Bauwerk

Jüdisches Museum Warschau
Lahdelma & Mahlamäki - Warschau (PL) - 2013
Jüdisches Museum Warschau, Foto: Iñigo Bujedo-Aguirre / ARTUR IMAGES
Jüdisches Museum Warschau, Foto: Iñigo Bujedo-Aguirre / ARTUR IMAGES
Jüdisches Museum Warschau, Foto: Iñigo Bujedo-Aguirre / ARTUR IMAGES

Zeichen der Hoffnung im einstigen Warschauer Ghetto

Das Museum der Geschichte der polnischen Juden symbolisiert auch die Renaissance jüdischen Lebens

28. Oktober 2014 - Josef Kirchengast
Ein Ereignis, für das die Bezeichnung historisch nicht übertrieben ist: Auf dem Gelände des einstigen Warschauer Ghettos wurde am Dienstag Polin, das Museum der Geschichte der polnischen Juden, eröffnet. Die Präsidenten Polen und Israels, Bronislaw Komorowski und Reuven Rivlin, und die polnische Regierungschefin Ewa Kopacz unterstrichen mit ihrer Teilnahme die Bedeutung des Hauses, die über die museale Funktion weit hinausreicht.

Allein der Name Polin, der nicht von Anfang an feststand, ist von tiefer Symbolkraft. Der Legende nach hörten die ersten Juden, die, aus Westeuropa vertrieben, nach Osten zogen, im Wald Vogelgezwitscher, das sie als „polin“ („bleib hier“) verstanden. Polin bedeutet auf Jiddisch und Hebräisch aber auch Polen.

Kein Ende mit Hass und Gewalt

Das Museum zeichnet in acht Abschnitten die tausendjährige kontinuierliche jüdische Geschichte in Polen nach, die vom Holocaust unterbrochen wurde. Es wird damit auch zu einem Museum polnischer Geschichte, das es es bisher nicht gab. Barbara Kirshenblatt-Gemblett, die Programmdirektorin der zentralen Ausstellung, formuliert es im Gespräch mit österreichischen Journalisten so: „Polin erzählt die Geschichte Polens anhand der Erfahrungen einer Gruppe, die seit tausend Jahren hier lebt.“

Der Holocaust ist in diesem Narrativ ein herausragendes, aber nicht dominierendes Element. „Wir beginnen und wir enden nicht mit Hass und Gewalt und mit dem Holocaust. Man wird nicht zur reichsten jüdischen Kultur der Welt, wenn die Hauptbotschaft Hass ist“, sagt Kirshenblatt-Gemblett. Glanzstück der zentralen Ausstellung ist die rekonstruierte gemalte Decke der Synagoge im einstigen Gwozdziez, das heute in der Ukraine liegt.

Das Gebäude sei „das Gegenteil von Holocaust-Architektur“, erläutert die Programmdirektorin: Mit seiner Offenheit und Transparenz vermittle die vom finnischen Architekturbüro Lahdelma & Mahlamäki entworfene Konstruktion eine „Botschaft der Hoffnung“. In einer Art Tor öffnet es sich zum 1948 errichteten Denkmal für die Helden des Ghetto-Aufstandes von 1942. Auf der gegenüberliegenden Seite symbolisiert eine riesige verglaste Öffnung in der Front quasi den Blick in die Zukunft.

Jüdisches Erbe

Und diese Zukunft ist durchaus vielversprechend. Die jüdische Kulturszene in Polen boomt, immer mehr junge Polinnen und Polen interessieren sich für ihre Herkunft. Es sei „hip und cool“, nach jüdischen Wurzeln zu forschen, sagt Agnieszka Markiewisz, Direktorin des Forums für Dialog zwischen den Nationen, der größten NGO für polnisch-jüdische Verständigung.

Auch für diese Verständigung stellt das Museum ein starkes Symbol dar. Mit ihrer finanziellen Beteiligung – rund 45 Millionen Euro für den Bau – setzten die Republik Polen und die Stadt Warschau unter anderem ein Signal gegen den Antisemitismus, der wie das jüdische Element eine Konstante der polnischen Geschichte bildet. Für die zentrale Ausstellung kamen großteils jüdische Spender aus aller Welt mit rund 36 Millionen Euro auf.

Barbara Kirshenblatt-Gemblett sieht in Polin denn auch einen „game changer“, wie sie es ausdrückt, ein Instrument der Veränderung: „für die Juden in Polen, für die Polen und für die Juden in aller Welt“.

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