Bauwerk

Caritas Wien
PPAG - Wien (A) - 2016
Caritas Wien, Foto: Paul Bauer
Caritas Wien, Foto: Paul Bauer
Caritas Wien, Foto: Paul Bauer
2. Juli 2017 - newroom
Eine neue Betreuungseinrichtung für unbegleitete Kinder und Jugendliche in Wien ist bezugsfertig. PPAG architects haben dafür im Auftrag der Caritas eine ehemalige Tageseinrichtung für Senioren umgebaut.

Individualität
Keine zwei Zimmer der Wohngemeinschaft sind gleich. Schrank, Tisch und Bett – die Grundeinrichtung eines Kinderzimmers – sind so abstrahiert, dass sie zu frei
umcodierbaren, ganz persönlichem Spiel- und Lebensraum werden. Eine Matratze ist ein Bett ist ein Plateau ist eine Schrankdecke ist eine Leseecke ist ein Bettkasten ist eine Spielwiese. Erst die Vorstellungskraft der Bewohner macht aus den Möbeln was auch immer sie sein sollen und diese Art der Improvisation ist in die Einrichtung von vorne herein eingeschrieben. Das schafft eine riesige Vielfalt der Nutzungsmöglichkeiten und soll die Kinder und Jugendlichen dazu anregen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen, um ihren eigenen Lebensraum zu definieren. Die Bewohner sollen sich ihre Zimmer aneignen und sie so benutzen können, wie sie wollen.

Singularität
Auch die Vorhänge machen die Zimmer einzigartig. Sie sind mit 32 verschiedenen, von Stefan Nessmann entworfenen Mustern bedruckt und geben die Farbigkeit der Räume vor. Sie fordern auch den Gestaltungswillen der Kinder heraus: Wenn der
eigene Vorhang nicht gefällt, kann er einfach mit dem eines Nachbarn getauscht werden.

Rückzugsqualität
Damit auch Doppelzimmer Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten bieten, sind Bett und Schrank dort zum Teil in einem großen Möbel in der Raummitte untergebracht und so miteinander verschränkt, dass sich zwei eigene Raumhälften
ergeben. Solche Zweibettzimmer haben bei den Ältesten auch Türen, mit denen der Grad der eigenen Exponiertheit ganz selbst bestimmt werden kann.

Zusammenleben
In den Gängen finden sich die Vorhangmuster wieder, hier kann auf Bänken und in Nischen zusammen und alleine rumgelungert und –gehangen, gelesen, gelernt, gegessen und gespielt werden. Die wichtigsten Gemeinschaftszonen sind aber die
Wohnküchen und -zimmer. Durch einen Raum schlängelt sich da ein orangener Holzwurm und türmt sich zu einem Lese- und Spielthron mit Kletter-, Sitz- und Stauraum auf. Ganz in Vorhänge gehüllt wirkt ein anderes Zimmer wie das Innere
einer weichen Wolke. Vor einem blumenförmigen Podest liegen hier Sitzsäcke und ob das jetzt eher ein Theater, ein Kino, ein Schlafplatz oder eine Spielwiese ist, sollen die Bewohner selbst erproben.
An anonymen Orten hält man sich auf; Wohnen beginnt da, wo das Eigene ist. Die Kinder und Jugendlichen sollen sich diese lebendige Umgebung, ihre Räume und Einrichtung zum eigenen Zuhause machen, auf das sie stolz sind. In der Hoffnung, dass er diesen jungen Menschen eine Starthilfe sein kann, wird hier ohne große Kosten wohnlicher und individueller Möglichkeitsraum geschaffen, damit sie Heimat in einem Land finden können, das bald nicht mehr das Fremde sein soll. (Text: Architekt:innen)

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