Bauwerk

Peterskirche St. Lambrecht
reitmayr architekten - St. Lambrecht (A) - 2017
Peterskirche St. Lambrecht, Foto: Paul Ott
Peterskirche St. Lambrecht, Foto: Paul Ott
Peterskirche St. Lambrecht, Foto: Paul Ott
Peterskirche St. Lambrecht, Foto: Paul Ott
16. Oktober 2019 - HDA
Die Peterskirche wurde ab 1424 als Spitals- und Pfarrkirche erbaut und Ende des 17. Jahrhunderts barock ausgestaltet. Nach der Profanisierung infolge der josephinischen Aufhebung 1786 blieb sie lange zweckentfremdet. Erst 1897/98 wurde sie im Sinne des Historismus unter Verwendung alter gotischer Inventarstücke wiederhergestellt.

Der Umbau der Peterskirche war von den Patres des Stifts schon länger vorgesehen gewesen. Der stimmungsvolle Kirchenraum sollte so ausgestattet werden, dass er als Wochentagskirche nutzbar ist und auch für jene Veranstaltungen Verwendung findet, die besser in einem intimen Rahmen stattfinden als im großen Raum der Stiftskirche. Die Umbaumaßnahmen zielten einerseits darauf ab, die Schönheit des gotischen Raumes in seiner Höhenentwicklung, Farbigkeit und Lichtstimmung wieder zur Geltung zu bringen und andererseits in diesem Raum eine durchaus zeitgemäße Atmosphäre für das Feiern kirchlicher Feste herzustellen.

Über die Jahrhunderte war das Niveau des Kirchenbodens um einen halben Meter gestiegen, was sowohl an der niedrigen Raumhöhe als auch an den verschwundenen Basen der Steindienste sichtbar war. Der teilweise noch vorhandene originale Kirchenboden – ein graubrauner Kalkestrich – konnte freigelegt werden. Darauf wurde ein ungefähr 14 Zentimeter starker neuer Bodenaufbau aus Vakuumdämmung, bewehrtem Heizestrich und einem Verlaufsbelag hergestellt, der in Farbe und Oberflächenstruktur an den ursprünglichen Kalkestrich erinnert.

Durch die Absenkung des Bodens war es auch möglich, den Haupteingang an der Nordseite barrierefrei auszuführen. Der Altarraum wurde in das Kirchenschiff verlegt. Im Zentrum befindet sich jetzt der neue Altar aus rotem Adneter Marmor. Zylinderform und Material sind besonderen Bezügen aus der Geschichte der Peterskirche geschuldet. Neben Altar und Ambo sollten auch eine Empore, ein Portikus mit Stiegenanlage, Kirchentüre und Windfang sowie die gesamte Möblierung und Beleuchtung neu hergestellt werden. Die Formensprache von Portikus und Empore entwickelte sich aus Motiven des Schiffsbaus, die als archetypische Elemente der modernen Architektur im kollektiven Gedächtnis des Bauens verankert sind. Diese Metaphorik war in der Kirchenbaugeschichte im Übrigen schon immer in Beziehung zu Petrus als „Menschen-Fischer“ gesetzt worden.

Auch die Verwendung von Holz, das fast alle neu hinzugefügten architektonischen Elemente definiert, bezieht sich sowohl auf den historischen Bestand als auch auf die Tatsache, dass Holz immer schon ein wesentliches Element der modernen Gestaltung von Kirchen war. Seine anspruchsvolle technische und ästhetische Form der Verarbeitung referenziert auf einen aktuellen Diskurs in der Architektur und steht doch zugleich in einer langen Tradition von Bauelementen im Kirchenbau.

Im neuen Portikus führt eine leichte Stiegenkonstruktion auf die Empore. An dieser Stelle hatte sich auch der historische Aufgang befunden, von dem noch Spuren an der Fassade sichtbar sind. Die gefaltete Schale des Portikus wurde aus Brettsperrholz auf Fertigteilfundamenten hergestellt. Die hinterlüftete Fassade ist außen mit Schindeln aus Lärchenholz verkleidet, wie sie auch auf dem Kirchendach zu finden sind. Die Empore ist ebenfalls eine Holzkonstruktion. Sie wurde auf in Köcherfundamenten eingespannten Rundholzstützen errichtet. Alle sichtbaren Holzoberflächen sind aus astfreier Tanne hergestellt. Das unbehandelte Holz ist der Versuch, im Sinnfeld der Kirche eine Form der Materialwahrheit herzustellen, die aus unserer Alltagswelt weitgehend verschwunden ist. (Text: Architekt)

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Für den Beitrag verantwortlich: HDA

Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüllerbaudatenbank[at]hda-graz.at