Grundstück in der Nähe von Graz. Doch dann kam alles anders. Beeindruckt von der idyllisch bäuerlichen Landschaft und unterstützt vom inneren Eigenheimwunsch der Baufrau, wurde eine reine Geldanlage als absolute Verschwendung empfunden. Prompt wurde ein Fertighaus in Betracht gezogen. Als die beiden jedoch feststellten, dass sich die individuellen Wohnwünsche nicht in die vorgegebenen Strukturen eines Fertigteilbaus zwängen ließen, wurde auch dieser Plan verworfen.

Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Grazer Architekten Gerhard Mitterberger regte sich bei Herrn F. allmählich Begeisterung für die neue Materie. Ein gemeinsamer Besuch eines Hi-Fi-Shops als Startschuss für den Planungsprozess ließ den musikbegeisterten Bauherrn für die individuellen Möglichkeiten moderner Architektur hellhörig werden. Mittlerweile kennt er jede Ecke des Hauses und erzählt mit Hingabe von Proportionen, Konstruktionen und bautechnischen Details.

Ein starker Bezug zur Natur und der Einsatz natürlicher, heimischer Baustoffe war von Anfang an gewünscht. Über einen hangseitigen Carport, der gleichzeitig als erweiterter Lebensraum dient, betritt man das aus Massivholz errichtete Wohngeschoß. „Wir sitzen hier in der ersten Reihe fußfrei“, sagt Architekt Mitterberger, „diese einzigartige Situation musste auf jeden Fall genutzt werden.“ Nach Südwesten gibt es eine elf Meter lange Fensterfront, sieben Meter davon sind durchgehend öffenbar. „Das Kochen wird hier zum reinsten Vergnügen“, berichtet die Baufrau. Mit Aussicht in das Murtal wähnt man sich einem Gartenpavillon.

Mut zu neuen Lösungen

Die räumliche Abfolge ist einfach, direkt und transparent: Die zentrale Wohnküche geht in das Badezimmer mit dahinterliegender Sauna über. Im Anschluss daran liegt das Schlafzimmer. Unterschiedlich definierte Aussichtsbereiche ermöglichen den Blick in die Landschaft von Sofa, Bett und Badewanne gleichermaßen.

In einigen Bereichen des Hauses wurde den Bauherren viel Courage abverlangt - beispielsweise beim Bad im Gästebereich, das zur Gänze schwarz verfliest wurde. „Früher hätten wir uns das nie getraut“, erzählen Herr und Frau F., die durch die Arbeit mit dem Architekten mutiger wurden und nach wie vor zu ihren Entscheidungen stehen. Dazu zählt auch der durchgängige sonnengelbe Epoxyboden im Gartengeschoß. „Die kräftige Farbe ist ein Kontraktpunkt zu den Sichtbetonwänden“, erklärt Architekt Mitterberger.

Über die mit Holzstrukturschalung gefertigte Betonwand, die das Rückgrat des Hauses bildet, ist das Gebäude mit dem Hang verankert. Ansonsten ist von der Statik im Innenraum nicht viel zu sehen. Dafür gibt es zwei Feuerstellen, die durch eine zweigeschoßige Sonderkonstruktion des Architekten ermöglicht wurden. Oben funktioniert der Ofen wie ein Tablett, unten wärmt eine drehbare Kugel den Rücken. Gerne experimentieren die Bauherren mit den feinen Gerüchen unterschiedlicher Brennhölzer.

Draußen in der Wiese, unmittelbar vor dem Home-Office des Bauherrn, befindet sich ein Teich, der mit offener Dachentwässerung und Wasserfall für Ablenkung sorgt. „Wir bemühen uns, zu Hause zu arbeiten, aber manchmal ist das hier überaus schwierig“, gestehen die Bewohner. Der Blick der Baufrau schweift über Liegestühle in den Garten, wo sich ein Kraftplatz mit beachtlichen Energiewerten befindet. Und ja, still ist es hier. Das begehrte Hi-Fi-Sound-System hat bis zum heutigen Tag Funkstille.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Johann Fuchs
Ursula Fuchs

Tragwerksplanung

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