Bauwerk
Tate Modern Switch House
Herzog & de Meuron - London (GB) - 2016
Kunstturbine im Ziegelkleid
New Tate Modern
Am Freitag wird in London die New Tate Modern eröffnet. Das weltweit bestbesuchte Museum für moderne Kunst erweitert sich mit einem zehngeschoßigen Neubau der Schweizer Architekten Herzog und de Meuron zur Kulturmaschine
17. Juni 2016 - Maik Novotny
Es war Liebe auf den ersten Blick: Die kathedralenartige Turbinenhalle der ehemaligen Bankside Power Station wurde von den Besuchern sofort in Besitz genommen, als die Tate Modern im Jahr 2000 im Industriedenkmal an der Themse eröffnete. Seitdem hat das Museum eine ungeahnte Erfolgsgeschichte hingelegt.
„Wir haben bei der Eröffnung zwei Millionen Besucher pro Jahr erwartet. Inzwischen sind es fünf Millionen“, berichtet Tate-Direktor Nick Serota stolz. Somit zählt man fast doppelt so viele Besucher wie das Museum of Modern Art in New York, nicht zuletzt aufgrund des freien Eintritts und des umfangreichen Schulprogramms.
Schon vier Jahre nach der Eröffnung war klar: Die ursprünglich erst für 2025 geplante Erweiterung musste vorgezogen werden. Die Schweizer Architekten Herzog und de Meuron, denen mit der Tate Modern der Durchbruch in die Pritzkerpreis-Liga gelungen war, kamen auch dieses Mal zum Zuge. Der bereits für die Olympischen Spiele 2012 geplante Eröffnungstermin musste allerdings aufgrund der Finanzkrise verschoben worden. Lediglich die alten unterirdischen Öltanks waren schon einmal kurzzeitig Ort für Ausstellungen. Dank der größten Spendenaktion für ein Kulturprojekt, die es in Großbritannien je gegeben hatte, konnte schließlich der Neubau in Angriff genommen werden. Von den 327 Millionen Euro Gesamtkosten stammen rund 250 Millionen aus privater Hand.
Der Anbau schmiegt sich nun im Süden an das alte Kraftwerk und dockt im Inneren an die Turbinenhalle an. Sah der ursprüngliche Entwurf noch wild aufgetürmte Glasboxen vor, nahmen die Architekten vor Baubeginn eine Kehrtwende vor: Der zehngeschoßige pyramidenartige Turm ist bis auf schmale Fensterbänder komplett mit Ziegelsteinen verkleidet und steht dem Altbau an Wuchtigkeit in nichts nach. „Unser Ziel war es, ein Gebäudeensemble zu schaffen, das wie ein Einzelstück wirkt, nicht als Addition zweier unterschiedlicher Teile“, so Architekt Jacques Herzog.
Heute, Freitag, wird der Neubau eröffnet, und die Tate Modern wird zur New Tate Modern. Das bedeutet nicht nur mehr Quadratmeter, sondern soll auch den aktuellen Stand der Kunstproduktion widerspiegeln: Videoinstallationen, Fotografie und Neuen Medien wird noch mehr Platz eingeräumt, die figurative Malerei wird endgültig Nebensache.
„Die Welt hat sich seit dem Jahr 2000 verändert, und die Kunst ebenso“, so Frances Morris, seit Jänner Direktorin der Tate Modern. „Anfangs haben wir uns auf europäische und nordamerikanische Kunst konzentriert. Heute sehen wir Werke von 300 Künstlern aus über 50 Ländern, von Afrika über Osteuropa bis Asien.“
Mehr Kunst von Frauen
Auch die Künstlerinnen spielen eine stärkere Rolle. War ihr Anteil anfangs noch 17 Prozent, so stammt heute die Hälfte aller ausgestellten Werke von Frauen. Darunter sind etablierte Namen wie Marina Abramović oder Louise Bourgeois, und weniger bekannte wie die 1940 geborene rumänische Künstlerin Ana Lupaş.
Der bewusst unelitäre Zugang zur Kunst, den man bisher verfolgt hat, setzt man auch mit der Erweiterung fort, wie die Direktorin betont: „Wir wollen, dass die Kunst für jeden relevant ist.“ So ist es nur konsequent, dass ausgerechnet die Londoner Schulkinder einen Tag vor der offiziellen Eröffnung als Erste die neuen Räume exklusiv in Besitz nehmen durften. Urbanistischer Bonus: Das Museum öffnet sich mit einem großen Vorplatz auch den Wohnvierteln der South Bank, denen es bisher noch den Rücken zugewandt hatte.
Auch Londons frisch gewählter Bürgermeister Sadiq Khan unterstrich zur Eröffnung eindringlich die Wichtigkeit öffentlicher Kulturstätten für die Identität seiner Stadt. „Ich erinnere mich noch, wie die Menschen 2003 in der Turbinenhalle auf dem Boden saßen und sich voller Faszination Olafur Eliassons Installation Weather Project anschauten“, schwärmte er und fügte unter Applaus hinzu: „Kultur ist kein Nice-to-have. Sie wird ab jetzt eine Herzensangelegenheit meiner Stadtverwaltung sein.“
Was Kultur heute bedeutet, lässt sich an der New Tate Modern jetzt schon ablesen: Mit exklusiven Member Rooms, inklusiven Workshops, mehreren Cafés und gleich fünf Shops ist das Museum kein heiliger Kunsttempel mehr, sondern ein Abbild des Wirtschaftsfaktors Kulturindustrie auf voller Turbinenleistung.
„Wir haben bei der Eröffnung zwei Millionen Besucher pro Jahr erwartet. Inzwischen sind es fünf Millionen“, berichtet Tate-Direktor Nick Serota stolz. Somit zählt man fast doppelt so viele Besucher wie das Museum of Modern Art in New York, nicht zuletzt aufgrund des freien Eintritts und des umfangreichen Schulprogramms.
Schon vier Jahre nach der Eröffnung war klar: Die ursprünglich erst für 2025 geplante Erweiterung musste vorgezogen werden. Die Schweizer Architekten Herzog und de Meuron, denen mit der Tate Modern der Durchbruch in die Pritzkerpreis-Liga gelungen war, kamen auch dieses Mal zum Zuge. Der bereits für die Olympischen Spiele 2012 geplante Eröffnungstermin musste allerdings aufgrund der Finanzkrise verschoben worden. Lediglich die alten unterirdischen Öltanks waren schon einmal kurzzeitig Ort für Ausstellungen. Dank der größten Spendenaktion für ein Kulturprojekt, die es in Großbritannien je gegeben hatte, konnte schließlich der Neubau in Angriff genommen werden. Von den 327 Millionen Euro Gesamtkosten stammen rund 250 Millionen aus privater Hand.
Der Anbau schmiegt sich nun im Süden an das alte Kraftwerk und dockt im Inneren an die Turbinenhalle an. Sah der ursprüngliche Entwurf noch wild aufgetürmte Glasboxen vor, nahmen die Architekten vor Baubeginn eine Kehrtwende vor: Der zehngeschoßige pyramidenartige Turm ist bis auf schmale Fensterbänder komplett mit Ziegelsteinen verkleidet und steht dem Altbau an Wuchtigkeit in nichts nach. „Unser Ziel war es, ein Gebäudeensemble zu schaffen, das wie ein Einzelstück wirkt, nicht als Addition zweier unterschiedlicher Teile“, so Architekt Jacques Herzog.
Heute, Freitag, wird der Neubau eröffnet, und die Tate Modern wird zur New Tate Modern. Das bedeutet nicht nur mehr Quadratmeter, sondern soll auch den aktuellen Stand der Kunstproduktion widerspiegeln: Videoinstallationen, Fotografie und Neuen Medien wird noch mehr Platz eingeräumt, die figurative Malerei wird endgültig Nebensache.
„Die Welt hat sich seit dem Jahr 2000 verändert, und die Kunst ebenso“, so Frances Morris, seit Jänner Direktorin der Tate Modern. „Anfangs haben wir uns auf europäische und nordamerikanische Kunst konzentriert. Heute sehen wir Werke von 300 Künstlern aus über 50 Ländern, von Afrika über Osteuropa bis Asien.“
Mehr Kunst von Frauen
Auch die Künstlerinnen spielen eine stärkere Rolle. War ihr Anteil anfangs noch 17 Prozent, so stammt heute die Hälfte aller ausgestellten Werke von Frauen. Darunter sind etablierte Namen wie Marina Abramović oder Louise Bourgeois, und weniger bekannte wie die 1940 geborene rumänische Künstlerin Ana Lupaş.
Der bewusst unelitäre Zugang zur Kunst, den man bisher verfolgt hat, setzt man auch mit der Erweiterung fort, wie die Direktorin betont: „Wir wollen, dass die Kunst für jeden relevant ist.“ So ist es nur konsequent, dass ausgerechnet die Londoner Schulkinder einen Tag vor der offiziellen Eröffnung als Erste die neuen Räume exklusiv in Besitz nehmen durften. Urbanistischer Bonus: Das Museum öffnet sich mit einem großen Vorplatz auch den Wohnvierteln der South Bank, denen es bisher noch den Rücken zugewandt hatte.
Auch Londons frisch gewählter Bürgermeister Sadiq Khan unterstrich zur Eröffnung eindringlich die Wichtigkeit öffentlicher Kulturstätten für die Identität seiner Stadt. „Ich erinnere mich noch, wie die Menschen 2003 in der Turbinenhalle auf dem Boden saßen und sich voller Faszination Olafur Eliassons Installation Weather Project anschauten“, schwärmte er und fügte unter Applaus hinzu: „Kultur ist kein Nice-to-have. Sie wird ab jetzt eine Herzensangelegenheit meiner Stadtverwaltung sein.“
Was Kultur heute bedeutet, lässt sich an der New Tate Modern jetzt schon ablesen: Mit exklusiven Member Rooms, inklusiven Workshops, mehreren Cafés und gleich fünf Shops ist das Museum kein heiliger Kunsttempel mehr, sondern ein Abbild des Wirtschaftsfaktors Kulturindustrie auf voller Turbinenleistung.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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